
Ein Kommentar der Herausgeberin Bianka Specker
Denken Sie schon oder ist es noch Zappenduster?
Wir leben derzeit in einer seltsamen Zeit. Es wird so ziemlich alles auf den Prüfstand gestellt, kein Stein bleibt auf dem anderen. Kennen Sie noch einen Lebensbereich, der von der „Zeitenwende“ nicht erfaßt wurde?
Auch jeder Bereich des gesellschaftlichen Lebens wurde auf den Kopf gestellt und von oben neu definiert. Dem Mehrheitswillen der Menschen wurde dabei wenig Beachtung geschenkt, das findet sich vor allem in der Sprache wieder. Meinen Kommentar zum Gendern empfand ich zunächst als mutig, hatte ich doch mit viel Gegenwind gerechnet. Doch der überwältigende Zuspruch aus aller Welt zeigte deutlich, dass die Menschen diese Sprachverhunzung leid sind. Es liest sich schwer, es macht keinen Sinn und überdies erschwert es vielen Menschen die Teilhabe an der Sprache, nicht nur jenen mit Sprach- oder Lernschwierigkeiten. Die Texte sind einfach fürchterlich. Mag der Sinn dahinter auch noch so moralisch gut erscheinen.
Die Keule mit der Moral
Die Keule der Moral schwingt dort, wo das Ansinnen mit sachlichen Argumenten nicht mehr durchsetzbar ist. Ob es Argumente überhaupt nicht gibt oder sie in einer anfänglichen Debatte vom cleveren Gegner zerlegt wurden, immer dann, wenn es nicht weitergeht, schwingt sie, die Keule der Moral.
„Du willst Deine Großeltern doch nicht umbringen?“, „Bist Du etwa unsolidarisch?“. Diese und viele ähnliche Sätze werden, gepaart mit einer gelassenen Arroganz, dem Gesprächspartner entgegengebracht. Mit der klassisch erhobenen Augenbraue oder dem Ausbreiten der Arme wie ein Priester während der Messe.
Wobei Gesprächspartner diese Art des Dialogs nicht richtig beschreibt, denn es finden doch eher Monologe statt. Es wird gar nicht zugehört, sondern es werden einfach die Textbausteine abgespult, bis es ein Ende haben möge. Wer will schon seine Großeltern gefährden? Da wird mit solchen Begriffen „Umbringen, Töten“, mit dem „Killervirus“ so sehr verbal überspitzt, dass der andere Gesprächspartner sich nun nicht nur in einer Verteidigungsstellung befindet, aus der er wieder herauskommen muss, sondern erstmal wegen der völlig abwegigen Beschuldigung sprachlos zurückbleibt.
Einige bleiben dann sprachlos. Es gibt viele Wege diese Situation zu erreichen. Es reicht ein Blick in die TV-Talkshows um zu erfahren, wie fit die Redner dort geschult sind.
Sprachlosigkeit
Es gibt Menschen, die wissen, dass sie keinen Boden in einem direkten offenen Dialog wettmachen können, sie würden verbal gnadenlos zerlegt. Da würden viele rhetorische Mittelchen und die Textbausteine nicht wirken, da schlicht die Basis der Argumentation fehlt. Hilfreich ist es in diesen Fällen sich einem Gespräch zu verweigern oder irgendwie aus dem Weg zu gehen. Um die Hoheit zu behalten ist es wichtig, den Gesprächspartner zu diskreditieren. Dafür gibt es seit eh und je verschiedene Möglichkeiten, je nach Zeitgeist. Der Hexengang in Osnabrück erinnert daran, dass es keine neue Erfindung ist. Ob es heute angesichts der neuen technischen Möglichkeiten weniger schlimm ist?
Scheuklappen
Kennen Sie die Funktion von Scheuklappen? Ich meine nun nicht die Scheuklappen, die im BDSM Bereich ihren Einsatz finden, da wird ja eher mit dem Reiz gespielt.
Abgesehen von Menschen, die sich imaginär freiwillig Scheuklappen aufsetzen, damit sie fürchterliche Dinge nicht wahrnehmen müssen, weil sie sie nicht ertragen, gibt es den Einsatz bei Pferden. Sie dient zum Schutz vor der Angst.
Sie sollen die Angst vor äußerlichen Einflüssen, Straßenverkehr, seltsamen und hektischen Bewegungen oder auch Geräuschen nehmen. Eingesetzt werden sie in oft in Pferdegespännen vom Kutscher auf der Pritsche, um die Pferde sicherer lenken zu können. Sie hören dann zwar noch das Knallen der Peitsche, wissen aber nicht, wo sie zuschlägt – sie sehen es nicht.
Aus dem Auge aus dem Sinn
Ja, irgendwie funktioniert das schon, aber wie lange kann etwas ausgeblendet werden? Die Sinne umfassen mehr, die Intuition, der natürliche Instinkt lassen eine innere Unruhe aufkommen und das Gefühl: Hier stimmt etwas nicht und die Angst oder eine innere Unruhe bleibt bestehen.
Angst hält gefangen oder läßt gefangen halten, je nachdem. Haben Sie schon mal versucht, komplexe Gedanken zu fassen, wenn sie Angst haben? Oder gar Panik? Die Gedanken sind eher simpler Natur.
Der Zustand ist für Lebewesen wohl nicht lange aushaltbar, wir sind dafür nicht ausgelegt. Wir sehnen uns nach Liebe und Geborgenheit. Sicherheit ist dabei von größter Wichtigkeit, ohne das subjektive Gefühl der Sicherheit können positive Gefühle nicht gedeien.
Positive Energie
Mag es auch alles wohl organisiert sein, die Zügel straff angezogen, den Pferden die Scheuklappen aufgesetzt, sie behutsam eingespannt- wenn der Kutscher nichts Gutes im Sinn hat, wird die Fahrt nicht von langer Dauer sein.
Nur wer hehre Absichten hat, wahrhaftig agiert und sicher ist, strahlt eine positive Energie aus, die zum Verweilen einlädt.

Bildquellen
- Scheuklappen: MemoryCatcher
- Pferd: wal_172619