„Der Vorsitzende der Grünen im Stadtrat, MdL Volker Bajus, macht sich offenbar Vorhaltungen des von der Stadt beauftragten Neumarkt-Planers zu eigen, obwohl seine Fraktion seit langem in die Vorgänge einbezogen ist. Da scheint politisches Kalkül im Spiel. Denn Fragen und Beschlüsse zum Neumarkt-Projekt wurden in der Vergangenheit im Rat zwar oft politisch kontrovers und manchmal polemisch diskutiert, aber nicht zuletzt auf Initiative der Grünen hat vor drei Jahren der Verwaltungsausschuss einstimmig beschlossen, beim Neumarkt über das übliche Maß hinaus Verantwortung auch für das operative Handeln zu übernehmen.
Deshalb erläutern Dr. Claas Beckord als städtischer Projektleiter und ich als Oberbürgermeister seit 2017 alle zwei Wochen im Verwaltungsausschuss die Sachstände, Handlungsoptionen und Entscheidungen zum Einkaufszentrum, zum Gebäude vor H&M, zum ehemaligen ‚Sport-Arena‘-Haus, zu Nachbarklagen und zu Verkehrsregelungen. Und ebenso zu Kanalarbeiten und zur Umgestaltung der Verkehrsflächen auf dem Neumarkt und der Johannisstraße.
Für die Gestaltung eben dieser Platz- und Straßenflächen hatte das Baudezernat 2013 einen Wettbewerb durchgeführt, bei dem die Jury empfahl, den Entwurf von Lützow7 aus Berlin umzusetzen. Die Bauverwaltung hat dann 2014 die Arbeitsgemeinschaft Lützow7/BPR mit der Planung beauftragt. Als die Ausführungspläne und Unterlagen für die europaweite Ausschreibung vorlagen, wurden die Ratsgremien im Zusammenhang mit Schäden am Rosenplatz über Zweifel der Tiefbauverwaltung an der Tauglichkeit des vorgeschlagenen technischen Aufbaus und der Umsetzbarkeit der Gestaltungsidee informiert. Die Vergabe der Bauleistungen wurde deshalb Mitte 2019 gestoppt. Der Verwaltungsausschuss wurde seitdem über die Gespräche mit der ARGE Lützow7/BPR zur Einforderung einer tauglichen Lösung sowie über die Einschaltung eines Gutachters und dessen Beurteilung der umfangreichen Planungsmängel informiert. Der Leiter der Tiefbauverwaltung und seine Mitarbeiter standen dabei dem Ausschuss für Rückfragen zur Verfügung. Das galt ebenso Anfang Juli beim einstimmigen Beschluss zum Auftragsverhältnis mit der ARGE, die die Verantwortung für die Tauglichkeit auch ihrer alternativen Planungsskizzen bis heute bei der Stadt sieht und keinen der qualifiziert vorgetragenen Mängel anerkennt.
Auch wenn der Tiefbaubereich seit 2019 zum Bereich von Finanzvorstand Thomas Fillep und nicht mehr zum Bereich von Stadtbaurat Frank Otte gehört, sollten die Grünen an der Qualifikation und Sorgfalt der städtischen Ingenieure nicht zweifeln. Trotz der erschwerenden Corona-Umstände haben die dort Verantwortlichen nach den zuletzt immer einstimmig gefassten Beschlüssen die Rückendeckung aller Fraktionen verdient. Ich stelle mich ausdrücklich vor die Verwaltung und fordere die Grünen auf, es mir gleich zu tun. Dass sie das vor zwei Wochen ohne Gegenstimmen beschlossene Vorgehen nun aufkündigen wollen, ohne die eingeforderte Klärung abzuwarten, ist unglaubwürdig und widersprüchlich. Es wäre aber nicht das erste Mal. So wurde mit den Stimmen der Grünen der Durchführungsvertrag zum EKZ zulasten des bestehenden innerstädtischen Handels aufgeweicht. So wurde trotz fehlender Voraussetzungen die Sperrung des Neumarktes beschlossen, was dann gerichtlich untersagt wurde. Auch haben die Grünen einer Unterbauung der täglich von hunderten Bussen überfahrenen Neumarktfläche zugestimmt, um dem privaten Hotelprojekt vor H&M mehr Flächen zu verschaffen. Die Verwaltung hatte in allen Fällen mit guten Gründen abgeraten.
Der Neumarkt birgt für Rat und Verwaltung nicht nur perspektivisch noch viele Herausforderungen und Unwägbarkeiten. Die größten hiervon betreffen aktuell die Platzgestaltung und die Entwicklung der Grundstücke von Unibail-Rodamco und Dr. Bergmann. Mit welchen externen Partnern Rat und Verwaltung dabei zusammenarbeiten wollen oder müssen, sollte in einem vertrauensvollen Klima erörtert werden. Die Diskussionen zum Tiefbau können vielleicht das Sommerloch füllen, sie bringen die Neugestaltung des Neumarktes und der Johannisstraße aber keinen Schritt voran!“