Familie Schroffenstein

Familie Schriffenstein-mit Philippe Thelen, Hannah Walther, Julius Janosch Schulte und Katharina Kessler

Am 6. April fand die Premiere zu dem Stück „Familie Schroffenstein“ im Emma Theater statt.

Heinrich von Kleist, der selbst einem aristokratischen Milieu entstammt, schrieb das Stück während einer Reise mit seiner Schwester von Dresden in die Schweiz.

Als Vorlage diente zum Teil wohl die Tragödie Romeo und Julia von William Shakespeare aus dem Jahr 1597. Kleist nutzte gern den guten Stoff aus berühmten Vorlagen.

Daniel Förster ist mit seiner modernen Inszenierung und gewagten Elementen ein unglaubliches Theaterspiel gelungen.

Die Figuren des Stückes werden lediglich durch vier Schauspieler dargestellt. Hannah Walther und Philippe Thelen stellten die Eltern der Familien Schroffenstein aus dem Hause Rossitz und ebenfalls des Hauses Warwands dar. Durch gelungene Kostümwechsel und vor allem der darstellenden Kunst von Hannah Walther und Philippe Thelen, war diese Doppelrolle schnell ersichtlich und der Zuschauer tauchte immer weiter in das Stück hinein.

Die Geschichte spielt im Mittelalter, der Ort der Handlung ist Schwaben. Die Familie Schroffenstein lebt aufgeteilt in zwei Häusern, die nach ihren Stammsitzen in Rossitz und Warwand getrennt sind. Sie sind zerrissen, argwöhnisch – eine Familie, die seit langer Zeit bis aufs Blut verfeindet ist.

Ursache für diese Feinseeligkeite ist ein altüberlieferter Erbvertrag:

Der Erbvertrag bestimmt, das im Falle der Auslöschung eines Stammes der Familie Schroffenstein deren gesamter Besitz an die andere fällt.

Daher herrscht tiefes Misstrauen und Abneigung zwischen den Häusern.

Die Handlung setzt im ersten Akt damit ein, dass die Rossitzer um den Sarg des jüngsten Sohnes Peter stehen, hier von Daniel Förster durch einen Kranz auf einem abgedeckten Auto symbolisiert. Dieses Auto ist ein zentrales Element der Aufführung und dient – geschickt integriert und in Szene gesetzt – nicht nur als Transportmittel und Möbel, sondern auch als fünfter Darsteller mit eigenem Charakter zur Unterstützung des Ensembles.  

Peter, der Sohn des Hauses Rossitz, wurde tot aufgefunden, der kleine Finger an der linken Hand fehlte, neben der Leiche standen zwei Männer der Warwander mit blutigem Messer.

Rupert von Schroffenstein aus dem Hause Rossitz lässt seine Frau und seinen Sohn Ottokar auf das Abendmahl schwören, am gesamten „Mörderhaus Sylvesters“ Rache zu nehmen. Dieser Schwur bindet die Rossitzer, die Warwander Linie auszurotten, denn diese scheinen die Auftraggeber für den Mord gewesen zu sein.

Im Vordergrund: Katharina Kessler, dahinter Hannah Walther und Philippe Thelen

Unbemerkt von ihren Eltern haben sich Ottokar und Agnes ineinander verliebt, der Racheschwur nagt schwer an Ottokar und belastet die Beziehung, sie zweifeln, diskutieren, sind selbst zerrissen, versuchen jedoch die Familien zu versöhnen, ähnlich wie Jeronimo, der Onkel Ottokars.

Ottokar entdeckt später, dass Peter beim Spielen ertrunken ist und der Finger von der Hexe Ursula abgetrennt wurde um einen Zaubertrank zu brauen. Als er seiner Mutter die Wahrheit erzählt erfährt er, dass sein Vater aufgebrochen ist um Agnes zu töten und macht sich auf in die Berge, um sie zu suchen.

Philippe Thelen, Hannah Walther

In einer Höhle in den Bergen findet die Tragödie ihren Höhepunkt. Die beiden Liebenden laufen getrennt voneinander jeweils ihren eigenen Vätern in die Arme – Ottokar, als Agnes verkleidet, wird von seinem Vater Rupert erstochen, Agnes von ihrem Vater Sylvester, der glaubt, dass es sich bei der Person, die sich über den toten Körper seiner vermeintlichen Tochter beugt, um deren Mörder handelt.

„Über allem steht das Rechtsgefühl!“

Ein elementarer Ausspruch, der sich wie ein roter Faden durch das ganze Stück zieht und den Zuschauer nach dem tragischen Ende, bei dem beide Familien verlieren, lange nachdenken läßt. Die Diskrepanz zwischen Recht und dem „Rechtsgefühl“ und den Zwängen dieser Zeit- gibt es das noch immer?

Das Publikum wurde von Agnes, dargestellt von Katharina Kessler und Ottokar, gespielt von Julius Janosch Schulte, in den Bann gezogen und hat sichtlich mitgelitten und gehofft.

Hannah Walther und Philippe Thelen ist es gelungen, die Familienbande, die Ehe, die Rolle von Mann und Frau in dieser mit all ihren Facetten darzustellen. Die väterlichen Autoritäten, die diese Familien in diese Feindschaft hineinzwingen wollen- der Erbvertrag, die Verpflichtung des Adels, all diese Aspekte der Zerrissenheit wurden deutlich.

Philippe Thelen, Julius Janosch Schulte und Hannah Walther

Auch die Mischung aus diesem Argwohn dem anderen Haus gegenüber und der Liebe der Kinder, zum eigenen Fleisch und Blut wurde sehr gut in Szene gesetzt. Hannah Walther glänzte in der Rolle der Gertrude, während Phillipe Thelen als Sylvester von Schroffenstein durch eine ganz eigene Art der Darstellung faszinierte- Thelen verstand es mit der Sprache zu spielen, die Sprachmelodie, die Schärfe oder weichen Töne- es war perfekt.

So wollte der Applaus auch nicht enden! Die Ergriffenheit und der Bann, indem das Publikum gezogen wurde, waren einmalig. Ein Stück am Emma Theater, dass aufgrund der atemberaubenden und modernen Regieführung von Daniel Förster und der Besetzung seinesgleichen sucht.

Weitere Informationen und Karten unter:

Theater Osnabrück

Bildquellen

  • Titelbild Schroffenstein: Uwe Lewandowski
  • Schroffenstein 2: Uwe Lewandowski
  • Familie Schroffenstein2: Uwe Lewandowski
  • Familie Schroffenstein3: Uwe Lewandowski