Friede, Freiheit, keine Diktatur – wofür die Menschen auf die Straße gehen

Ein Kommentar der Herausgeberin Bianka Specker

Es gibt den Spruch: „Kinder, die ruhig sind, machen Unsinn.“ Unsinn würde ich es nicht immer nennen, aber ja, meistens hecken sie etwas aus. Oder netter formuliert- sie lassen ihrer Kreativität freien Lauf. Sind sind mit sich im Reinen, entdecken neue Dinge, experimentieren oder spielen jemandem einen kleinen Streich. Kinder sind dann in der Regel ruhig, ein leichtes Lächeln oder spitzbübisches Grinsen ziert das kindliche Gesicht.

Als ehemaliges Kind und als Mutter weiß ich, dass diese ungewöhnliche Ruhe Argwohn und ungewünschte Aufmerksamkeit wecken kann.

Politiker und andere Menschen in Führungspositionen wissen auch um diesen Umstand und so verwundert es nicht, dass es aus allen Kanälen nahezu schreit, wenn sie Dinge umsetzen möchten, die dem Untertan Unbehagen bereiten könnten.

Bilder von Leichentransporten, aufgereihten Särgen oder Leichensäcken, unzählige Bilder aus den Intensivstationen, Menschen die sichtbar leidend dort um ihr Leben kämpfen- ich frage mich oft, ob diese Bilder sein müssen und ob die Menschen, die dort um ihr Leben kämpfend liegen, diesen Bildern zugestimmt haben. Grotesk wurde es für mich, als nun ein deutscher General in voller Montur über den TV Bildschirm flackerte: General Breuer, der nun den Coronakrisenstab der neuen Bundesregierung leitet. Die Lage ist ernst, keine Frage.

Die Frage, die ich mir stelle ist, ob diese Darstellung notwendig ist oder die Bekämpfung einer Pandemie nicht auch anders angegangen werden kann. Weniger laut, weniger dramatisch und mit Sachlichkeit?

In diesen Tagen gehen die Menschen demonstrieren oder spazieren. Im Jahr 2022 erregt ein Spaziergang plötzlich ungeahnte Aufmerksamkeit. Wie kam es dazu?

Kein schlüssiges Coronakonzept

Risikomanagement. Unternehmen machen es, viele Bürger tun es. Was mache ich, wenn der Sachverhalt x eintritt beziehungsweise nicht eintritt? Als Mutter mit einem kleinen Kind musste ich darauf vorbereitet sein, was passiert, wenn ich aufgrund von Krankheit ausfallen würde. Ich hatte daher immer einen Vorrat von Lebensmitteln zu Hause, fertige Mahlzeiten in der Truhe, damit das Kind versorgt sein würde. Auch die Großeltern sprangen ein, wenn eine Krankheit mal Bettruhe verlangte.

Die Volksvertreter vermittelten nicht den Eindruck, in der Coronakrise etwas unter Kontrolle zu haben. Von immer neuen Maßnahmen aufgrund von irgendwelchen neuen Wellen war die Rede, Horrorszenarien wurden formuliert. Geimpft, genesen oder gestorben. Der einzige Weg aus der Pandemie sei die Impfung. Andererseits hieß es, dass Corona eine Zoonose sei und wir lernen müssten, mit dem Virus zu leben. Im April 2021 berichtet die Berliner Zeitung, „Das Virus infiziere zu viele Tierarten, um es nachhaltig auszurotten, so Lothar Wieler.“ und „Die Menschheit muss sich nach Ansicht des Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, auf ein dauerhaftes Leben mit Corona einstellen.“

Wie soll es demnach möglich sein, dass Coronavirus mit Impfen erfolgreich zu bekämpfen?

Impfen für die Freiheit

Zunächst hieß es, dass die vulnerablen Gruppen geschützt werden müssten, um wieder ein „normales“ Leben führen zu können. Zwischenzeitlich war, nachdem es erst hieß, Corona sei harmlos wie eine Grippe, eine Kehrtwende erfolgt und das öffentliche Leben zurückgefahren, Schulen wurden geschlossen, Kontakte reduziert. Die Menschen, die solche Maßnahmen angekündigt hatten, galten als „Fake News“ Verbreiter und Verschwörungstheoretiker.

Nun waren sie dann da, die Restriktionen. Seitdem ist jedenfalls der Fahrplan klar- es wird eher schlimmer als besser. Impfen ermöglicht es den Menschen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Viele entscheiden sich aus diesem Grund für eine Impfung – nicht aus gesundheitlichen Gründen. Trotzdem gibt es weiterhin Kontaktbeschränkungen und frierende Kinder mit Masken in den Schulen.

Impfen als Akt der Liebe

Sogar Papst Franziskus mischte sich am 18. August 2021 in die Impfdebatte ein: „Impfen sei ein Akt der Liebe.“

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Mittlerweile muss man fragen, wie oft muss der Akt der Liebe für das Gemeinwohl vollzogen werden? Und was ist unter dem Gemeinwohl zu verstehen, wenn die Impfung bisher scheinbar keine sterile Immunität verschafft? Was hat die Kirche überhaupt mit einer Impfkampagne zu schaffen?

Was ist mit den Menschen, die sich aus medizinischen oder religiösen Gründen nicht impfen lassen können? Wobei sich die Frage stellt, wer diese Ausnahmen definiert und letztlich darüber zu entscheiden hat? Im Rahmen einer gesetzlichen Impfpflicht dürfte diese Frage von essenzieller Bedeutung sein.

Toleranz und die Mitnahme von Minderheiten sind meiner Ansicht nach wichtige Pfeiler in einer freiheitlich- demokratischen Gesellschaft. „Jeder soll nach seiner Façon selig werden“, soll schon der preußische König Friedrich II. geäußert haben. Die körperliche Unversehrtheit, die Bestimmung über die eigene Gesundheit – wer will dem widersprechen?

Es gibt Ausnahmen, die angeführt werden, wie die Pocken- oder die Masernimpfung. Nur haben wir es derzeit mit einem wenig erforschten und bedingt zugelassenen Impfstoff zu tun. Derzeit wird in Israel aufgrund der neuen Omikron Variante die Einführung einer 4. Impfung gegen das Coronavirus debattiert. Einer Impfpflicht soll auch welche Strafe zugrunde liegen? Eine Geldstrafe? Das würde den Unmut und die Bevölkerung noch mehr hervorrufen, in Österreich kann die Diskussion darüber und die Entwicklung beobachtet werden.

Angst vor dem „Pieks“?

Menschen, die sich aus persönlichen Gründen nicht impfen lassen möchten, werden öffentlich als Impfgegner, Impfskeptiker, Covidioten und vieles mehr bezeichnet. Das Motto lautet scheinbar, „immer feste drauf“, es trifft schon die Richtigen.

Die Bürger haben lange die Maßnahmen mitgemacht, auch wenn sie noch so unsinnig erschienen. Sie haben sich impfen lassen, wir bereits berichteten, sind bei den Demonstranten viele geimpfte Personen dabei. Warum sollte das auch nicht der Fall sein? Die Coronamaßnahmen fordern auch ihren Tribut. Einige wurden von Gerichten als nicht verhältnismäßig eingestuft und einkassiert.

Diesen Menschen ihre eigene Meinung abzusprechen, sie in ein schlechtes Licht zu rücken oder sich über sie lächerlich zu machen, ihre Sorgen und Nöte nicht ernst zu nehmen, kann nicht der richtige Weg einer funktionierenden Gesellschaft sein.

Die verniedlichende Sprache der regierenden Impfbefürworter, es sei nur ein „Pieks“ und die gleichzeitige komplette Ausblendung von Nachteilen- Risiken und Nebenwirkungen- die jede medizinischer Eingriff mit sich bringen kann, weckt Argwohn. Ein Mensch möchte ernst genommen werden. Jeder ist gleich wertvoll.

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Artikel 1 Grundgesetz

Es fehlt vielen Menschen, nicht nur denen, die auf Demos oder Spaziergängen anzutreffen sind, an Ausgewogenheit in der Berichterstattung und auch in Ausgewogenheit und Unabhängigkeit in den Expertengremien. In den Talkshows, wo in der Zeit der Coronakrise mehr Politik stattfand als im deutschen Bundestag, sind immer die gleichen Experten eingeladen, dabei hätte man sich dort doch mal eine richtige Debatte gewünscht.

Wenn ich diese Talkshows geguckt habe, dann um zu analysieren, wohin die Reise gerade geht. Der Sprachgebrauch der Politiker, die Gesten und die Pausen, wenn sie über die zu sagenden Worte nachdenken müssen, sagen manchmal mehr aus, als das was später offiziell verkündet wird.

Kein Vertrauen in die Politik

Wer hätte gedacht, dass es bei einer Pandemie notwendig sein wird, Disclaimer zu schalten. Wegen möglicher Falschinformationen. Werbung zu schalten. Wer hätte gedacht, dass Politiker das Vertrauen der Bürger verspielen, indem sie zuerst die Impfpflicht kategorisch und vehement ausschließen, um sie nach erfolgter Bundestagswahl doch einführen zu wollen? Die derzeitige Bundesregierung bestehend aus SPD, Grüne und FDP – alle haben sie die unglaubliche 180 Grad Wende vollzogen, kaum, dass sie im Amt waren.

So wie der Instinkt manchen Menschen zum „Mitmachen“ rät, so lässt er andere Menschen zögern und nachdenken. Das war schon und ist bei vielen Dingen so. Ein Pfarrer aus Hessen machte mich vor vielen Jahren auf diesen Unterschied aufmerksam. Es glaubt doch wirklich niemand ernsthaft, dass Impfdruck oder gar eine Impfpflicht einen Menschen, der zu den nachdenkenden Spezies gehört, umstimmen wird?

Die Umstrukturierung des OVG Lüneburg, dessen 13. Senat für seine Urteile bekannt war, sorgte für zusätzliche Skepsis.

vrede, vrijheid geen dictatuur

Das Lächerlichmachen von Menschen oder das in die rechte Ecke stellen, die Isolierung von der gesellschaftlichen Herde funktioniert vielleicht eine Zeitlang. Aber nach den ganzen Demonstrationen in vielen Städten nicht nur deutschlandweit, sondern europaweit, wird deutlich, dass es zum einen nicht wenige Menschen sind, die die derzeitigen Maßnahmen kritisieren, sondern dass es auch nicht die vielzitierten Sonderlinge, Schwurbler oder Covidleugner sind. Es sind in der großen Mehrheit Menschen aus der bürgerlichen Mitte, die dort teilnehmen.

Dass dort vereinzelt Menschen in den Medien präsentiert werden, die den „Sonderlingstatus“ innehaben und dazu dienen, diese Demonstranten gänzlich wieder der Lächerlichkeit preiszugeben, ist nicht verwunderlich.

Nach vielen Gesprächen mit den Demoteilnehmern und auch den Organisatoren wird klar, dass sie friedlich demonstrieren wollen. Ihr oberstes Anliegen ist, wie sie uns im Schlossgarten mitteilten, eine friedliche Demonstration ohne Zwischenfälle.

Es ist auch ein Grundrecht jedes Menschen, eine Möglichkeit in einem demokratischen Rechtsstaat sein Anliegen, seine Meinung kundzutun.

Demokratische Meinungsäußerung

Ich möchte mit den Worten von Vera Lengsfeld abschließen. Lengsfeld, eine bekannte und führende Bürgerrechtlerin der DDR sagte in einem Interview im Meinungsmagazin Tichys Einblick auf die Frage, ob die heutige Protestwelle gegen die Coronamaßnahmen, die Situation, mit denen der Proteste vom Herbst 1989 vergleichbar sei:

„Erst einmal darf man alles mit allem vergleichen; es gibt auch kein Copyright auf die Demonstrationen von 1989. Natürlich ist die Situation heute eine andere als damals und die Repressionen waren andere. Wir müssen uns aber darüber im Klaren werden, dass auch eine demokratisch gewählte Regierung, ein demokratischer Rechtsstaat zum Maßnahmenstaat mutieren und autoritäre, sogar diktatorische Züge annehmen kann.“

Vera Lengsfeld führt in dem Interview weiter aus:

„Heute hört die Politik die Stimme der Bevölkerung nicht mehr oder will sie nicht hören. Auch 1989 sind die Menschen auf die Straße gegangen, weil die Kommunikation zwischen Volk und Regierung gestört war. Im Übrigen kann ich nichts Falsches daran erkennen, sich auf eine historische, demokratische Bewegung zu beziehen.“

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