Bundesgerichtshof bestätigt Entscheidung zur Verjährung von Ansprüchen gegenüber Gesellschaftern einer aufgelösten GbR

Osnabrück. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16. Dezember 2021, Geschäftszeichen IX ZR 81/21, die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 6. Mai 2021, Geschäftszeichen 4 S 319/20, zurückgewiesen.

Welcher Sachverhalt lag der Entscheidung des Landgerichts zu Grunde?

In dem Berufungsverfahren hatte das Landgericht Osnabrück über die Frage zu entscheiden, wann Ansprüche von Dritten gegenüber Gesellschaftern einer aufgelösten GbR verjähren.

Erstinstanzlich war der Klage stattgegeben worden. Geklagt hatte ein Rechtsschutzversicherer gegen die Gesellschafter einer zwischenzeitlich aufgelösten Anwalts-GbR auf Rückzahlung eines Vorschusses für die Terminsgebühr. Der Termin fand wegen der Insolvenz der Versicherungsnehmerin der Klägerin jedoch nicht mehr statt.

Die Klägerin hat von der Auflösung der Anwalt-GbR im Juni 2016 Kenntnis erlangt und im Februar 2019 gegen den Beklagten sowie den weiteren Gesellschafter der Anwalts-GbR Mahnbescheide erwirkt. Der Beklagte sowie sein früherer Mitgesellschafter erhoben die Einrede der Verjährung.

Nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts war der Anspruch nicht verjährt. Die erstinstanzliche Entscheidung ist gegen den weiteren Gesellschafter rechtskräftig geworden.

Wie urteilte das Landgericht?

Das Landgericht Osnabrück hat die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen.

Der geltend gemachte Anspruch sei nicht verjährt. Es finde die Regelverjährung nach § 195, § 199 BGB mit einem Verjährungsbeginn zum Ende des Jahres 2016 Anwendung, so dass die Verjährung durch die erwirkten Mahnbescheide im Jahr 2019 gehemmt worden sei.

Der Rechtsansicht des Beklagten, es bestehe eine stichtagsbezogene dreijährige Verjährung entsprechend der Regelung zu § 159 Abs. 2 HGB, wurde nicht gefolgt. Gemäß § 159 Abs. 2 HGB beginne die Verjährung zwar mit dem Ende des Tages, an welchem die Auflösung der Gesellschaft ins Handelsregister eingetragen werde, beziehungsweise der Gläubiger einer GbR Kenntnis von deren Auflösung habe.

Die Regelung zu § 159 Abs. 1 Halbsatz 1 HGB finde gemäß dessen zweiten Halbsatz jedoch keine Anwendung, wenn die Ansprüche gegen die Gesellschaft einer kürzeren als der Fünfjahresfrist unterliegen.

Dieses sei bei einem Rückforderungsanspruch wegen eines unberechtigterweise erhaltenen Vorschusses für eine Terminsgebühr der Fall, der einer Regelverjährung von drei Jahren unterliege. Die stichtagsbezogene Verjährung von fünf Jahren gemäß § 159 HGB sei daher nicht anwendbar.

Eine Kombination von stichtagsbezogenem Beginn der Verjährung sowie der Dauer der Regelverjährung von drei Jahren widerspreche der Systematik der Verjährungsregeln. Eine hierdurch erfolgte Privilegierung der Gesellschafter einer aufgelösten Gesellschaft sei nicht gerechtfertigt. Die Revision wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Wie entschied der Bundesgerichtshof?

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Die Verjährung von Ansprüchen gegenüber den Gesellschaftern einer aufgelösten GbR richte sich nach der Regelung § 159 Abs. 1 HGB.

Die Verjährungsfrist betrage mithin fünf Jahre. Die Regelung zu § 159 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB betreffe nicht die dem Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft zustehende Verjährungseinrede. Die Formulierung der Regelung zu § 159 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB sei missverständlich. Es werde hiermit lediglich klargestellt, dass dem Gesellschafter weiterhin die Möglichkeit gemäß § 129 HGB zustehe, sich auf die Einrede der Verjährung der Gesellschaftsschuld zu berufen. Im konkreten Fall könne sich der Beklagte jedoch nicht darauf berufen, dass die Ansprüche gegenüber der Anwalts-GbR verjährt seien. Einem Gesellschafter sei verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung der Gesellschaftsverbindlichkeit zu berufen, sofern ihm gegenüber die Verjährung rechtzeitig gehemmt worden sei (d.h. sofern die Ansprüche gegenüber der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Vornahme der verjährungshemmenden Maßnahme oder später verjähren). Dieses sei im Februar 2019 durch das Erwirken der Mahnbescheide der Fall gewesen.


Bürgerliches Gesetzbuch

§ 195 Regelmäßige Verjährung

Die regelmäßige Verjährung beträgt drei Jahre.

§ 199  Beginn der regelmäßigen Verjährung und Verjährungshöchstfristen

(1)       Die regelmäßige Verjährung beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.  der Anspruch entstanden ist

2.  der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

§ 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung

(1)       Die Verjährung wird gehemmt durch

3. die Zustellung des Mahnbescheides im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABL. EU Nr. L 399 S.1)

Handelsgesetzbuch

§ 129 Einwendungen des Gesellschafters

(1)       Wird ein Gesellschafter wegen einer Verbindlichkeit der Gesellschaft in Anspruch genommen, so kann er Einwendungen, die nicht in seiner Person begründet sind, nur insoweit geltend machen, als sie von der Gesellschaft erhoben werden können.

§ 159 Ansprüche gegen die Gesellschafter

(1)       Die Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus Verbindlichkeiten der Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach der Auflösung der Gesellschaft, sofern nicht der Anspruch gegen die Gesellschaft einer kürzeren Verjährung unterliegt.

(2)       Die Verjährung beginnt mit dem Ende des Tages, an welchem die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister des für den Sitz der Gesellschaft zuständigen Gerichts eingetragen wird.