Start in der Corona-Krise im Zoo Osnabrück

Der tiergartenbiologische Bereich des Zoo Osnabrück wird seit dem 1. April vom wissenschaftlichen Leitungsteam gesteuert: Thorsten Vaupel als technischer Leiter, Tobias Klumpe und Andreas Wulftange als zoologische Leiter und Thomas Scheibe als Leiter der Tiermedizin. Andreas Busemann hat als Zoogeschäftsführer die Gesamtleitung des Zoos. (v.l.n.r.)

Neues wissenschaftliches Leitungsteam bewährt sich

Gleich zu Beginn eine riesige Herausforderung: Als am 1. April das neue wissenschaftliche Leitungsteam im Zoo Osnabrück offiziell seine Funktion übernahm, befanden sich die vier Teammitglieder direkt im Ausnahmezustand. Der Zoo ist geschlossen, es herrscht Corona-Infektionsrisiko für Mitarbeiter und Tiere. Weiterhin ist der Zoo deswegen auf Spenden angewiesen.

„Ich bin wirklich froh, dass das Team in der jetzigen Form schon seit über zwei Jahren zusammenarbeitet, so kannten sie alle Gegebenheiten. Da die Kollegen für die meisten Bereiche bereits vorab verantwortlich waren, konnten sie ihre sehr gute Arbeit einfach weiterführen“, freut sich Andreas Busemann, der als Geschäftsführer die Gesamtleitung im Zoo innehat und insbesondere für Finanzen sowie Gesamtstrategie verantwortlich ist.

Zoodirektor Prof. Michael Böer, als Prokurist zuständig für den tiergartenbiologischen Bereich, war zum 1. April in den wohlverdienten Ruhestand gegangen. Bei einer Abstimmung der Zoogesellschaft Osnabrück e.V., dem Mehrheitsanteilseigner der Zoo Osnabrück gGmbH, hatten die Vereinsmitglieder im Dezember 2019 einstimmig beschlossen, anstelle eines neuen Zoodirektors, das bestehende wissenschaftliche Team zum Leitungsteam im Bereich der zoologischen Aspekte zu machen.

„Diese Strategie hat sich gerade in der Krise doppelt bewährt. Für den besonderen Einsatz und den sehr guten Umgang mit der schwierigen Situation möchte auch ich mich ganz herzlich bei den Kollegen bedanken“, so Zoopräsident Dr. E.h. Fritz Brickwedde. „Die finanzielle Lage im Zoo ist durch die coronabedingte Schließung derart angespannt, dass ein kompletter Führungswechsel im wissenschaftlichen Bereich für noch mehr Unruhe gesorgt hätte.“

Fließender Übergang in der Krise 

Zum wissenschaftlichen Leitungsteam gehören die zoologischen Leiter und Biologen Tobias Klumpe und Andreas Wulftange, zuständig für alle tierischen Belange sowie Artenschutz und Forschung, der technische Leiter Thorsten Vaupel, verantwortlich für die Bereiche Handwerk, Garten oder Sicherheit sowie der Leiter der Tiermedizin Tierarzt Thomas Scheibe, dessen Arbeitsbereich Prophylaxemaßnahmen, Labordiagnostik oder auch Operationen beinhaltet.

„Wir hatten uns natürlich vorher abgestimmt, wie wir den Wechsel gestalten möchten. Allerdings ändert sich nicht allzu viel für uns, da die meisten Aufgaben gleichbleiben und es eher eine formelle Veränderung ist“, so Biologe Andreas Wulftange. „Mit der Corona-Krise kam alles nun eh erstmal anders und andere Themen hatten Vorrang. Wir mussten überlegen, wie wir die Arbeit so gestalten, dass die Mitarbeiter zwar geschützt, aber die Tiere ebenfalls gut versorgt sind.“

Dabei mussten die Verantwortlichen auf genügend Distanz bei der Arbeit im Zoo achten – sowohl zwischen Mensch und Mensch als auch zwischen Mensch und Tier.

„Bei den Primaten, Raubtieren und Fledermäusen ist dies besonders wichtig, da hier das Virus schnell überspringen kann. Wo Distanz nicht möglich ist, müssen die Tierpfleger zurzeit Schutzkleidung tragen, wenn sie die entsprechenden Tiere versorgen oder die Gehege reinigen“, erklärt Wulftange. Da alle Teammitglieder langjährige Zoomitarbeiter sind, begleiten sie die Krise bereits seit der Zooschließung am 16. März 2020. „Wir kennen den Zoo und seine Mitarbeiter sehr gut, da wir alle seit vielen Jahren hier arbeiten. Professor Böer hatte in den letzten zwei Jahren vor allem eine beratende Funktion. Einzig die Bereiche Artenschutz und Forschung werden wir nun noch intensiver betreuen. Hier waren wir bislang bereits an der Umsetzung verschiedener Projekte beteiligt“, erläutert Biologe Tobias Klumpe.

Langjährige Zoomitarbeiter

Als er 2008 als Zoopädagoge im Zoo Osnabrück während seines Biologiestudiums begann, hätte Tobias Klumpe nie gedacht, welche Möglichkeiten sich am Schölerberg ergeben könnten. Die neuen Herausforderungen hat er immer gerne angenommen: „Es ist natürlich von Vorteil, dass wir verschiedene Arbeitsbereiche wie die Zoopädagogik und auch die Tierpflege aus eigener Erfahrung gut kennen. Zudem sind wir nach und nach in die Rollen hineingewachsen. Doch Führungsperson zu sein birgt auch Herausforderungen, wenn man aus der Mannschaft kommt – aber bislang hat das gut geklappt.“

Ihm ist es besonders wichtig, die Mitarbeiter mitzunehmen, aber auch keine falschen Versprechungen zu machen: „Wir sitzen regelmäßig mit den Kollegen der verschiedenen Tierbereiche zusammen, um aktuelle Themen zu besprechen. Dabei ist mir ein vertrauensvoller und transparenter Umgang wichtig. Sollte ich eine meiner Entscheidungen im weiteren Verlauf anpassen müssen, dann stehe ich dazu und finde es wichtig, das offen zu besprechen. So entsteht Vertrauen“, ist der Biologe überzeugt. 

Neue Herausforderung mit mehr Verantwortung

Der technische Leiter Thorsten Vaupel übernahm die Position von Vorgänger Zooinspektor Hans-Jürgen Schröder bereits Anfang Dezember 2019, als dieser in den wohlverdienten Ruhestand ging. Vaupel arbeitet bereits seit 1997 im Zoo Osnabrück, als er eine Ausbildung als Tierpfleger begann: „Auch wenn ich den Zoo seit so langer Zeit begleite und seit 2012 in die Aufgabe des technischen Leiters an der Seite von Hans-Jürgen Schröder hineinwachsen konnte, bin ich mir jetzt natürlich der höheren Verantwortung bewusst.

Schließlich bin ich für Baustellen oder auch die Sicherheit im Zoo verantwortlich und auch die Bereiche Budget und Personal können herausfordernd sein. Aber ich bin sehr froh über die neue Chance und über das Vertrauen, das uns geschenkt wird.“

Spendenaktionen für den Zoo Osnabrück

Während das neue Team in den vergangenen Wochen die Corona-Herausforderungen mit den Tierpflegern, Handwerkern und den Tieren meisterte, starteten die Mitarbeiter in der Verwaltung eine große Spendenkampagne unter Federführung des Geschäftsführers.

„Wir haben seit der Schließung am 16. März keine Einnahmen mehr. Die Eintrittsentgelte machen aber 75 Prozent unseres Budgets aus. Obwohl viele Mitarbeiter in Kurzarbeit sind, belaufen sich die Kosten alleine für die Versorgung der Tiere auf 290.000 Euro monatlich, insgesamt fallen 500.000 Euro ohne Investitionen jeden Monat an“, berichtet Busemann.

Dank der großen Spendenbereitschaft der Zoofreunde konnte der Zoo die ersten Wochen gut überbrücken. Fraglich ist jedoch, wie lange der Zoo noch geschlossen bleiben muss und – sollte er demnächst wieder öffnen – ob dann überhaupt Besucher kommen. „Die Menschen sind ja verunsichert, auch wenn wir entsprechende Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln integrieren werden. Von daher wird dies ein schwieriges Jahr für den Zoo und wir sind weiterhin auf Spenden und Unterstützung angewiesen“, betont Zoopräsident Brickwedde.

Ob Retter-Jahreskarte, Online-Spende, Retter-T-Shirt oder Tierpatenschaften – alle Möglichkeiten, um den Zoo Osnabrück zu unterstützen sind auf der Homepage des Zoos unter www.zoo-osnabrueck.de zu finden. Die Stadt Osnabrück wird jede Spende bis zum Jahresende und bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Million Euro verdoppeln.

Und nach Corona?

Für die Zeit nach Corona stehen die Themen für den zoologischen Leiter Tobias Klumpe bereits fest: „Ich möchte mich weiter um die Nachzucht bei den bedrohten Tierarten, den Orang-Utans, den Sumatra-Tigern und den Breitmaulnashörnern kümmern.

Wir haben in der Vergangenheit hier schon viel versucht, aber noch keinen Nachwuchs bekommen. Ich möchte nochmal ergründen, warum es nicht geklappt hat und was wir noch anpassen können.“ Andreas Wulftange freute sich bereits im letzten Jahr über Nachwuchs bei Tierarten, die viele Jahre keine Jungtiere großgezogen haben, wie bei den Humboldtpinguinen.

„Die Freude war bei uns wirklich groß, denn wir haben dafür viel überlegt und am Gehege angepasst. Gleich fünf Küken schlüpften im Frühjahr 2019. An derartige Zuchterfolge gerade bei bedrohten Tierarten möchte ich natürlich anknüpfen. Artenschutz, Forschung und Bildung sind mir ebenfalls sehr wichtig, genauso wie die artgerechte Tierhaltung und das medizinische Training.“ Tierarzt Thomas Schreibe freut sich im Rahmen der Neuorganisation über zusätzliche Unterstützung: „Wir konnten einen zweiten Tierarzt einstellen, der bereits fünf Jahre Zoo-Erfahrung vorweisen kann. Das war dringend notwendig, da Michael Böer ebenfalls Tierarzt war und bei der Versorgung der Tiere unterstützt hat. Mit dem neuen Kollegen können wir neben den Präventionsmaßnahmen, aus denen unsere Arbeit hauptsächlich besteht, den Bereich der Diagnostik und Operationen direkt im Zoo ausweiten.“

Hintergrund: Personalia wissenschaftliches Leitungsteam 

Die zoologischen Leiter Tobias Klumpe und Andreas Wulftange waren seit 2008 als Zoopädagogen während ihres Biologiestudiums im Zoo Osnabrück tätig. 2010 absolvierten sie zusätzlich eine Tierpflegerausbildung und arbeiteten seit 2012 als wissenschaftliche Assistenten im Team von Michael Böer. 2018 übernahmen sie als Kuratoren ganze Bereiche.

Thomas Scheibe, Leiter Tiermedizin, begann 2008 als Tierarzt im Zoo Osnabrück, vorher war er in mehreren Praxen für Kleintiere, Rinder und Pferde tätig. 2013 absolvierte er erfolgreich die Weiterbildung zum Fachtierarzt für Wildtiere und leitet seit 2018 die Veterinärstation im Zoo Osnabrück.

Thorsten Vaupel startete 1997 seine Ausbildung als Tierpfleger im Zoo Osnabrück. Seitdem hat er sich über die Revierleitung vom Raubtierbereich über die nordische Tierwelt „Kajanaland“ bis zum stellvertretenden Zooinspektor und nun technischer Leiter hochgearbeitet.

Über den Zoo Osnabrück

Der Zoo Osnabrück wurde 1935 als Arbeitsgemeinschaft Heimattiergarten von Osnabrücker Bürgern gegründet und bereits 1936 als Heimattiergarten eröffnet. Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Heimattiergarten größtenteils zerstört, doch anschließend verfolgten die Osnabrücker weiterhin ihr Ziel, für die Stadt einen Zoo zu schaffen. Im Laufe der Jahrzehnte entwickelte sich der Heimattiergarten zum Tiergarten und schließlich zum zoologischen Garten. Heute beherbergt der Zoo auf 23,5 Hektar 2.238 Tiere aus 292 Arten.

Neueste Erlebniswelten sind der Unterirdische Zoo (2009), die afrikanische Erlebniswelt „Takamanda“ (2010), die nordische Tierwelt „Kajanaland“ (2011) und der Affentempel „Angkor Wat“ (2012). 2014 wurde der Tigertempelgarten im Bereich „Angkor Wat“ eröffnet. Als dritter Bestandteil wurde im Herbst 2017 der „Orang-Utan Dschungeltempel“ in diesem Bereich fertig gestellt. Im Oktober 2018 neu hinzugekommen ist die nordamerikanische Tierwelt „Manitoba“ mit u.a. Hudson Bay-Wölfen, Schwarzbären, Waldbisons, Stinktieren und Kanadischen Bibern. 2019 besuchten den Zoo Osnabrück 1.050.000 Besucher.

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