
Der Vorsitzender der Bezirksstelle Osnabrück der Ärztekammer Niedersachsen, Dr. Steffen Grüner, äußert erhebliche Bedenken und Kritik an der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU).
Der jüngst in der noz geschilderte Fall einer Osnabrücker Unternehmens verdeutliche die gravierenden Probleme, die mit dieser digitalen Initiative einhergingen, so Dr. Grüner. Der Mediziner teile die Sorgen von Kai Schaupmann, Geschäftsführer des Osnabrücker Handwerkbetriebes „Joh. Wolfgang Fischer“, über den unerwarteten bürokratischen Aufwand und das Durcheinander, das die Einführung der elektronischen AU verursacht habe.
Der praktizierende Arzt betont, dass der Übergang vom herkömmlichen „Gelben Schein“ zur eAU keineswegs die erhoffte Erleichterung für Arbeitgeber, Ärzte und Patienten gebracht habe. Vielmehr zeige sich, dass das System mit erheblichen Problemen zu kämpfen habe.
Er kritisiert nachdrücklich den Mangel an Einbindung und Kommunikation mit den betroffenen Unternehmen, aber auch Praxen und Kliniken im Vorfeld der Einführung der eAU. Dr. Grüner hebt hervor, dass dieser Mangel an Kooperation und Planung zu den aktuellen Herausforderungen auch zu dem dem „völligen Chaos“ geführt habe, das in zahlreichen Betrieben spürbar sei.
Dr. Grüner äußert ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbelastung für Unternehmen und Ärzte infolge der elektronischen AU. Er bezeichnet das System als „teuren Rohrkrepierer“, der die Arbeitgeber mit unnötigen Hürden und Unsicherheiten belastet.
Der Mediziner schließt sich der Meinung an, dass die eAU nicht die erhoffte Vereinfachung für Arbeitgeber und Patienten darstellt, sondern stattdessen zusätzlichen administrativen Aufwand, Kosten und Unsicherheiten mit sich bringe:
„Die Betriebe, aber auch Patienten und Ärzte und Therapeuten verdienen es, nicht mit digitaler B-Ware beworfen zu werden und für die vielen Bugs der digitalen Verarbeitung gerade zu stehen. In meiner Praxis drucke ich die Arbeitsunfähigkeit weiterhin aus, denn das ist einfacher für alle. Die Politik hat hier Gesichtswahrung dadurch betrieben, dass die Arbeitsunfähigkeit in der die Papierform – entgegen vorheriger Ankündigungen – weiter gilt.“
Wird es Probleme auch bei der Einführung anderer digitaler Projekte geben?
Dr. Steffen Grüner äußert außerdem seine Sorge darüber, dass ähnliche Probleme auch bei der Einführung anderer digitaler Projekte im Gesundheitswesen auftreten könnten. Er warnt vor möglichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem eRezept und der elektronischen Patientenakte (ePA), die seiner Ansicht nach ebenfalls hinter den Erwartungen zurückbleiben und ebenfalls mit erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden sein könnten.
Die Bezirksstelle Osnabrück fordert eine umfassende Überprüfung und Überarbeitung der aktuellen digitalen Projekte im Gesundheitswesen. Dr. Steffen Grüner unterstreicht die Notwendigkeit, die tatsächlichen Anforderungen und Bedürfnisse der betroffenen Akteure sorgfältig zu berücksichtigen, um zukünftige Projekte erfolgreich umzusetzen.
Bildquellen
- Doktor, Arzt: Tung Nguyen/Pixabay