Brexit- aktueller Stand

Großbritannien wird vermutlich am 29.03.2019 aus der Europäischen Union ausscheiden. 

Premierministerin Theresa May hat am späten Montagabend noch eine Ergänzung des Brexit-Vertrags mit dem Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, ausgehandelt. May gab an, die Einigung würde den Vorgaben des britischen Unterhauses entsprechen. 

Kernpunkt der Streitigkeiten und Ablehnungsgrund vieler Abgeordneten bei der letzten Abstimmung war die fehlende zeitliche Befristung des sogenannten „Backstop“. 

Backstop: 
Falls Großbritannien und damit auch Nordirland aus der Zollunion aussscheiden würde, kommt der Backstop zum Tragen: Nordirland bleibt in der Zollunion und im Binnenmarkt der EU. Die Klausel sieht ferner vor, dass der EU Staat Irland sowie Nordirland so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU verbleiben sollen, bis eine andere Lösung gefunden wurde.
Der Backstop bindet somit Großbritannien auf unbestimmte Zeit an die EU – was die „Brexiteers“ genau nicht wollen.

Option auf Verlassen des Zollgebiets

Die Zusatzerklärung besteht aus zwei Elementen, die das Austrittsabkommen ergänzen soll:

Großbritannien und die EU verpflichten sich, bis Ende 2020 Ersatzlösungen für den Backstop auszuarbeiten. Der Backstop soll idealerweise nie zum Einsatz kommen.

Großbritannien soll außerdem die Möglichkeit bekommen, die Regelung zur irischen Grenze auszusetzen, wenn die EU ihre Pflichten verletzt.

Dem Vereinigten Königreich wurde nun mit einer rechtsverbindlichen Zusatzerklärung die Option gegeben, das einheitliche Zollgebiet und den Binnenmarkt der EU zu verlassen. Wörtlich: Großbritannien wird nicht gegen seinen Willen zur Zollunion gezwungen. 

Allerdings wird dann die Klausel Backstop zur Anwendung kommen. 

Der Brexit-Unterhändler der EU, Michel Barnier, twitterte bereits am 8. März, der Artikel 178 räume die Möglichkeit ein, „die Verpflichtungen in verhältnismäßiger Weise auszusetzen“, wenn die EU „gegen Treu und Glauben“ verstöße und nicht alles geben würde, um eine Alternative zum Backstop auszuhandeln. Die Entscheidung darüber würde- laut Art. 178 des alten Austrittsabkommens, einem Schiedsgericht übertragen. De facto hieße es: Großbritannien wäre nicht allein in der Lage, den Backstop aufzuheben. 

Der Backstop bleibt der Haken

May und Juncker erklärten gestern gemeinsam, dass sich die EU und Großbritannien bis Ende 2020 verpflichten würden, eine Alternativlösung zum heftig umstrittenen „Backstop“ zu finden, dann würde ebenfalls die Übergangsperiode nach dem Brexit enden, in der Großbritannien weiterhin komplett an das EU-Recht gebunden wäre.

Der Backstop würde demnach faktisch nicht bedeutend sein, da ein ganz neues Handelsabkommen mit der EU geschlossen werden müsste.

Der britische Generalstaatsanwalt hat die neuen zusätzlichen Erklärungen zum Abkommen gesichtet und juristisch bewertet, auf dessen Grundlage die Abgeordneten des Unterhauses heute Abend abstimmen werden. Laut Dailymail erklärte Geoffrey Cox heute gegen Mittag:

„Geoffrey Cox said the legal risk of Britain being trapped ‚remains unchanged‘ and that new concessions only ‚reduce‘ the risk Britain could be trapped in the backstop ‚indefinitely and involuntarily‘.“

Die Timeline

Heute um 20.00 Uhr stimmt das britische Unterhaus über diesen Deal ab. 

Wird er angenommen, gilt der modifizierte Brexitvertrag. Falls der Vertrag heute Abend erneut auch in modifizierter Form abgelehnt werden wird, werden die Abgeordneten am morgigen Mittwoch darüber abstimmen, ob Großbritannien am 29. März mit einem „No Deal“ austreten wird. 

Wird auch der „No Deal“ abgelehnt, würde am Donnerstag über eine Bitte an die EU, das Austrittsdatum zu verschieben, abgestimmt werden, die Anwendung des Artikel 50 des Europäischen Vertrages.

May selbst schlug die Dauer einer solchen Verschiebung um drei Monate vor, er sollte ihre Meinung nach vor der ersten Sitzung des neu gewählten EU-Parlaments Anfang Juli enden. Diese Variante gilt jedoch als sehr umstritten:

Problematisch ist in dem Zusammenhang, das am 26. Mai die Europawahl stattfindet, an der Großbritannien nach aktuellem Stand nicht mehr daran teilnehmen wird. 

Es fraglich, ob das britische Unterhaus zwei weiteren Jahren Zugehörigkeit zum Binnenmarkt und der Zollunion der EU zustimmen wird, ohne Teil des Europaparlaments zu sein.

Eminenter wird heute Abend bei der Abstimmung der Umstand sein, dass die Frage des „Backstops“ für die Brexitbefürworter nicht zufriedenstellend gelöst werden konnte:

Großbritannien wird nicht allein über seine Zukunft und Grenzen entscheiden können. 

update:

Erwartungsgemäß wurde der Brexitvertrag mit Ergänzungen heute Abend mit 242 zu 391 Stimmen abgelehnt. Morgen wird, wie oben im Artikel beschrieben, über einen „No Deal“ abgestimmt werden.

Es sind mittlerweile sogar Neuwahlen für Ende April, Anfang Mai im Gespräch.