LK Osnabrück: Eklat im Ausschuss für Gesundheit

Die Polizei begleitete die angemeldete Versammlung der Bürgerbewegung Osnabrück.

Am Montag, den 9.11.2020 sollte von 15 bis 17 Uhr der Gesundheitsausschuss des Landkreises Osnabrück tagen. Vor dem Kreistag hatte sich im Vorfeld der Sitzung eine Gruppe der „Bürgerbewegung Osnabrück“ zu einer ordentlich angemeldeten Versammlung getroffen. In Anwesenheit der Polizei machten sie mit Hilfe von Plakaten auf ihr Anliegen aufmerksam.

Wie die Teilnehmer erklärten, gehörten sie zur Bürgerbewegung Osnabrück, die sich schon seit geraumer Zeit kritisch mit den Corona Maßnahmen auseinandersetzt, wir berichteten unter anderem hier.

Der Gesundheitsausschuss

Während die Versammlung draussen stattfand, wurde bekannt, dass 11 Teilnehmer an der Sitzung des Gesundheitsausschusses des Kreistages teilnehmen durften. Die teilnehmenden Bürger sahen ihre Chance, ihre Fragen im Gesundheitsausschuss stellen zu können, um Antworten von den zuständigen und verantwortlichen Entscheidern zu erhalten.

Im Wartebereich vor dem Sitzungssaal kam es zu einem ersten Eklat, da drei Teilnehmer keine Maske trugen, wie es im Gebäude vorgeschrieben war. Der zuständige Hausmeister rief die vor Ort befindlichen Beamten zur Klärung der Situation zur Hilfe. Nach einer kurzen Debatte und der Prüfung der Atteste durch die Polizei entspannte sich die Situation wieder.

Aber nur für einen kleinen Augenblick, denn im Sitzungssaal 2091 angekommen, kam es zu einem weiteren Eklat.

Im großen Sitzungssaal waren die Teilnehmer des Ausschusses für Gesundheit über das rege Interesse der Bürger offensichtlich überrascht. Dr. Michael Cromme (CDU) beschwerte sich lautstark über die Teilnahme dreier Personen im Zuschauerraum ohne MNS. „Wir weigern uns, die Sitzung unter diesen Umständen abzuhalten“, äußerte sich Cromme, unterstützt von Dr. Hermann Meyer, gegenüber dem Vorsitzenden der Sitzung.

Die nochmals zur Hilfe gerufenen Beamten konnten zwar das Vorliegen der erforderlichen ärztlichen Atteste bestätigen, dies reichte allerdings nicht aus, um die Situation abzukühlen. Die Verwaltung und die anwesenden Fraktionsspitzen berieten sich kurze Zeit in der von den Bürgern entferntesten Ecke des Saales.

Die erste kurze Beratung fand in einer Ecke des Sitzungsaals 2091 statt.

Wer nun davon ausging, das nun die eigentliche Sitzung des Ausschusses beginnen würde, wurde eines Besseren belehrt. Woran es scheiterte, wurde zunächst nicht ersichtlich. Denn auch mit Maske tragend, herrschte ausreichend Abstand zwischen den Teilnehmern im Saal. Drei politische Abgeordnete waren ohne aufgesetzte Maske an ihren Plätzen zu sehen.

Nachdem alle wieder auf dem Podium Platz genommen hatten, erklärte die Erste Kreisrätin Bärbel Rosensträter, dass der Raum 2091 coronabedingt nur für 33 Teilnehmer zugelassen sei. Frau Rosensträter erklärte in ruhigem Ton, dass derzeit ein Konflikt zwischen dem Infektionsschutz und dem Recht der Öffentlichkeit an der Teilnahme der Sitzung vorliegen würde. Es waren insgesamt zu viele Personen anwesend.

Die anwesenden Bürger wollten ihr Recht wahrnehmen, zu Anfang der Sitzung Fragen stellen zu können, 15 Minuten waren laut Protokoll dafür vorgesehen. Es folgte eine Sitzungsunterbrechung zu Abstimmung mit den Fraktionsspitzen, um sich über die Maßnahmen zu beraten, mit denen es möglich wäre, dass sowohl der Gesundheitssschutz als auch die Teilnahme der Öffentlichkeit gewahrt werden könnte.

Die Sitzung wurde für einen langen Zeitraum unterbrochen. Um 15:41 Uhr ging es schließlich mit der Ankündigung weiter, dass an der Regelung mit 33 Teilnehmern festgehalten werde und alle anderen Teilnehmer, inklusive derjenigen, die aus medizinischen Gründen keinen MNS tragen könnten den Raum zu verlassen hätten. Für sie werde ein Raum mit Videoübertragung bereit gestellt, aus dem per Tonübertragung Fragen gestellt werden könnten. Zudem wurde regelmäßiges Lüften im großen Saal, ebenso wie das Tragen eines MNS für den großen Saal angeordnet.

Auf diese Ankündigung der Regelungen hin verließ eine Dame unter lautstarkem Protest den Raum und stellte dabei die Frage: „Haben Sie Angst vor unbequemen Fragen?“

Schließlich wies die Erste Kreisrätin noch darauf hin, dass Videoaufnahmen, auch bereits getätigte, nicht verwendet werden dürften.

15:45 Die Fragerunde konnte beginnen

Die erste Frage eines Bürgers an den Leiter des Fachdienstes Gesundheit, Herrn Dr. Gerhard Bojara, ob dem Gesundheitsdienst der Ct Wert der PCR Tests der getesteten Bürger bekannt sei. Bojara verneinte, der Ct Wert sei nicht in allen Fällen bekannt. Die zweite Frage bezog sich auf drei Studien zum CT Wert, deren Kenntnis der Leiter des Fachdienstes Gesundheit ebenfalls verneinte.

Die weiteren Fragen drehten sich um den MNS, über Angaben der Arzneimittelbehörde zum Schutz auf deren Webseite, warum es eine Maskenpflicht geben würde und ob die Studien vorliegen würden, die die Ungefährlichkeit der MSN beweisen.

Bärbel Rosensträter legte dar, dass die Maskenpflicht auf der Empfehlung des RKI beruhe, die 1:1 vom Land und der Stadt umgesetzt werden würde; es handele sich um eine Empfehlung auf Bundesebene auf Basis des Robert-Koch Instituts und wurde mit der Corona Verordnung des Landes Niedersachsen umgesetzt, die auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes erlassen wurde.

Es folgten weitere Fragen und Antworten zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen.

Eine Dame aus Melle wollte Informationen über die Anzahl der zur Verfügung stehenden Intensivbetten erhalten und wollte ebenfalls wissen, ob die Lage derzeit bedrohlich sei: „Wie viele Intensivbetten gibt es in Stadt und Land und wieviele stehen als Notfallreserve zur Verfügung?“, fragte sie.

Bärbel Rosensträter, die Erste Kreisrätin, erwiderte, dass eine einfache Antwort auf „regionsbezogener Sicht“ nicht möglich sei. Man sei unter anderem einem Amtshilfeersuchen der Niederlande nachgekommen, Betten ständen hier nicht exklusiv zur Verfügung, sondern es gebe eine bundesweite Planung, „da sitzen wir alle in einem Boot.“ Die intensivmedizinische Versorgung der Coronapatienten würde auch nicht an den Betten scheitern, sondern eher an einem Mangel an qualifiziertem Personal, welches nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen würde. „Da ist das Limit“, so Rosensträter, „Alle anderen Angaben gebe das täglich veröffentlichte Dashboard her.“

„Ihnen sind die Intensivplätze nicht bekannt?“, hakte die Dame nach. „40 in ständiger Bereitschaft plus Ausbaustufen“, lautete nun die prompte Antwort. Es müssten aber auch die Ausfälle beim Pflegepersonal beachtet werden. „Die Planungsgrundlage bei einer solchen Pandemie sieht von Tag zu Tag anders aus“, gab die Kreisrätin erneut zu bedenken.

Die nächsten Fragen drehten sich um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, um die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf viele Betriebe, Freiberufler und selbständige Unternehmer.

Hier wies Dr. Gerhard Bojara darauf hin, dass die derzeitigen schärferen Maßnahmen getroffen wurden, weil die bisherigen Regeln von der Bevölkerung nicht eingehalten worden seien. Es hätte viele Infektionen im öffentlichen Leben gegeben, die Kontaktlisten seien sehr lang geworden und damit auch erneute und strengere Regelungen zur Eindämmung nötig.

Damit endete die Fragezeit der Bürger. Die Sitzung des Gesundheitsausschusses ging nun wie gewohnt weiter. Es wurde eine Stelleneubesetzung bekannt gegeben und es folgte ein längerer Vortrag über die Trinkwasserqualität.

Angesichts der wegen guter Lüftung zunehmenden Kälte im Saal, sowie dem Umstand, dass keine Antworten oder Reaktionen seitens der Politik mehr zu erwarten waren, entschieden sich viele Teilnehmer zu gehen. Auch die Polizei beendete ihren Einsatz und machte sich auf den Heimweg.

JEDE WIRKLICHE KATASTROPHE WECKT IM MENSCHEN ZUSAMMENHALT, HILFSBEREITSCHAFT.

WAS WECKT IHR?

Kommentar von Herausgeberin Bianka Specker

Angst vor unbequemen Fragen?

Ist es die Art und Weise der Durchsetzung der Corona Maßnahmen und die vielen Widersprüchlichkeiten und Unverhältnismäßigkeiten in der Verordnung, die Unverständnis bei der Bevölkerung verursacht? Es ist schon längst nicht mehr die oder jene Bürgerbewegung hier oder dort, es herrscht allgemein Unzufriedenheit und großer Frust in weiten Teilen der Bevölkerung.

Transparenz, Aufklärung und Bürgernähe

Nach diesem Debakel im Kreishaus wurde deutlich, dass Transparenz, Aufklärung und Bürgernähe nicht die Steckenpferde der hiesigen Politik sind. Dies Aufzuzeigen war der Bürgerbewegung mit diesem Coup gelungen- einfache Bürgerfragen brachten den ruhigen Politikbetrieb in rege Aufruhr.

Es hatte den Anschein, als ob mit der Vogel-Strauß Taktik unangenehmen Fragen ausgewichen werden sollte. Der Ct Wert wird auch auf der Seite des RKI behandelt und es gibt viele Berichte, die sich mit der Aussagekraft der PCR Tests und der Rolle des Ct- Wertes beschäftigen. Es hätte für den Leiter des Fachdienstes Gesundheit, Dr. Bojara, ein Leichtes sein müssen, den Bürgern kurz und knapp eine einfache Erklärung zu geben.

Einzig die Erste Kreisrätin, Bärbel Rosensträter, war sichtlich bestrebt, Ruhe und Ordnung in das Geschehen im Saal zu bringen. Sie bemühte sich, den Fragen gerecht zu werden.

Die Ereignisse hinterließen den Eindruck, dass selten Bürger die Fragestunde nutzen, denn einige Sitzungsteilnehmer waren sichtlich aufgebracht. Es schien ein unerhörter Affront für sie zu sein. Doch was ist die Aufgabe der Politik? Politiker, die in ihre Ämter gewählt werden, sollten sich ihre Rolle als Volksvertreter bewusst sein. Die Bereitschaft zum Dialog sollte da selbstverständlich sein und souverän gemeistert werden.

Denn die Begründung, warum Maßnahmen so entschieden werden und nicht anders, sollten doch vorher von ihnen genauestens geprüft werden. Gibt es ein milderes Mittel, sind diese Mittel geeignet und sind sie zweckmäßig und die Stellung vieler weiterer Fragen, sollten da selbstverständlich sein. Wenn die Politiker nicht den Eindruck vermitteln, dem genügend nachzukommen, muss es sie nicht wundern, wenn der Bürger zunehmend zu kritischer Haltung neigt.

Bei Beantwortung der Frage nach der Zahl der Intensivbetten das Amtshilfeersuchen der Niederlande zu erwähnen, war deplatziert. Aber es erklärt die Besorgnis der deutschen Bevölkerung über zu wenig Intensivbetten und die irrige Annahme, dass hier Maßnahmen getroffen werden müssen, weil die Niederländer sich der Bewältigung des Virus nicht anständig stellen würden und deutsche Betten in Beschlag nehmen. Ob sich die Niederlande bewusst sind, welche Auswirkungen dieses Amtshilfegesuchen hierzulande hat?

Solche Aussagen erweisen Bemühungen um ein gutes Miteinander im Grenzgebiet einen Bärendienst. In den Niederlanden wird die Kommunikation anders gestaltet. Dort wird allgemein mehr auf die Mitnahme der Bevölkerung gesetzt, an das Miteinander appelliert, das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Transparenz wird sehr groß geschrieben, ebenso Höflichkeit und Respekt im Miteinander- auch in der Krise. Und Freundlichkeit ist selbst bei kritischen Fragen selbstverständlich. Was wäre eine Gesellschaft ohne sachliche Debatte?

Wo der Deutsche gerne mal der Vogel Strauß Methode nachgeht- Niederländer kennen keine Tabus und lieben die sachliche Auseinandersetzung, das haben wir schon in unserer Vorstellung „Der Löwe und die Farbe Orange“ geschrieben: „Wir wollen Menschen dazu ermutigen, eine respektvolle Haltung gegenüber Gesellschaften hier und anderswo zu entwickeln. Offenheit, Engagement und eine kritische Einstellung sind dabei unsere Wegbegleiter.“

Konflikte und unterschiedliche Meinungen muss eine Gesellschaft aushalten. Das ist Demokratie und die Basis des Rechtsstaats. Die Art des Umgangs sollten einige Politiker überdenken. Sie haben als Volksvertreter eine Vorbildfunktion, hätten die Möglichkeit zu zeigen, wie es geht. Werte müssen gelebt und vermittelt werden. „Was weckt ihr?“, dieser Frage sollten einige Teilnehmer der Sitzung nachgehen.

Denn Zusammenhalt und Hilfsbereitschaft ist etwas, das wir jetzt aktuell in der Krise und auch noch lange nach der Krise, wenn das wirtschaftliche Fiasko und das Ausmaß an Folgeschäden sichtbar werden wird, dringend brauchen werden.

Bildquellen

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