
Bericht und Kommentar der Herausgeberin
Das Stadtmarketing Team der Marketing Osnabrück GmbH präsentierte heute die Besucherzahlen des Westfalentages.
„Wir sind sehr zufrieden mit den Frequenzen des Westfalentages. Auch wenn sie mit einem durchschnittlichen Minus von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr rückläufig sind, so können wir den Tag mit einem guten Samstag vergleichen“, resümierte Katrin Holtgräwe von der Marketing Osnabrück bei dem heutigen Pressetermin am Nicolaiort, wo einer der 4 Werbebanner pünktlich zum Westfalentag aufgestellt worden war.

„Betrachten wir jedoch insgesamt die Monate März bis Mai 2020 mit dem Vorjahr 2019, so ist der Shutdown, die Schließung des Handels und der Gastronomie und die fehlende Maiwoche mit einem durchschnittlichen Rückgang von insgesamt rund 50% deutlich spürbar“, so Holtgräwe.
Laut der ausgeteilten Pressemitteilung des Stadtmarketing-Team der „Marketing Osnabrück GmbH“ sollen sich die Einzelhändler trotz der doch deutlichen Frequenzrückgänge zufrieden gezeigt haben.

„Osna kannste fühlen“ lautet das Motto
Der Westfalentag war auch der Startschuss der Marketing Osnabrück GmbH für die Imagekampagne für den Einkaufsstandort Osnabrück.
„Unter dem Motto ‚Osnabrück. Fühl’s wieder.‘ wollen wir die Stärken der Innenstadt hervorheben und die Menschen in und um Osnabrück zu einem Besuch einladen“, berichtet Prokurist Illenseer.
Was genau für Gefühle bei dem Besucher der Stadt Osnabrück entstehen sollten, konnte das Marketing Team der Stadt nicht auf den Punkt bringen. „Was macht ihrer Meinung nach das besondere Shoppinggefühl in Osnabrück aus?“, frage ich. Das es hier kleine Shoppingquartiere neben vielen Inhabergeführten Länden geben würde, war die Antwort.
„Die Frage lautete `Was macht Osnabrück so besonders´?“, hakte ich noch mal nach. Es werde in naher Zukunft besondere Elemente der Stadt Osnabrück geben, mit denen geworben werden würde. „Lassen Sie sich überraschen!“, war schlußendlich die Antwort des Teams.
Hervorgehoben wurde auch, dass es beim Onlineshopping nicht möglich sei, die Gastronomie zu nutzen.

www.osnakannstefuehlen.de
Der doch recht kurze, simple und prägnante Domainname soll die Besucher der Stadt auf das Shoppingerlebnis vorbereiten. Dort gibt es Hinweise auf die 5000 Parkplätze in der Stadt und auch die öffentlichen Toiletten am Domvorhof finden Erwähnung.
Der Seite und das Motto ist eine Idee der Stadtmarketing Team der Marketing Osnabrück GmbH, man werde nun auf die Partner zugehen und es vermarkten.
Anmerkung: Der Oskurier ist kein Werbepartner der Marketing Osnabrück GmbH und das ist von mir als Herausgeberin auch so gewollt, damit wir weiter unabhängig berichten können.
„In dieser schweren Zeit ist es für uns besonders wichtig den regionalen Handel zu unterstützen. Deshalb möchten wir auch die Osnabrücker aufrufen, vor Ort zu kaufen, getreu dem Motto Heimat shoppen“, so Illenseer.
Das Motto ist verständlich und auch ganz in unserem Sinne, denn wir wollen eine schöne Stadt mit Ambiente und Flair. Eine saubere Stadt. Dass es möglich ist und wir uns die Mühe sparen können, zu erklären, was besser gemacht werden kann, zeigte das große Engagement, mit dem die Stadt für den Westfalentag herausgeputzt worden ist. Die Graffitis auf den Kunstelementen wurden entfernt, das Stadtbild war nicht schmuddelig, sondern wirklich schön.

Die Blumeninseln gepflegt und gemäht und viele Elemente gereinigt. Es wäre sicherlich im Sinne der Händler und der Osnabrücker, wenn dies immer so der Fall wäre. Besucher der Stadt könnten so auch abseits des Westfalentages einen schönen Eindruck unserer Stadt bekommen. Dann wäre das Marketing auch leichter – Osnabrück lieben.

„Osnabrück fühlen“ klingt doch ein wenig halbherzig.
Was ist die Zielgruppe?
Abgesehen davon, dass ich mich noch überraschen lassen muss, was das besondere „Gefühl“ des Osnabrücker Shoppings werden soll, stellt sich mir die Frage, welche Zielgruppen nun angesprochen werden soll.
Die Osnabrücker werden Zielgruppe des Motto „Heimat shoppen“ sein, aber wer soll sich durch den Slogan „osna kannste fuehlen“ angesprochen fühlen? „Zum mit Abstand besten Shoppingerlebnis„?
Die vierköpfige Vorzeigefamilie aus grauer Vorzeit aus der ersten Pressemitteilung des Marketing Osnabrück GmbH wird sich solch einer legeren Sprache wohl kaum bedienen.
Hier ganz klar die Vielfalt, die Osnabrück doch bereits ausmacht – es geht an der Wirklichkeit völlig vorbei.
Mir fehlte in der Kampagne der Pepp und vor allem der Ehrgeiz oder gar große Ideen in der Stadt dauerhaft ein Shoppingerlebnis zu etablieren.
Vielleicht sollte vor dem Start einer solchen Kampagne das Gespräch mit der Wirtschaft geführt werden, damit gemeinsam an einem Strang gezogen werden kann. Der Marketinggesellschaft kann der Erfolg letztlich egal sein, ihr Gehalt wird nicht daran bemessen, aber die Wirtschaft und die Ladenbesitzer sind von einem gelungen Marketing abhängig.
Der Handel und die Wirtschaft in Osnabrück haben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen, auch abgesehen von der Coronakrise ist sie auch ein Opfer des ideologischen Kampfes gegen das Auto, welcher in dieser Stadt vehement geführt wird.
Parkplätze sind teuer und rar und es gibt viel zu wenige komfortable Plätze für alle Menschen. Abgesehen davon ist dank der vielen Bügel für Räder und Park- und Halteverbote der Einkauf weit zu tragen. Wer macht das schon?
So schlug bereits 2017 der gebürtige Osnabrücker Wirtschaftsexperte Gerrit Heinemann vor, das Neumarktcenter zum größten Parkhaus der Welt zu bauen. Heinemann referierte bereits 2017 auf Einladung der Osnabrücker CDU bei einer öffentlichen Fraktionssitzung und Informationsveranstaltung zum Thema „Zukunft des Handels & Entwicklung der Innenstädte“.
„Gut erreichbare Parkmöglichkeiten, deren Parkgebühren sich in einem Rahmen bewegen, der nicht über den typischen Versandkosten liegt, seien essentiell im Wettbewerb mit dem Onlinehandel“, so Heinemann bereits 2017.
Selbstverständlichkeiten, wie saubere und frei zugängliche Toiletten und Wickelmöglichkeiten in den Geschäften, eine saubere Innenstadt, Sitzgelegenheiten und die Möglichkeit kostengünstig zu essen – wie in einer Shoppingmall – sind nach Ansicht des Handelsexperten ebenfalls essentiell.
Hier hat Osnabrück auch noch im Jahre 2020 vieles besser zu machen oder sich damit abzugeben, dass die Innenstadt weiter um ihren Charme und um ihr Überleben kämpft.
Es ist nicht nur der Onlinehandel, der den Händlern das Leben schwer macht, sondern auch die Konkurrenz im Umland. Viele fahren bereits nach Bremen oder ins niederländische Roermond ins Outletcenter, um das Shoppingerlebnis zu erleben. Ambiente und Flair gibt es in Roermond, daneben: Kostenfreies WLAN, Parken für nur 3 Euro am Tag, einen überdachten Spielplatz für Kinder, Rollstühle sind ausleihbar, für Hunde gibt es Wasserstellen- und bei schlechtem Wetter gibt es Leih-Schirme – kurzum: es ist ein Rundumpaket.
Ach ja, Gastronomie gibt es dort auch. Geworben wird nicht nur mit dem Fornleichnamtag, sondern mit dem gesamtes Wochenende. Das Resultat? Es ist so gut besucht, dass sie die Besucher auf der Webseite bitten, auf den frühen Morgen oder die Abendstunden auszuweichen.
Das Potential hätte Osnabrück aufgrund der sehr guten Verkehrsanbindung und der sehr guten Läden, dessen Inhaber sehr engagiert sind. Aber dazu gehört auch das Teamwork von Stadtmarketing und Stadtpolitik um gemeinsam dem Handel den Rücken zu stärken, anstatt Mobilitätsideologien durchzusetzen.
Ich habe mich entschieden, diesen kritischen Artikel erst nach dem Westfalentag zu veröffentlichen, um dem Handel die Arbeit nicht schwerer zu machen, als sie ohnehin schon ist.
Es nun nötig, diese Defizite anzusprechen, damit es besser werden kann.
Bildquellen
- Shoppingerlebnis: Andi Graf