Genesenstatus oder Impfstatus nun auf Webseiten des RKI und PEI nachlesbar – wo bleibt die Rechtssicherheit?

Gravierende Grundrechtsbeschränkungen werden vom Status der Menschen abhängig gemacht, der sich unterteilt in Geimpfte, Genesene und Ungeimpfte. Wer zu welcher Gruppe gehört wurde bisher in der „Verordnung zur Regelung von Erleichterungen und Ausnahmen von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung – SchAusnahmV)“ geregelt.

Am 14. Januar 2022 gab es nun einschneidende Veränderungen der Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) und der Coronavirus-Einreiseverordnung, die am Tag nach der Verkündung, also am 15. Januar, in Kraft getreten sind, wir berichteten hier darüber.

Der Impfnachweis muss den jeweils vom Paul-Ehrlich-Institut veröffentlichten Maßgaben entsprechen

Nach der geänderten Fassung beider Verordnungen muss der Impfnachweis den jeweils vom Paul-Ehrlich-Institut veröffentlichten Maßgaben entsprechen.

Neben den bisher erforderlichen Angaben zu den anerkannten Impfstoffen und der für eine vollständige Schutzimpfung erforderlichen Anzahl an Impfungen können auch Angaben zur Anzahl der für eine vollständige Schutzimpfung erforderlichen Boosterimpfungen bekannt gemacht werden; ebenso zu Zeiten, die nach einer Impfung für eine vollständige Schutzimpfung abgewartet werden müssen und die höchstens zwischen einzelnen Impfungen liegen dürfen.

Was bedeutet, die Art des Impfstoffes, die Anzahl der Impfungen sowie die Anzahl der Boosterimpfungen und die Frage, wann sie Schutz geben und wann und wie lange, wird nun auf der Seite des PEI nachzulesen sein. Änderungen können sich jederzeit ergeben.

Die aktuellen Kritierien eines vollumfänglichen Impfschutzes veröffentlicht das Paul-Ehrlich Institut auf der Seite:

www.pei.de/impfstoffe/covid-19

Ebenso sind nun die aktuellen Anforderungen an den Genesenstatus auf der Seite des Robert-Koch-Instituts zu finden:

http://www.rki.de/covid-19-genesenennachweis

Wie das RKI auf der oben genannten Seite mitteilt, werden „diese Vorgaben regelmäßig überprüft und können sich gemäß Stand der Wissenschaft ändern.“

Der wichtige „G“-Status (Geimpft, Genesen) einer Person und die damit zur Verfügung stehenden Grundrechte können sich folglich jederzeit ohne Debatte im Parlament oder öffentliche Erklärung ändern.

So wurde nun der Genesenenstatus vom RKI direkt geändert, mit Wirkung ab dem 15. Januar 2022 wurde der Genesenenstatus von bisher sechs auf drei Monate verkürzt. 

Der Netzwerk der kritischen Richter und Staatsanwälte, KRiStA, schlägt auf seiner Webseite www.netzwerkkrista.de Alarm und erklärt:

„So kann die Bundesregierung über ihre Weisungsmöglichkeit an das RKI die Basis für die Grundrechtsentzüge definieren, ohne diese nach Außen verantworten zu müssen. Änderungen sollen also offensichtlich weder im Bundesgesetzblatt noch im Bundesanzeiger, sondern auf einer Internetseite erscheinen. Gerichte und Behörden werden Screenshots speichern müssen, um zu wissen, wann was galt. Änderungen sind jederzeit möglich.

Ein absurder Zustand, wenn man die Tragweite der Regelung bedenkt. Entgegen dem Anschein, der sich aus der bisherigen medialen Berichterstattung ergibt, geht es nicht nur um eine Regelung zu Quarantäne-Zeiten, sondern um sämtliche infektionsschutzrechtliche Einschränkungen, die daran anknüpfen, dass eine Person geimpft oder genesen ist und zur Beantwortung dieser Frage auf die COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung verweisen.

Die Verkürzung des Genesenenstatus ist praktisch in jeder Hinsicht dramatisch, zum Beispiel in Bezug auf die Impfpflicht im Gesundheitswesen. Schließlich hätten genesene Pflegekräfte den bisherigen Zeitraum ausschöpfen können, ohne sich impfen lassen zu müssen. Dieser Zeitraum wird nun halbiert. Noch mehr Pflegekräfte, die sich keiner Impfung unterziehen wollen, drohen aus dem Dienst auszuscheiden. Die Pflegekatastrophe wird so nochmals verschärft, statt das Gesundheitswesen zu entlasten.

Ob und unter welchen Bedingungen zumindest ein Bestandsschutz für den eigentlich sechsmonatigen Zeitraum für diejenigen besteht, die bereits zum 15. Januar 2022 einen Genesenenstatus hatten, ist unklar.“


Unter den Juristen war es rechtlich äußerst zweifelhaft, dass solche Regelungen, die eine extrem weitreichende Auswirkung auf die Grundrechtsausübung haben, nur in einer Verordnung der Regierung, statt in einem Parlamentsgesetz getroffen werden.

Die Grundrechte genießen von allen Gesetzen den höchsten Schutz und bilden die Stützpfeiler in unserer Demokratie.

Immerhin waren diese von den Gerichten auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfbar.

Das Netzwerk KRiSta schreibt:

„Bei Rechtsverordnungen haben alle Gerichte eine eigene Verwerfungskompetenz und -pflicht, wenn sie diese für verfassungswidrig halten. Dies ist anders als bei formellen Gesetzen, für deren Prüfung allein die Verfassungsgerichte zuständig sind.

Durch die hier besprochene Verordnungsänderungen wird der Inhalt von Vorschriften, die extrem bedeutsam sind für die Ausübung von Grundrechten und auch für ihre Beschränkung bzw. ihren Entzug, an die genannten Einrichtungen (Anm. der Redaktion, gemeint sind hier das RKI und das PEI) delegiert.

Es wird zu prüfen sein, ob dies noch mit Verfassungsrecht vereinbar ist.

KRiSta schließt nicht aus, „dass sich auf diese Normen keinerlei Bescheide, Bußgeldbescheide oder Urteile mehr stützen lassen.“

KRiStA macht dies an zwei Punkten fest:

„Dies gilt erstens wegen der bereits bekannten Problematik der Bestimmtheit von Normen angesichts solcher Blankettvorschriften und Verweisungsketten. 

Zweitens ist es höchst zweifelhaft, ob der verfassungsrechtliche Grundsatz „nulla poena sine lege scripta“ (keine Strafe ohne geschriebenes Gesetz) erfüllt ist (Art. 103 Abs. 2 GG), wenn zur Schaffung von Ordnungswidrigkeitstatbeständen lediglich auf eine dynamische(!) Internetseite verwiesen wird.“

Mehr Informationen zum Netzwerk KRiStA unter:

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