Lindner-Statement: Wir erwarten eine klare Öffnungsperspektive

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Lindner gab vor der Fraktionssitzung folgendes Statement ab:

„[…] Wir bedauern sehr, dass die Bundeskanzlerin ihre Politik nicht dort erklärt, wo das erforderlich ist, nämlich hier vor dem Deutschen Bundestag. Hier in das Parlament gehört die Beratung über Grundrechtseingriffe.

Der Lockdown dauert an und damit historisch beispiellose Grundrechtseingriffe […] In dieser Situation muss die Kanzlerin im Deutschen Bundestag erklären, wie ihre Pandemie-Politik in den nächsten Wochen und Monaten aussieht. Sie muss sich der Debatte hier im Parlament stellen […] Wir halten es für erforderlich, dass vor diesen Beratungen, wie beim Europäischen Rat, die Kanzlerin die Grundlinien ihrer Politik, ihrer Verhandlungsabsicht darlegt.

In dieser Woche möchte sie noch nicht einmal nach den Bund-Länder-Beratungen hier im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung abgeben. Das ist eine leichtfertig ausgeschlagene Chance, um für Vertrauen bei den Menschen zu werben. In dieser Situation gebietet es der Respekt vor dem Parlament, aber auch vor der Bevölkerung, dass die weitere Notwendigkeit oder eben Nicht-Notwendigkeit von Grundrechtseingriffen hier parlamentarisch diskutiert wird.

Stattdessen wird einerseits auf höchster Regierungsebene hinter verschlossenen Türen entschieden und hier im Parlament soll ein neues Untergremium, ein Unterausschuss des Gesundheitsausschusses, eingerichtet werden, in dem dann über die Covid-19-Strategie diskutiert wird. Die Regierung entscheidet hinter verschlossenen Türen und im Parlament soll die Beratung über die Pandemie-Politik versenkt werden in einem Untergremium. Für uns spricht nichts dagegen, wissenschaftlichen Sachverstand zu nutzen. Im Gegenteil fordern wir einen Corona-Expertenrat. Ein solcher Corona-Expertenrat muss über Virologen und Epidemiologen hinaus auch Sozialwissenschaftler, Ökonomen und Juristen hören. Aber das ist etwas anderes als ein Unterausschuss. […]

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Inhaltlich […] erwarten wir von der Bund-Länder-Runde eine klare Öffnungsperspektive. Wir haben als Freie Demokraten einen Stufenplan vorgelegt mit klaren Wenn-dann-Regeln, die sich orientieren am Pandemiegeschehen vor Ort. Das drückt sich nicht mehr nur an der Inzidenzzahl aus. Das drückt sich beispielsweise auch aus, an der Inanspruchnahme der Krankenhausinfrastruktur.

Die Frage, wer infiziert ist, spielt eine Rolle. In dem Papier, das jetzt kursiert, da gibt es eine bemerkenswerte Verbindung von Schnelltests mit Inzidenzzahlen.

Das ist paradox, weil bei der Ausweitung der Tests natürlich auch sehr viel mehr Menschen positiv getestet werden, die symptomfrei sind. Wenn man also die Zahl der Tests ausweitet, dann wird es […] Kraft Natur der Sache mehr positiv Getestete geben.

Und das heißt, schon in dieser entscheidenden Anlage der Pandemie-Politik der Bundesregierung, des Kanzleramts, ist ein dauerhaft verlängerter Lockdown angelegt. Deshalb kann es dabei nicht bleiben. […] Die Kanzlerin sprach dieser Tage ja bereits von Öffnung. Das, was jetzt auf dem Tisch liegt zeigt, das war nur ein anderes Wort für die Verlängerung der bisherigen Lockdown-Politik.

Mit dem, was jetzt im Entwurf vorliegt, gäbe es auch über die nächsten Wochen keine Öffnungsperspektive für die Gastronomie, für den Handel, obwohl es schon heute möglich ist. Aus unserer Sicht ist mindestens regional schon heute eine Öffnung verantwortbar mit der besonders schützenden FFP2-Maske, mit dem Einsatz von Schnelltests und angesichts der Tatsache, dass die vulnerablen Gruppen ja viel zu langsam, aber immerhin Schritt für Schritt jetzt auch einen Impfschutz erhalten […] Die einseitige Verbindung von Vorsicht mit Lockdown ist eine Verkürzung der Debatte […] Denn der Lockdown selbst richtet schweren sozialen und wirtschaftlichen Schaden an. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es nicht nur ein gesundheitliches Risiko, sondern jeden Tag wachsende soziale und wirtschaftliche Risiken. […]

Wir brauchen eine Risikoabwägung, die beide Seiten sieht, den Gesundheitsschutz, aber auch die Folgen einer zu restriktiven, nicht mehr zeitgemäßen Pandemie-Politik. […]

Wir haben inzwischen neun verschiedene Programme zur Unterstützung von Solo-Selbstständigen, Familienbetrieben, der Wirtschaft insgesamt. […] Die letzten Programme haben Ausführungsbestimmungen, die über 100 DIN-A4-Seiten stark sind. Die Soforthilfen nähern sich in ihrer Komplexität, in ihrem bürokratischen Charakter also dem ohnehin nicht ganz einfachen deutschen Steuerrecht an. Und das ist natürlich für die allermeisten Betriebe eine schlechte Nachricht, weil sie in die Zahlungsunfähigkeit geraten können, obwohl es eine wirtschaftlich gesunde Perspektive gibt.

Die Bundesregierung muss also umgehend dafür sorgen, dass aus dem Lockdown nicht ein Knock-Out für unsere Wirtschaft wird. Wir werden sonst ein massives Sterben bei Handel und Gastronomie sehen. Wir werden viele Freelancer, Freiberufler, Kulturschaffende und Solo-Selbstständige sehen, die ihre Altersversorgung aufgeben müssen, die Rücklagen längst aufgelöst haben und die ihrerseits unverschuldet in eine Existenznot geraten. Wir haben frühzeitig den Vorschlag gemacht, die bisherigen Programme zu entbürokratisieren. […] Ein Programm, schlanke Bestimmungen […] Und wir brauchen endlich den vollen steuerlichen Verlustrücktrag, die Verluste des Jahres 2020 und 2021 müssen komplett gegen alle Vorjahre seit 2017 verrechnet werden können. […]“

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