Wirtschaftsrat kritisiert Schulden-Debatte und fordert Rückbesinnung auf EU-Stabilitätskriterien

Wolfgang Steiger: Mit Schuldenexzessen wird die Illusion einer Wohlstandsmehrung ohne Beschränkungen und Ersparnisbildung geschaffen, das ist auf Dauer nicht tragfähig

Berlin, 20.10.2021. Der Wirtschaftsrat der CDU e.V. kritisiert anlässlich der Einleitung der offiziellen Überprüfung des Stabilitätspaktes durch die Europäische Kommission die Richtung der Debatte in Europa.

„Einige Länder wollen bestimmte Investitionen, etwa in den Klimaschutz oder die Industriepolitik, künstlich aus den Schulden heraus rechnen, andere halten die Schuldenregeln vollständig für obsolet“, fasst Wolfgang Steiger zusammen. „Das ist erschreckend, denn solide öffentliche Finanzen sind ein Fundament der Europäischen Union. Und die Staatsschulden in der Eurozone haben bereits jetzt horrende Ausmaße angenommen.“ 

Gegenwärtig deckt die Europäische Zentralbank (EZB) die Corona-Rekorddefizite der Euro-Länder vollständig ab, denn die Nettokäufe von Staatsanleihen entsprechen seit Ausbruch der Pandemie den Nettoanleiheemissionen der Euro-Mitgliedsländer. „Zusammen mit den Geldern aus dem EU-Wiederaufbaufonds sind die Finanzminister bei der Refinanzierung ihrer Schulden also kaum noch von den Finanzmärkten abhängig“, warnt Wolfgang Steiger. „Dieser Zustand ist auf Dauer nicht tragfähig, denn er fördert Verantwortungslosigkeit und Verschwendung. Hier wird die Illusion einer Wohlstandsmehrung ohne Beschränkungen und Ersparnisbildung geschaffen.“

Aus Sicht des Wirtschaftsrates wird es ganz wesentlich auf die neue Bundesregierung ankommen, damit bei der Haushaltspolitik in Europa nicht alle Dämme brechen. Doch wenn im Sondierungspapier nun ausgerechnet die „Flexibilität“ des Stabilitätspaktes gewürdigt wird, dann ist das nicht einmal ein lauwarmes Bekenntnis zu den Schuldenregeln.

Konnte der Pakt doch schon in seiner bisherigen Form nicht die Schuldenexzesse verhindern. „Wir brauchen endlich die Einsicht, dass sich die Probleme nicht mit einer immer höheren Dosis der gleichen Medizin lösen lassen“, fordert Wolfgang Steiger.

„Die Souveränität Europas erreicht man nicht über gemeinsame Schulden, deren Finanzierung in eine ferne Zukunft verschoben wird. Eine Reform des Stabilitätspaktes muss deshalb klare Richtlinien enthalten, wie die Schuldenstände in Zukunft wieder zu senken sind. Europa braucht dringend einen anderen Policy Mix: Weniger Geldpolitik, klügere Fiskalpolitik und eine klare Wachstumspolitik mit  produktivitätssteigernden  Reformen“, so Wolfgang Steiger weiter. 

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