Verfassungsbeschwerde gegen WHO Pandemievertrag erfolglos

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Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 15. September 2023, 2 BvR 1082/23, eine Verfassungsbeschwerde gegen eine künftige Mitwirkung Deutschlands an Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften 2005 und am internationalen Pandemievertrag für erfolglos erklärt.

Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat eine Verfassungsbeschwerde erst gar nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen die zukünftige Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland zu den geplanten Änderungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 2005 und zu einem internationalen Pandemievertrag beziehungsweise gegen den zukünftigen Erlass eines entsprechenden Ratifikationsgesetzes richtet.

Die WHO-Mitgliedstaaten befinden sich in Verhandlungen über den möglichen Abschluss eines internationalen Pandemievertrags, in dem verschiedene Maßnahmen der Pandemieprävention, Pandemievorsorge und Pandemiereaktion geregelt werden sollen.

In diesem Zusammenhang sollen auch die Internationalen Gesundheitsvorschriften überarbeitet werden.

Die Beschwerdeführerin meint, dass die WHO aufgrund der derzeit verhandelten Regelungen legislative und exekutive Gewalt erhalten solle und hierdurch die Souveränität der Mitgliedstaaten aufgehoben werde.

Die Verfassungsbeschwerde ist laut Beschluss in diesem Stadium unzulässig. Die zukünftige Mitwirkung Deutschlands an dem geplanten Abschluss eines Pandemieabkommens und der geplanten Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften sei kein tauglicher Beschwerdegegenstand.

Derzeit noch Verhandlungsstatus, kein Zustimmungsgesetz

Sie löst keine innerstaatlichen Rechtswirkungen aus, die geeignet wären, die Beschwerdeführerin in ihren Rechten zu verletzen. Da die Verhandlungen auf internationaler Ebene noch andauern, gibt es auch kein Zustimmungsgesetz, das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte.

Zwar können Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen schon vor ihrem Inkrafttreten vor dem Bundesverfassungsgericht angegriffen werden. Die zu überprüfende Norm muss jedoch bereits erlassen – wenn auch nicht notwendigerweise schon in Kraft getreten – sein.

Dies setzt voraus, dass sich Bundestag und Bundesrat abschließend mit dem Gesetz befasst haben, es also nur noch der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und der Verkündung bedarf.

Beim Bundesverfassungsgericht sind derzeit mehr als 1600 weitere, nahezu identische Verfassungsbeschwerden anhängig.

Worum geht es bei der Klage

Im Dezember 2021 einigten sich die Mitgliedstaaten der WHO auf den Beginn des Prozesses der Ausarbeitung und Aushandlung eines Übereinkommens, einer Vereinbarung oder eines anderen internationalen Instruments zur Stärkung der Pandemieprävention, -vorsorge und -reaktion.

Das für die Durchführung der Verhandlungen eingesetzte zwischenstaatliche Verhandlungsgremium veröffentlichte im Februar 2023 und im Juni 2023 Entwürfe für ein internationales Abkommen als Grundlage für die weiteren Verhandlungen. Nach den Entwürfen sollen insbesondere bei zukünftigen Pandemien Forschungsmaßnahmen sowie die Verteilung von Impfstoffen koordiniert und Informationen unter den Vertragsstaaten rascher ausgetauscht werden.

Einzelne mögliche Sanktionen gegen Vertragsstaaten beziehungsweise die Einführung eines Sanktionssystems sind den Entwurfstexten nicht zu entnehmen. Bis Mai 2024 soll ein unterschriftsreifer Vertragstext ausgehandelt sein. In diesem Zusammenhang sollen auch die Internationalen Gesundheitsvorschriften 2005 überarbeitet werden.

Die Beschwerdeführerin rügt im Wesentlichen, dass die WHO aufgrund der derzeit verhandelten Regelungen legislative und exekutive Gewalt erhalten solle und hierdurch die Souveränität der Mitgliedstaaten aufgehoben werde. Die WHO und deren Generaldirektor könnten in selbst ausgerufenen Pandemien und Gesundheitsnotständen verbindliche Anordnungen treffen und Entscheidungen souveräner Staaten über Gesundheitsmaßnahmen außer Kraft setzen.

Die geplanten Regelungen des Pandemievertrags und der reformierten Internationalen Gesundheitsvorschriften führten zur Einschränkung von Grund- und Menschenrechten und verletzten das Demokratieprinzip, das Wahlrecht der Beschwerdeführerin und die Verfassungsidentität des Grundgesetzes.

Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht den gesetzlichen Substantiierungsanforderungen

„Die Begründung der Verfassungsbeschwerde lässt“, so das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss, „eine mögliche Verletzung von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten inhaltlich nachvollziehbar nicht erkennen.“

„Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Verfassungsidentität und ihres Wahlrechts infolge einer beabsichtigten Hoheitsrechtsübertragung rügt, setzt sie sich nicht detailliert mit den einzelnen Artikeln der Entwurfstexte hinsichtlich möglicher konkreter innerstaatlicher Rechtswirkungen auseinander und zeigt insbesondere nicht auf, dass die derzeitigen Entwurfstexte auf eine mit den Vorgaben des Grundgesetzes unvereinbare Hoheitsrechtsübertragung an die WHO abzielen“, so das Bundesverfassungsgericht.

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