
Das Bürgerforum Innenstadt welches halbjährlich im Ratssitzungssaal tagt, war am Dienstag, den 26. November sehr gut besucht. Viele interessierte Osnabrücker waren gekommen, weil sie im Rahmen der Veranstaltung der Verwaltung Fragen zum Thema Dominikanerkloster stellen wollten.
Die Bürger Osnabrücks formieren sich
Der Abend im Ratssitzungssaal entwickelte sich jedoch anders als jeder vermutet hätte. Statt Erkenntnisse aus den Reihen der Verwaltung zu erhalten, wurde das Bürgerforum zu einer Veranstaltung, in der sich die Bürger gegenseitig über ihre Erkenntnisse und Sachstände informierten.
Die Bürger Osnabrücks haben zusammengefunden. Das es sich dabei nicht um eine einmalige Situation im Ratssitzungssaal handeln würde, war an dem Abend deutlich zu spüren. Da haben sich Menschen aus verschiedenen Bereichen und Ecken gefunden, die nicht mehr tatenlos zusehen wollen, wie Politik oder besser gesagt Verwaltung an ihnen vorbei gemacht wird. Sie waren an dem Abend bestens informiert, sie haben Vorlagen und Gutachten gelesen, Telefonate geführt, Emails geschrieben, Bücher und Akten gewälzt und viele Gespräche geführt. Das ist bürgerliches Engagement par excellence.
Und wer offen und wach durchs Leben geht, der hat nicht nur gewusst, dass neben der NOZ und dem OS-Radio die Herausgeber der Hasepost und des Oskuriers anwesend waren, sondern derjenige konnte auch spüren, dass es hier eine Veränderung in der Bürgerschaft gibt.
Die große und tief sitzende Unzufriedenheit mit den städtischen Projekten und der Verwaltung war jederzeit deutlich spürbar. Viele Anmerkungen oder Fragen der Bürger wurden mit breitem Applaus honoriert. Die Verwaltung fühlte sich sichtlich unwohl. Dabei trugen die Bürger ihre Fragen, Anliegen und Kritik stets in höflicher Art und Weise vor.
Keine Antworten, trotzdem neue Erkenntnisse
Es wurden viele Fragen gestellt, aber es wurden keine konkreten Antworten geliefert. Einen konkreten Plan gäbe es nicht. Eigentlich würde eine Diskussion gar keinen Sinn machen, denn man wüsste ja noch nicht ob und was dann dort gebaut werden sollte, so Bürgermeisterin Birgit Strangmann.
So folgte dann auf den Hinweis eines Bürgers, das dort ein fünstftöckiges Gebäude errichtet werden sollte, die Antwort der Verwaltung, dass es nur 4 Geschosse seien – ja, plus einem Dachgeschoß, aber das Dachgeschoß würde nicht als ein Ganzes gezählt werden, müsse man wissen, es werden somit laut Vorlage derzeit 4 Vollgeschosse und ein Staffelgeschoss.
Was da genau und welche Größe angedacht sei- dazu gab keine Informationen. Man sei noch in der Ideen und Planungsphase.
Anmerkung: Unten ist die Vorlage VO/2019/4243-01 angefügt, aus der Zahlen hervorgehen. Inwieweit sie noch bei der nächsten Sitzung Gültigkeit haben, wird sich zeigen. Derzeit ist laut Vorlage eine maximal Traufhöhe von 76,00m NHN (Normalhöhennull) geplant. (Nachtrag nach wichtigem Leserhinweis : Wir sind in Osnabrück laut auf ca 63 NHN. Also wird es vermutlich ca. 13m hoch- wir haben für genaue Zahlen eine Anfrage ans Presseamt geschickt)
Es werden nun auch nicht mehr die Verwaltungsmitarbeiter aus der Bierstraße in das neue Gebäude einziehen, die bisher hinter Milchglasfolie in ehemaligen Ladengeschäften untergebracht seien, so dass dort wieder Geschäfte einziehen können. Nein, es wurde ganz klipp und klar gesagt, es handelt sich nicht um diese Verwaltungsmitarbeiter, sondern um jene, die in Wohnungen in der Bierstraße untergebracht seien. Wo sich diese Wohnungen befinden, beantwortete die Verwaltung an dem Abend nicht, stattdessen folgte die Bemerkung:
„Die Bierstraße ist lang!“
Zahlen, die einen Bedarf für den Verwaltungsraum darlegen, wurden an dem Bürgerabend nicht genannt, obwohl sie laut Stadtbaurat Otte schon längst vorliegen sollten. Sie sollten, so versprach er auf einer Ratssitzung, bei der nächsten StuA mündlich vorgetragen werden, denn sie müssten noch „in eine verständliche und lesbare Form gebracht werden.“ Das ist schon lange her, da wurden auch Zahlen genannt, aber unstrukturiert und ohne Informationsgehalt, so, dass die Ratsmitglieder eine detailliertere Aufstellung wünschten.
Warum da gebaut werden sollte und wer der Ideengeber sei, wurde nicht hinreichend geklärt. Lediglich das Bedürfnis der Verwaltung wurde lang und breit seitens Herrn Wolfgang Beckermann ausgeführt, z.B. dass die Verwaltung den Bürgern nahe sein möchte. Sie sähe sich als notwendiges Zentrum in der Stadt wie das Rathaus oder die Uni. Persönliche Gespräche seien wichtig, betonte Wolfang Beckermann und auch kurze Wege. Dem Bürger soll auch nicht zu viel Aufwand zugemutet werden, wenn er von einer Amtsstube zur nächsten gebeten wird.
Kurzum, es wurde ausgiebig erklärt, warum es für die Verwaltung schöner wäre, dort weiteren Platz zu haben.
Anmerkung: In der Vorlage wird eine bauliche Verbindung des Dominkanerklostergebäudes mit dem neuen Gebäude nicht ausgeschlossen, so dass es für alle noch bequemer werden könnte.
Die Erkenntnisse des Abends im Kurzüberblick:
- Es geht heute im Stadt und Entwicklungsausschuss weiter. Es werden angemeldete Fragen der Ratsmitglieder beantwortet. Um welche es sich genau handelt, wollte die Verwaltung nicht sagen. Eine Frage sei, ob bzw. wieviel Baumbestand erhalten bleiben könne.
- Die Bürger sind informiert und gegen das Bauvorhaben. Es steht nicht nur die Klage zur Zulässigkeit des Bürgerbegehrens im Raum, sondern darüber hinaus noch ein weiteres Bürgerbegehren. Zudem machte eine Anwohnerin des Bereiches Dominikanerkloster klar, dass sie mit anderen Anwohnern Gespräche geführt habe und sie sich gegen den Bau wehren wollen- selbst wenn sie klagen müssen: „Das Thema sei noch längst nicht erledigt.“
- Es werden nun nicht mehr Ladenfläche in der Bierstraße frei, sondern Wohnraum in der sich bisher Verwaltungsmitarbeiter aufhalten- Standort unbekannt.
- Das Klimagutachten oder der Denkmalschutz im eigentlichen Sinne- das es hier um den Bau in einem markanten und einzigartigen und historischen Areal handelt, finden seitens der Verwaltung keine Beachtung, denn es wurde darauf nicht eingegangen.
- Modernisierung und Umdenken in der Verwaltung ist kein Thema, wie es in Unternehmen praktiziert wird. Argument gegen die Modernisierung: Es werde „Wert auf persönliche Gespräche“ gelegt.
- Es wird vermutlich sehr viel teuer als gedacht, denn die Kosten für die archäologischen Grabungen in Höhe von ca „300.000 Euro“ stammen aus dem Jahre 2014- das wusste eine Bürgerin zu berichten.
- Die Bäume können an keiner anderen Stelle kompensiert werden, sondern dienen dort dem Klima, das wurde seitens Bürger sehr deutlich gemacht, die Bäume und das Areal sollen erhalten bleiben.
- Die Bürger wollen diese historische Freifläche erhalten und wünschen sich dort einen Park mit Aufenthaltscharakter.
- Die Bürger betonten mehrfach, dass die Innenstadt zu 90% bebaut sei und sie keine weitere Bebauung auf den verbliebenden Grünflächen wünschen.
- Es wurde auf andere Städte verwiesen, den Central Park in New York, die Parks in London oder in anderen großen Städten. Quartiere mit Grünflächen sind erwünscht, die eine niederschwellige Begegnungsstätte zwischen den Menschen in einer Stadt schaffen.
- Für eine lebenswerte Stadt und gesunde Bürger müssen muss- falls der Bedarf nach weiterem dargelegt werden kann – der „Verwaltungsplatz“ an anderer Stelle befriedigt werden. Hier wurden seitens der Bürger viele Alternativen genannt und diskutiert.
Wer war der Ideengeber fragten die Bürger- ein Investor!
„Auslöser war u. a. die Anfrage eines Investors, das Parkplatzgrundstück zu erwerben mit der Zielsetzung, eine Büroimmobilie zu errichten (VO/2015/6420). Seinerzeit wurde beschlossen, auf eine Grundstückveräußerung des Parkplatzes zum Zwecke der Bebauung zu verzichten. Insbesondere, weil das Grundstück die Möglichkeit böte, perspektivisch eine Lösung für den Büroflächenbedarf innerhalb der Stadtverwaltung zu finden, sollte diese Fragestellung zunächst vorrangig beantwortet werden.„
Ein Auszug aus der Vorlage
Vorlage – VO/2019/4243-01
https://ris.osnabrueck.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=1013773
Die Bebauung des Parkplatzes vor dem ehemaligen Dominikanerkloster wurde in der Vergangenheit mehrfach thematisiert. Auslöser war u. a. die Anfrage eines Investors, das Parkplatzgrundstück zu erwerben mit der Zielsetzung, eine Büroimmobilie zu errichten (VO/2015/6420). Seinerzeit wurde beschlossen, auf eine Grundstückveräußerung des Parkplatzes zum Zwecke der Bebauung zu verzichten. Insbesondere, weil das Grundstück die Möglichkeit böte, perspektivisch eine Lösung für den Büroflächenbedarf innerhalb der Stadtverwaltung zu finden, sollte diese Fragestellung zunächst vorrangig beantwortet werden.
Nunmehr besteht die Überlegung, den Parkplatz vor dem ehemaligen Dominikanerkloster mit einem Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäude in direkter Nachbarschaft zum Verwaltungsgebäude Hasemauer 1 zu bebauen. Das Grundstück (Flurstück 58/5) umfasst eine Größe von 2.089 m².Eigentümerin ist die Osnabrücker Parkstätten- Betriebsgesellschaft mbH (OPG).
Voraussetzung für eine Bebauung des Parkplatzes soll ein Konzept sein, das den städtebaulichen und denkmalpflegerischen Rahmenbedingungen der markanten Lage direkt am Hasetorwall (Hasemauer) und den Nutzungsansprüchen als Verwaltungs- und Dienstleistungsgebäude gerecht werden kann. Die Lage des Parkplatzes in direkter Nachbarschaft zum ehemaligen Dominikanerkloster samtDominikanerkirche, die in das Verzeichnis der Baudenkmale in der Stadt Osnabrück als Einzelbaudenkmale aufgenommen wurden, als auch der vorhandene Großbaumbestand bedingen weiterhin eine sorgfältige Auseinandersetzung mit dem städtischen Raum.
Der vorhandene Großbaumbestand ist als wertvoll und erhaltenswert einzuschätzen. Die Auswirkungen einer möglichen Bebauung der Fläche wären auch aus stadtklimatischer Sicht näher zu prüfen. Historisch ist der Planbereich niemals umfangreich baulich genutzt worden, sondern hat überwiegend als (Kloster-)garten und Exerzierplatz gedient. Aus Sicht der archäologischen Denkmalpflege wären im Vorfeld umfangreiche Ausgrabungen (Kosten: mindestens 300.000 €) erforderlich.
Städtebauliche Eckwerte eines zukünftigen Gebäudes:
- Größe Grundstück gesamt: ca. 3.006 m²
- Größe Parkplatzgrundstück OPG: ca. 2.085 m²
- Verwaltungsgebäude mit 4 Vollgeschossen + Staffelgeschoss
- Max. Traufhöhe 76,00 m NHN
- Max. Bruttogeschossfläche: 5.800 m²
- Schaffung eines Freiraumes/Vorplatzes als Achtungsabstand vom Hauptportal Dominikanerkloster zum geplanten Neubau, der den Wirkungsraum des Baudenkmals Dominikanerkloster ausreichend berücksichtigt – eine bauliche Verbindung wird nicht als zweckmäßig erachtet, aber nicht ausgeschlossen
- Bauliche Raumkante direkt an der Straße Hasemauer; Baukörper rückt an die Hasemauer heran
- Erhalt der wesentlichen raumbestimmenden Großbäume vor dem ehemaligen Dominikanerkloster
- Abstand des Gebäudes zur Bebauung Neue Straße
- Tiefgarage
Ausblick und Zeitplanung
Vorgeschlagen wird die Auslobung eines Hochbauwettbewerbs (gesetzte/hinzugeloste Teilnehmer (1/3 zu 2/3) oder Einladungswettbewerb.
Es ist beabsichtigt, den Hochbauwettbewerb im 1. Halbjahr 2020 durchzuführen. Die Federführung bei der Vorbereitung und Durchführung liegt beim Eigenbetrieb Immobilien- und Gebäudemanagement.
Nachtrag: Antwort aus dem Presseamt
Da die Vorlage zurückgezogen worden ist, um noch einmal verwaltungsintern Umstände, Bedingungen, Ziele, Nutzungen etc. zu überprüfen, kann die Frage nach der geplanten Höhe des Gebäudes nach der obigen Vorlage nicht beantwortet werden, so der Pressesprecher Dr. Jürgensen.
Bildquellen
- IMG_8290-1: Bianka Specker