
Beim Anblick von Spinnen empfindet nicht jeder Mensch pure Freude, doch die Entdeckung dieses Exemplars sorgte für Begeisterung. Dr. Timotheus K. T. Wolterbeek, kurz Tim Wolterbeek genannt, entdeckte das 310 bis 315 Millionen Jahre alte Exemplar im Steinbruch Piesberg bei Osnabrück. Der hiesige Spinnenfund trägt den Namen „Arthrolycosa wolterbeeki“.
Spinnen sind eine der Erfolgsgeschichten der Natur und seit Millionen von Jahren wichtiger Bestandteil der Ökosysteme. In einem kürzlich in der internationalen Fachzeitschrift „Paläontologische Zeitschrift“ veröffentlichten Artikel beschrieb Dr. Jason Dunlop vom Museum für Naturkunde Berlin die älteste jemals in Deutschland entdeckte Spinne, die zwischen 310 und 315 Millionen Jahre alt ist.
Bisher wurden weltweit mehr als 51.000 Arten beschrieben, sie sind im World Spider Catalog zu finden. Etwa tausend Arten leben derzeit in Deutschland. Spinnen sind auch als Fossilien überliefert. Weltweit sind mehr als 1.400 ausgestorbene Arten bekannt. Die ältesten Exemplare reichen mehr als 300 Millionen Jahre bis ins Karbonzeitalter zurück.
Die „Piesbergerspinne“, die Wolterbeek dem Museum für Naturkunde Berlin übergab, ist die älteste jemals in Deutschland entdeckte Spinne. Diese Spinne ist zwischen 310 und 315 Millionen Jahre alt und wurde nach ihrem Entdecker Tim Wolterbeek benannt. Sie bereichert nun die 30 Millionen Objekte umfassende Forschungssammlung des Museums.
Die Spinne hatte vermutlich eine Körperlänge von etwa einem Zentimeter und eine Beinspannweite von etwa vier Zentimeter. Das Fossil ist gut genug erhalten, um Details der seidenproduzierenden Spinndüsen und sogar Haare und Krallen an den Beinen zu sehen. Arthrolycosa wolterbeeki gehört zu einer primitiven Gruppe von Spinnen, den sogenannten „Gliederspinnen“, die im Gegensatz zu den meisten Spinnen heute noch einen segmentierten Hinterleib haben. Die lebenden Verwandten der Piesbergerspinne kommen nur noch in Ostasien vor.
Der Piesberg ist ein wichtiger Fossilienfundort für Deutschland und wurde 2019 zum Nationalen Geotop erklärt. Der Steinbruch hat zahlreiche Fossilien von Pflanzen, Insekten und anderen Tieren, darunter auch Spinnentiere wie Skorpione, hervorgebracht. Dieses neue Fossil zeigt, dass Spinnen im späten Karbon auch in den Steinkohlewäldern am Piesberg lebten.
Spinnen dieses Alters sind noch äußerst selten. Weltweit können nur zwölf Arten aus dem Karbonzeitalter sicher als Spinnen identifiziert werden, wobei frühere Belege aus Frankreich, der Tschechischen Republik, Polen und den USA stammen.
Arthrolycosa wolterbeeki ist die erste und älteste Spinne aus Deutschland, die nächstälteste stammt aus dem Mesozoikum (Jura). Obwohl Spinnen heute weit verbreitet und häufig vorkommen, scheinen sie vor mehr als 300 Millionen Jahren selten gewesen zu sein. Moderne Gliederspinnen verbringen den größten Teil ihres Lebens in einem Bau, der von Seidenfäden umgeben ist, die als „Stolperdrähte“ fungieren.
Wenn Fossilien wie Arthrolycosa wolterbeeki einen ähnlichen Lebensstil gehabt hätten, wären sie möglicherweise nur gelegentlich hinausgegangen und selten ins Wasser gefallen, was eine Voraussetzung für die Überlieferung als Fossil ist.
Die große Evolution und Verbreitung der Spinnen begann wahrscheinlich erst später zusammen mit den Insekten, die es in Netzen aus der Luft zu fangen galt.
Veröffentlicht in: Dunlop, J. A. 2023. The first Palaeozoic spider (Arachnida: Araneae) from Germany. Paläontologische Zeitschrift. https://doi.org/10.1007/s12542-023-00657-7
Bildquellen
- Alte-Piesbergspinne_-Jason-Dunlop-titel: Jason Dunlop
- alte-Piesberg-Spinne_Jason-Dunlop-1: Jason Dunlop
- alte-Piesberg-Spinne_-Jason-Dunlop-2: Jason Dunlop