
Der Feiertag der Deutschen Einheit wurde hierzulande genutzt, um auf vielfältige Weise Zeichen zu setzen. Ob Großdemo in Berlin oder auch Streiktag in Osnabrück, vielen Menschen war es ein Bedürfnis, auf ihre Anliegen oder ihren Unmut aufmerksam zu machen- damit es besser werden kann.
So streikten auf dem IKEA Parkplatz Osnabrück circa 100 Beschäftigte aus dem Einzelhandel am verkaufsoffenen Montag. Es waren Beschäftigte von Ikea Osnabrück, dem Kaufland Osnabrück, dem E-Center an der Bührener Straße sowie Beschäftige vom Marktkauf aus Osnabrück Nahne und dem Marktkauf aus Belm vor Ort.
Was fordern die Streikenden?
Wie wir vor Ort erfuhren, sind seit dem 1. Mai diesen Jahres die Lohn- und Gehaltstarifverträge für den Handel in Niedersachsen gekündigt. „Die Gewerkschaft ver.di fordert für seine Mitglieder eine Lohnerhöhung von 2,50 Euro mehr die Stunde, für die Azubis 250,- € mehr im Monat bei einer Laufzeit von 12 Monaten. Außerdem sollen die unteren Lohngruppen auf mindestens 13,50 steigen. Doch diese Forderungen verwehren die Arbeitgeber bislang vehement“, erklärte uns eine Beschäftigte vor Ort.
Warum die Beschäftigen statt eines langes Wochenendes die Fahrt auf dem Weg zum Streik machten, wurde uns eindrucksvoll erzählt. Auf die Forderung einiger Tarifkommissionsmitglieder, „Wir wollen von unserer Hände Arbeit leben können!“ soll die Arbeitgeberseite sinngemäß geantwortet haben, dass derjenige, der von seiner Arbeit nicht mehr leben könne, zum Amt gehen und „Aufstockung“ beantragen solle.
Solche Äußerungen empfanden die Beschäftigen als „einen Schlag ins Gesicht“, da waren sich die Kollegen vor Ort einig. In der Zeit der Pandemie wurden sie als Beschäftigte im Einzelhandel als systemrelevant angesehen, nun bei Rezession und Inflation stand die Frage im Raum, was sie noch wert seien? „Wir müssen doch von unserer Arbeit leben können“, so ein Beschäftiger. Ihm sei es nicht möglich, mehrere Jobs anzunehmen, wie es heutzutage im Erwerbsleben ja schon oft gesehen wird.

Warum sind die Lohnverhandlungen ins Stocken geraten?
„Die Arbeitgeber wiederholen seit Anfang Juli immer wieder ihr Angebot von 5,3%, was aber die Inflation nicht annähernd ausgleicht.
Gerade in den unteren Lohngruppen würde das eine Erhöhung von circa 0,62 Euro bedeuten und die Einstiegsgehälter würden damit immer noch unter dem Mindestlohn liegen. Die Arbeitgeber sind bisher nicht bereit über eine besondere Stärkung der unteren Lohngruppe zu reden“, erklärte uns ein Tarifkommissionsmitglied von ver.di.
Hinzu käme die Ungerechtigkeit der fehlenden Wertschätzung und Anerkennung für den Beruf Verkäufer/Einzelhandelskaufmann: „Wenn zum Beispiel eine Verkäuferin nach der Ausbildung eingruppiert wird, soll das nach Ansicht der Arbeitgeber mit einem Stundenlohn von 13,31 erfolgen. Das ist nur gering über dem Mindestlohn. Das ist einfach nicht gerecht und hat mit Wertschätzung nichts zu tun“, lautete die Erklärung.

Seit Oktober zahlten einige Arbeitgeber freiwillig „schon mal 5,3% mehr Lohn“, das sei aber „wenn man die bereits hinter uns liegenden Null Monate mit einrechnet“ aufs Jahr gerechnet, nur eine Erhöhung von 3,2 Prozent und würde einen Reallohnverlust bedeuten. „Egal wie man es wendet, die Verbraucherpreissteigerungen können damit nicht annähernd ausgeglichen werden“, so der einhellige Tenor der Streikenden vor Ort.
In Zeiten von Inflation und steigenden Lebensmittelkosten und den immer größeren Löcher in die Taschen der Beschäftigten, ginge es so einfach nicht weiter. Daher der Streik.
„Wer ein Lohndefizit vorschlägt, darf sich nicht wundern, wenn Supermarktregale leer bleiben. Wer darüber hinaus behauptet, die Gewerkschaft würde einem Abschluss im Wege stehen, aber selbst kein neues Angebot vorlegt, muss sich nicht wundern, wenn weiter gestreikt wird. Vor allem Frauen leiden unter den niedrigen Einkommen!“, wurde uns vor Ort erklärt.
Die Beschäftigen sehen Streik und Arbeitsniederlegung als das einzige Mittel, nur so sei eine Verhandlung auf Augenhöhe möglich:
„Streikrecht ist ein Grundrecht, dass in Artikel 9 unseres Grundgesetzes verankert ist. Und dieses Recht nehmen wir wahr, bis die Arbeitgeber endlich ein wertschätzendes Angebot unterbreiten und ihre Blockadehaltung aufgeben.“
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- Streik IK: privat