Fragen zur Videoüberwachung durch Stadtbaurat Otte

Ein „Screenshot aus der Datei der Kameraerhebung“ zu finden im öffentlichen Ratsinformationssystem der Stadt Osnabrück als Anlage zu Vorlage – VO/2019/3675 

Wie die Hasepost berichtete, wurde die von Stadtbaurat Frank Otte vorangetriebene Protected Bike Lane für einen nicht näher spezifizierten Zeitraum durch eine Kamera überwacht.

Abgesehen von den Kosten, stellt sich hier die Frage, ob diese Überwachung auch erlaubt war.

Laut dem Artikel in der Hasepost soll es lediglich unscharfe Bilder gegeben haben, zudem sei eine Speicherung der Daten nicht erfolgt. Stadtbaurat Otte dazu:

Ziel der – im Rahmen der Verkehrsplanung durchaus üblichen Maßnahme – sei gewesen, festzustellen, ob der neue Fahrradweg von anderen Verkehrsteilnehmern missbräuchlich genutzt worden sei. Eine Aufzeichnung der Videodaten, so Otte, würde nicht stattfinden.“

Problematisch ist die Anbringung einer Videokamera in Hinblick auf die Datenschutz Grundverordnung und den dazugehörigen ergänzenden Vorschriften des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG), welche nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Videoüberwachung zulassen.

Eine Videoüberwachung stellt grundsätzlich einen schweren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dar, ihr Einsatz muss gemäß §14 NDSG im Einklang mit der Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe sein, mithin dem Schutz von Personen, Sachen, oder der Wahrnehmung des Hausrechts dienen. Eine weitere Möglichkeit zur begründeten Videoüberwachung ergibt sich aus § 32 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG), hier begrenzt auf die Gefahrenabwehr und Verhütung von Straftaten als Bestandteil des Polizei- und Ordnungsrechts.

Unscharfe Bilder und keine Speicherung

Die Rechtsprechung (Landgericht Bonn (NJW-RR 2005, 1067 und das Landgericht Berlin GE 1991, 405) vertritt die Meinung, dass schon das Erzeugen eines sog. „Überwachungsdruckes“ z.Bsp. durch Kameraatrappen und die bloße Möglichkeit einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen beinhalte und urteilt zur Videoüberwachung mittels Kamera Attrappen oder Dummys wie folgt: Auch wenn bloße Kamera-Attrappen eingesetzt werden, sind Rechte von Personen betroffen. Denn es ist nicht erkennbar, ob tatsächlich Videoaufzeichnungen stattfinden oder nicht. Dies hat u.a. nach Auffassung des Landgerichts Bonn zur Folge, dass auch eine Attrappe bei Betroffenen der Eindruck erweckt, sie müssten ständig mit einer überwachenden Aufzeichnung rechnen.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kann ein empfundener „Überwachungsdruck“ Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der Betroffenen begründen, „selbst wenn keine Aufzeichnung erfolgt oder die Kamera gar nicht erst eingeschaltet ist.“

Hinweisschilder

Damit kein Bürger befürchten muss, beobachtet zu werden, sind mit Einführung der DSGVO auch in Niedersachsen neue Bestimmungen zum Hinweis auf Videoüberwachungen eingeführt worden.

Es müssen weitergehende Informationen zur Videoüberwachung
ausgehängt beziehungsweise veröffentlicht werden, siehe auch § 14 Abs. 2 NDSG.

Das Niedersächsische Datenschutzgesetz lässt keinen Zweifel daran, dass eine Videoüberwachungsmaßnahme zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen ist (vgl. §14 Abs. 2 NDSG) und in Verbindung mit Artikel 13 der DSGVO der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen zu nennen sind.

Im konkreten Fall

Die tatsächliche Überwachung fand mit schlechter Qualität statt und es soll angeblich auch kein tatsächliche Speicherung persönlicher Daten erfolgt sein- die Frage ist, ob die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Personen als gering einzuschätzen sind und nicht Interessen des Schutz der Sachen- hier der Überwachung eines Radweges, der des Prestigeprojektes „Protected Bike Lane“ überwiegen. Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich, geht es doch um einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger, denn eine Videoüberwachung stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar. Ein solcher Eingriff bedarf immer einer legitimierenden Rechtsnorm.

Fraglich ist hier die Verhältismäßigkeit:

Ist es ein so hochwertiges Gut, den neuen Fahrradweg vor mißbräuchlicher Nutzung zu schützen – wie parkende Fahrzeuge auf dem Radweg – dass Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte der Bürger gerechtfertigt sind?

Da es sich laut dem Stadtbaurat Otte hierbei um eine „im Rahmen der Verkehrsplanung durchaus üblichen Maßnahme“ handelte, haben wir das Presseamt der Stadt Osnabrück bereits am 15.03.2019 um eine Stellungnahme gebeten, ob es entsprechende Hinweisschilder in konkreten Fall gegeben hat, inwiefern der Stadtbaurat über entsprechende Ermächtigungsgrundlagen verfügt, kurzum- ob die Maßnahme im Einklag mit der DSGVO etc. stehen würde.

Wir warten bis jetzt auf eine Antwort.  


Bildquellen

  • screenshot Kameraüberwachung: Ratsinformationssystem der Stadt Osnabrück