„Runder Tisch Corona Maßnahmen“ Offener Brief Osnabrücker Bürger an die Oberbürgermeisterin und deren Antwort darauf

Symbolbild

Offener Brief der Osnabrücker Bürger an die Oberbürgermeisterin im Wortlaut:


„Runder Tisch Corona-Maßnahmen“

14. Januar 2022

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

die Unterzeichnenden sind in großer Sorge um das Gemeinwohl, um unsere freiheitlich-
demokratische Grundordnung, die freie und offene Gesellschaft und den Frieden in unserer Stadt.

Durch die Ausrufung der Corona-Pandemie hat es auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene seit nunmehr rund 22 Monaten erhebliche Einschränkungen der Grundrechte und bürgerlichen Freiheiten gegeben. Über die Bedeutung von SARS-CoV-2 und Covid-19 gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen und Einschätzungen. Im polit-medialen Mainstream herrscht mehr oder weniger das Narrativ vor: „Killervirus plus Rettungsimpfung“.

Wer dies anders sieht, wird schnell delegitimiert oder auch diffamiert – auch Fachleute mit einer respektablen fachlichen Vita sind davon betroffen.

„Coronaleugner“, „Covidioten“ oder „Querdenker“ sind Begriffe, mit denen Andersmeinende abgestempelt werden. Mit Totschlagvokabeln wie „Nazi“, „Faschist“ oder „Antisemit“ werden Menschen belegt, die sich abweichend vom polit-medialen Mainstream positionieren und äußern.

Dass man damit der Mehrheit dieser Menschen abgrundtief unrecht tut, ist offensichtlich. Dennoch wird weitergemacht. Diese Stigmatisierungen sind nicht nur ehrenrührig, sondern werden auch nicht den Tatsachen gerecht. Das bestätigt bisweilen sogar die Lokalpresse: „Es ist auch nicht erkennbar, dass viele Rechtsextreme in der Gruppe agieren oder bei den Demos mitlaufen.“ (NOZ v. 11. 11. 22, S. 11) Aber weiterhin überwiegen die abwertenden und stigmatisierenden Zuschreibungen.

Inzwischen hat es einige Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Osnabrück gegeben, zuletzt auch zwei Gegendemonstrationen. Mit der Gegendemonstration am vergangenen Samstag (Gemeint ist der 8. Januar, Anm. der Redaktion) haben Sie, Frau Oberbürgermeisterin, sich gemein gemacht.

Das ist überaus bedauerlich, sind Sie doch die Oberbürgermeisterin aller Menschen, die in
Osnabrück leben.

Wäre es nicht klüger, Sie setzten sich dafür ein, Gräben zu überbrücken, Dialog zu ermöglichen, Versöhnung zu stiften? Noch ist es nicht zu spät, die einseitige Parteinahme, die die gesellschaftliche Spaltung noch verschärft, aufzugeben und zur Brückenbauerin in unserer Friedensstadt zu werden.

Die Unterzeichnenden tragen Ihnen darum als Vorschlag und Bitte vor:

Laden Sie ein zu einem Runden Tisch Corona-Maßnahmen!

Als Oberbürgermeisterin der Stadt, die sich selbst als Friedensstadt versteht, sind Sie dafür
prädestiniert und exklusiv berufen. In einer Situation wie der jetzigen, in der die Gesellschaft polarisiert ist, wäre es Ihre Aufgabe und Chance zugleich, den Anspruch als Friedensstadt tatsächlich
einzulösen.

Dies wäre dann ein wirkliches „Zeichen für Vernunft und Verantwortung“, von dem Sie
am vergangenen Samstag gesprochen und geschrieben haben.

Wir machen zu Organisation und Ausgestaltung des Runden Tisches folgende Vorschläge:

  • Zum Runden Tisch wird unverzüglich eingeladen. Eine erste Sitzung sollte in den ersten Februartagen stattfinden.
  • Die Teilnehmerzahl sollte sich an der Größe des Osnabrücker Rates orientieren, also um etwa 50 liegen. Maximal zehn Personen aus der Gruppe der hier Unterzeichnenden bzw. der von diesen Entsandten sollten teilnehmen.
  • Sie als Oberbürgermeisterin übernehmen den Vorsitz, die Moderation jedoch eine Person, die dafür fachlich besonders ausgebildet ist und Erfahrungen in Psychologie und/oder Mediation hat.
  • Der Runde Tisch gibt sich eine Geschäftsordnung. (Muster dafür finden sich zahlreich im Internet.)
  • Die Sitzungen des Runden Tisches finden öffentlich statt (analog den Ratssitzungen, z. B. in der Stadthalle). Die Sitzungen werden im Internet übertragen und sind als Video- Aufzeichnungen auch danach abrufbar.

Die Unterzeichnenden möchten der Spaltung der Gesellschaft entgegenwirken und erreichen, dass die Menschen in Osnabrück wieder ihre demokratische Kultur leben: Nicht gegeneinander sich positionieren, schon gar nicht polarisieren, sondern sich verständigen über den richtigen Weg.

Demokratie bedeutet nicht „Unterdrückung oder Ausgrenzung von Minderheiten“. Vielmehr muss in einem wahren demokratischen Gemeinwesen der Schutz von Minderheiten einen hohen Stellenwert haben. Nur so ist ein friedliches Zusammenleben möglich.

Wir bitten Sie, sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, entsprechen Sie unserem Wunsch, der ja nichts Exklusives bedeutet, sondern nur Selbstverständliches zur Grundlage nimmt. Im Osnabrücker Friedensbuch, für das auf der Seite der Stadt geworben wird, heißt es: „Der Westfälische Frieden hat aber gezeigt: Wer sich streitet, kann auch wieder Frieden schließen.“

Nehmen wir also dieses geschichtliche Vermächtnis ernst und lassen es aktuell werden. Bitte gehen Sie dabei voran, Frau Oberbürgermeisterin.

Mit freundlichen Grüßen

Unterschriften von über 50 Osnabrücker Bürgern


Antwortschreiben der Osnabrücker Oberbürgermeisterin

Sehr geehrter Herr Polewsky,

ich danke Ihnen fur Ihren offenen Brief und Ihren Vorschlag, einen „Runden Tisch Corona-Masnahmen“ einzurichten.

Alle Interessierten, die die Entwicklung der Pandemie in den vergangenen Monaten verfolgt haben, kennen meine Position, die eindeutig ist — anders hatte ich den Krisenstab der Verwaltung nicht leiten können, anders hatte ich in öffentlichen Ratssitzungen nicht Rede und Antwort stehen können, anders hatte ich in der Öffentlichkeit in zahlreichen Artikeln, Interviews und Pressegesprächen unser Handeln nicht immer wieder erklären können.

Daher haben wir im vergangenen Jahr regelmäßig auch in den Bürgerforen zur Corona-Pandemie informiert.

An meiner grundsätzlichen Haltung hat sich auch in meiner Funktion als Oberbürgermeisterin nichts geändert: Meines Erachtens können wir nur durch eine erfolgreiche Impfkampagne einen Weg aus der Pandemie finden.

Diese Position habe ich auch am Samstag, 8. Januar auf der Demonstration „Impfen statt Schimpfen“ vertreten. Das mag der eine oder andere kritisieren, ich habe aber keinen Menschen verbal verunglimpft. Ich habe auch weder die Meinungsfreiheit noch das Demonstrationsrecht in Frage gestellt. Ganz im Gegenteil!

Bei meiner Teilnahme an der genannten Demonstration war es mir wichtig zu betonen, dass es gerade Gegenstand einer funktionierenden Demokratie in Abgrenzung zu einer Diktatur ist, dass Menschen ihre Meinung frei äußern können und dieses auch auf der Straße zeigen dürfen. Gerade in der Friedensstadt Osnabrück sollte es möglich sein, eine entsprechende Kontroverse auszuhalten und mit Respekt dem jeweils Andersdenkenden begegnen und dabei gerade eben nicht zu spalten.

Unabhängig davon bin ich der Überzeugung, dass die Osnabrücker – diejenigen, die mich gewählt und auch diejenigen, die mich nicht gewählt haben – einen Anspruch darauf haben, zu wissen, welche Auffassung ich als direkt gewählte Oberbürgermeisterin in dieser wichtigen Frage vertrete, wie bei vielen anderen Themen auch.

In meiner Haltung sehe ich mich auch durch die Unterstützung in der Stadt, aber auch durch die des Landkreises sowie der Bürgermeister der Landkreisgemeinden bestärkt.

Ein Runder Tisch ist ein probates Instrument, um bei Meinungsverschiedenheiten und Interessengegensätzen, in einem konstruktiven Gespräch einen Ausgleich und Kompromisse zu suchen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Beteiligten dabei eigenen Entscheidungs- und Handlungsspielräume haben. Ihr Vorschlag geht aber dahin, über die Impfkampagne, über eine mögliche Impfpflicht, Kontaktbeschränkungen sowie weitere Corona-Maßnahmen zu diskutieren.

Hierfür sind das Land Niedersachsen und der Bund zuständig und verantwortlich. Es ist gut und richtig, dass auch diese Maßnahmen in der Bevölkerung kontrovers diskutiert und auch zum Beispiel durch Demonstrationen begleitet werden.

Diese Themen eignen sich jedoch nicht als Gegenstand eines kommunalen Runden Tisches, da sie gerade nicht der kommunalen Gestaltung zugänglich sind.

Vor diesem Hintergrund bitte ich um Verständnis, dass ich Ihren Vorschlag nicht umsetzen möchte. Das Thema würde Bedeutung und Funktion eines Runden Tisches unterlaufen und die Beteiligten wären nicht autorisiert das umzusetzen, was sie besprechen.

Ich danke Ihnen für Ihre freundliche und kritische Begleitung und grüße Sie

verbunden mit dem Wunsch, gesund zu bleiben,

Katharina Pötter

Oberbürgermeisterin


Anmerkung: Die OSK Redaktion verwendet das generische Maskulinum und hat die Texte entsprechend angepaßt.

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