Kein Krematorium in Rhede!

Wie unsere Redaktion vom Bürgermeister erfuhr, wird es in Rhede kein Krematorium mehr geben. „Das Projekt wurde heute gekippt“, war die kurze aber für viele Rheder wichtige Antwort.

In der Gemeinde war es in den vergangen Tagen und Wochen ungewöhnlich unruhig geworden, nachdem mit dem Aufstellungsbeschluss zur 42. Flächennutzungsänderung in der öffentlichen Gemeinderatssitzung am 25. Februar die Ausweisung einer Sonderbaufläche „Feuerbestattung Rhede“ das Bauleitverfahren formell eingeleitet wurde.

Vorher hatte die Gemeinde die Ansiedlung des Gewerbetriebes unter anderem mit einem Besuch der Gemeinderatsmitglieder in Verden vorbereitet. Das war vielen Rhedern ein neuer und unerhörter Vorgang. Die „Überraschung“ ist der Gemeinde mit der Ankündigung eines Krematoriumsbaus gelungen, mit dem ausgelösten „Effekt“ hatten aber weder die Gemeinde noch die Investoren und Betreiber gerechnet.

Die Rheder Bürger wurden aktiv und es schloß sich schnell eine Gruppe zusammen, „Kein Krematorium in Rhede“!

Es folgten Flyer, um die Rheder Bevölkerung in Coronazeiten auf die Pläne der Gemeinde aufmerksam zu machen, eine Webseite, eine Gruppe auf Facebook, Aufkleber für das Auto, mehr ging eigentlich nicht. Es wurde beraten und diskutiert, was den Bürgerinitiative wie auch der Gemeinde dabei wichtig war: ein sachlicher Umgangston.

Darauf wurde in einer Onlineveranstaltung zu dem Thema hingewiesen. Diese Onlineveranstaltung war auch eine Art Wendepunkt, viele Fragen konnten nicht beantwortet werden, die Politik flüchtete sich in Phrasen und die Betreiber aus Esterwegen wussten selbst bei grundlegenden Fragen nicht immer so recht Bescheid. Den Rhedern, die bis dahin der Sache noch neutral gegenüber gestanden hatten und sich einfach informieren wollten, reichte das nicht. Schadstoffe ja oder doch schadstoffrei, wie es vorher kommuniziert wurde? Doch ein sogenannter Bypass?

Vor allem der Eindruck, dass seitens der Investoren und nicht durch Politik oder Verwaltung, die Pläne zum Bau eines Krematoriums vorangetrieben wurden, warf die Frage nach dem Bedarf einer solchen Anlage auf. Was hätte die Rheder Bevölkerung von solch einer Anlage? Bei einer Gemeinde mit ca. 4000 Einwohnern und einem Krematorium mit einem Ofen, welcher 1200-1500 Leichen im Jahr verbrennen müsste, um laut der Betreiber rentabel zu sein, zeigte sich schnell, dass Rhede den Bedarf selbst nicht hatte.

Rhede wirbt mit dem Slogan #Sovielleben, für viele Bürger war das ein Widerspruch.

Geruchsbildung in Verden

In der Onlineveranstaltung hatte ich den Geschäftsführer der H.R. Heinicke GmbH, Dipl.-Ing. Heiko Friederichs, welcher die Technik für das Krematorium in Rhede zur Verfügung stellen sollte, mit einem Presseartikel des Weser Kurier konfrontiert. Im Weser Kurier erschien am 13.07.2016 ein Artikel, in dem über die Klagen von Anwohnern bezüglich des Krematoriums berichtet wurden. 

Nachdem wir keine ausreichende Antwort erhielten, fragten wir bei der Gemeinde Verden beim Bürgermeister Lutz Brockmann nach:

Konnte eine Ursache der Geruchsbildung ausgemacht werden und welche Maßnahmen wurden getroffen?“

Die zuständige Bauaufsicht in der Stadtverwaltung Verden teilte mit, dass das Krematorium als Feuerbestattungsanlage der 27. BImSchV. unterliege. „Die Verordnung legt Emissionsgrenzwerte und Ableitbedingungen fest. Es sind kontinuierliche Messungen vorgeschrieben, die dem Landkreis als zuständige Immissionsschutzbehörde vorgelegt werden. Den Beschwerden ist man in 2016 auch seitens der Stadt Verden nachgegangen. Verstöße konnten nicht festgestellt und Gründe für die vermeintlichen Geruchsbelästigungen nicht gefunden werden. Weitere Beschwerden sind bei der Stadt Verden seitdem nicht eingegangen.“

Und gab es jemals Beschwerden von Anwohnern wegen unangenehmer Gerüche wegen anderer Fabriken in ihrem Ort?

In Verden gibt es verschiedene lärm- und geruchsemittierende Industriebetriebe und dementsprechend auch von Zeit zu Zeit Beschwerden darüber aus der Nachbarschaft. Das Gewerbeaufsichtsamt geht diesen Beschwerden im Rahmen seiner Zuständigkeit nach und versucht gemeinsam mit den Unternehmen die Ursachen zu ergründen und abzustellen.  

Quo vadis, Rhede?

Eine Bewohnerin der Seniorenanlage hatte während der Onlineveranstaltung bereits darauf aufmerksam gemacht: Hier würden Äpfel mit Birnen verglichen.

Rhede/Ems ist nicht Verden, ist nicht Emden. In Rhede gibt es derzeit keine lärm- und geruchsemittierenden Industriebetriebe, über die sich Anwohner Beschwerden müssten.

Rhede wird sich nun auch in der Hinsicht nicht ändern, denn das Projekt ist gekippt, das Krematorium wird nicht kommen.

Das Vertrauen in die Politik hat allerdings Schaden genommen. Während die vorherigen Bürgermeister der Einheitsgemeinde, Siegfried Lammers und Gerd Conens, das Vertrauen der Bürger besaßen, hat der jetzige „Überraschungseffekt“ die Rheder Bürger nicht nur aufmerksam werden lassen, sondern auch sehr aktiv.

Die Bürgerinitiative war erfolgreich – es scheint, als bräche ein neues Zeitalter in der Gemeinde an. Die Bürger diskutieren bereits über Möglichkeiten, was dort am Sielsee und dem Gebiet rund um die Gedächtniskirche entstehen könnte. Das Grundstück hat die Gemeinde bereits gekauft, es bestehen viele Möglichkeiten. Eine Begegnungsstätte für Alt und Jung, eine Erweiterung der Freizeitaktivitäten für die Jugend?

Wir bleiben an dem Thema dran.