OSK Leserbrief: Kritik an die katholischen Bischöfe aus Thüringen

Wenn wir Artikel in die Welt hinausschicken, in unserem Fall weltweit via Internet, dann erhalten wir sehr oft Reaktionen auf unsere Artikel oder Kommentare. Auch wiederum aus der ganzen weiten Welt.

Die Besonderheit einer Onlinezeitung ist, dass sie nicht regional begrenzt ist. So wurden wir nachdem Erscheinen der Erklärung der Thüringer Bischöfe via Twitter von Ansbert Maciejewski aus Leipzig auf seinen Brief aufmerksam gemacht, den wir hier mit seiner Erlaubnis veröffentlichen möchten.

Ansbert Maciejewski ist in Leipzig geboren und aufgewachsen. Er war 1989 dort JU-Gründungsmitglied und war lange Jahre Kreisvorsitzender. Von 1998-2019 war Maciejewski als ehrenamtlicher Stadtrat für den Leipziger Nordosten tätig und ist nur Mitglied in der CDU, „weil es in Sachsen keine CSU gibt“.

Wir bedanken uns für den Leserbrief, der uns aus der Seele spricht. Denn auch wir reagierten mit Erstaunen über die Vorgänge in Thüringen (unser OSKURIER Kommentar) und dementsprechend waren wir auch sehr über den Zuspruch der katholischen Bischöfe irritiert.

Der Brief Ansbert Maciejewskis im Wortlaut:


Ratlos. Warum begrüßen katholische Bischöfe eine Regierungsbildung unter Führung der Linkspartei?

Auf den Internetseiten der Bistümer Fulda, Erfurt und Dresden-Meissen wurde eine „Gemeinsame Erklärung der katholischen Thüringer Bischöfe zur Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten“ veröffentlicht, die mich veranlasst hat, meinem Bischof folgende Email zu schreiben:

Exzellenz, hochwürdigster Herr Bischof Timmerevers,  

mit Bestürzung habe ich die „Gemeinsame Erklärung der katholischen Thüringer Bischöfe zur Wahl des Thüringer Ministerpräsidenten“ zur Kenntnis genommen.

Es schmerzt mich, dass auch der Name des Bischofs meines Bistums unter den Unterzeichnern zu finden ist. Und ich verstehe es nicht.

Ich bin mit und in der DDR-Diasporakirche aufgewachsen, sie war mir immer eine Heimat. Sie hat mir die Kraft gegeben, mit 14 Jahren zu entscheiden, dass ich als katholischer Christ eben nicht an der Jugendweihe teilnehmen werde – als Einziger in einer ganzen Schulklasse.  
Können Sie Sich vorstellen, wie schwer so etwas ist?

Können Sie sich vorstellen, wie frustrierend es ist, wenn man als Teenager trotz Notendurchschnitt von 1,1 erklärt bekommt, dass es nun ohne Jugendweihe kompliziert wäre mit dem Besuch der erweiterten Oberschule und dem Abitur? Und dass es mit den gewünschten Studiengängen angesichts der Verwandtschaft im Westen und der fehlenden Parteimitgliedschaft der Eltern ohnehin nichts werden würde? Aber dass vielleicht eine mehrjährige Verpflichtung zur Nationalen Volksarmee eventuell noch eine Studienperspektive eröffnen könnte?

Können Sie Sich vorstellen, wie es ist, wenn man zu solchen Gesprächen gezwungen wird mit 15 oder 16 Jahren – nach Unterrichtsschluss mit der Schulleiterin und einem Politoffizier der NVA, ohne dass die eigenen Eltern davon wussten? 
Können Sie Sich vorstellen, wie schwer allein schon der Weg zu der Entscheidung war, den Dienst mit der Waffe zu verweigern? Diese Entscheidungen wurden mit 17, 18 Jahren getroffen. Und sie wurden sehr oft getroffen, obwohl jeder in unseren katholischen Gemeinden Bausoldaten kannte und deshalb genau wusste, wie es dort zuging.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, ich will überhaupt nicht jammern. Im Gegenteil, ich bin sehr dankbar, dass das alles vorbei ist. Aber es gibt genug Menschen aus unseren Gemeinden, denen noch ganz andere Dinge widerfahren sind vor 1989. Menschen, die es nicht mehr ausgehalten haben in diesem Land und einen Ausreiseantrag stellten, Menschen die observiert oder interniert wurden.

Auch all diese Menschen müssen nun lesen, dass katholische Bischöfe die Bildung einer Regierung begrüßen, die genau von der Partei angeführt wird, die für all die Diskriminierung und Benachteiligung von Christen in der DDR verantwortlich ist, eine Partei, die bis heute Stasi-Spitzel in herausragenden Funktionen tätig werden lässt.  

Ich verstehe überhaupt nicht, warum eine solche Regierungsbildung durch eine gemeinsame Erklärung von drei Bischöfen begrüßt werden muss. Und ich hätte mir gewünscht, dass sie nicht abgegeben worden wäre. 

Es war mir wichtig, Ihnen das mitzuteilen. Die Überschrift der Erklärung lautet „Vertrauen wiedergewinnen“. Ich arbeite daran, dass mir das gelingt. 

Mit herzlichen Grüßen aus Leipzig  

Ansbert Maciejewski 

05/03/2020″


Quelle: http://leipzig-nordost.de/ratlos-warum-begruessen-katholische-bischoefe-eine-regierungsbildung-unter-fuehrung-der-linkspartei

Bildquellen

  • oskbrief: OSK
  • oskbriefA: OSK