
Ein Kommentar von Bianka Specker
Demonstrationen sind heute angesichts der zahlreichen Einschnitte in die persönlichen Belange der Bürger und vor allem in dessen Portemonnaie zu einer Dauerinstitution geworden. Demonstrationen gibt es nun in vielfältiger Art als Kundgebungen, Spaziergänge oder als schweigende Mahnwache; sitzend, stehend, gehend oder nun mit Fahrzeugen. Großen Fahrzeugen, Lastkraftwagen, Traktoren und sogar Viehtransportern.
Die Anmeldungen bei der zuständigen Osnabrücker Versammlungsbehörde erweisen sich dabei nicht immer einfach, wie unsere Redaktion erfuhr. Unser Interesse weckte die Demonstration der Landwirte und Unternehmer gegen die Mauterhöhung und den CO2 Zuschlag am Tag vor Heiligabend, dem 23. Dezember 2023. Wir hatten erfahren, dass die dem Veranstalter von der Stadt Osnabrück genehmigte Strecke nur einmal befahren werden durfte, angeblich wegen des CO2 Austoßes der teilnehmenden Fahrzeuge.
Wir stellten eine Anfrage beim zuständigen Presseamt der Stadt und erhielten vom Pressesprecher Arne Köhler eine ausführliche Antwort. Der gelernte Journalist war bis zu seinem Wechsel in die Stadtverwaltung seit 2009 als Redakteur bei der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ beschäftigt.
Wir stellten folgende Anfrage:
„Am kommenden Samstag, dem 23.12. findet in Osnabrück eine Demonstration gegen die Mauterhöhung und den CO2 Zuschlag mit Fahrzeugen statt.
Nach Auskunft der Veranstalter darf die von der Stadt genehmigte Strecke (um den Wall) nur einmal befahren werden.
Falls diese Aussage korrekt ist, folgende Fragen:
- Wer hat diese Entscheidung getroffen?
- Wie begründet die Stadt Osnabrück diese Einschränkung?
Wir erhielten folgende Antwort:
Es handelt sich um eine Versammlung nach dem Niedersächsischen Versammlungsgesetz.
Versammlungen müssen nicht genehmigt werden. Allerdings sind beschränkende Verfügungen erlaubt. Diese dienen dazu, einen Interessenausgleich unterschiedlicher Belange herbeizuführen sowie die Sicherheit zu gewährleisten.
Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, im Vorfeld über die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung zwischen den Versammlungsbehörden und den die Versammlung anmeldenden Personen in eine Kooperation einzutreten. Im Rahmen eines Kooperationsgesprächs wurde die Modalität, nach der Sie fragen, zwischen den Beteiligten einvernehmlich abgestimmt.
Da es sich um eine konsensuale Beteiligung handelt, bedarf es keiner zu begründenden Beschränkung. Grundsätzlich möchten Versammlungsteilnehmer für ihr Anliegen Aufmerksamkeit generieren. Den meisten Versammlungsteilnehmern liegt es fern, den Unmut von Unbeteiligten auf sich zu ziehen, sodass Mittel und Maß im Zweifel eher moderat gewählt werden.
Es gab aufgrund der „Einvernehmlichkeit“ keine Begründung, weil die Beschränkung freiwillig erfolgte.
Dabei wäre es höchstinteressant gewesen, warum die Kundgebungsfahrt und damit das gesetzlich verankerte Versammlungsrecht auf eine Fahrt um den Wall hätte beschränkt werden können. Eine beschränkende Verfügung des Versammlungsrechts aufgrund des Ausstoßes von Kohlendioxid war uns bisher nicht bekannt und es stellt sich die Frage, ob dieser Verwaltungsakt rechtmäßig gewesen wäre.
Abgesehen von der Verhältnismäßigkeit einer solchen Einschränkung stellt sich auch die Frage nach der Grenze, bis zu der ein CO2 Ausstoß als vertretbar eingestuft wird, immerhin atmen auch Menschen ständig und dauerhaft CO2 aus und in der Umgebungsluft sind bis zu 0,04% Kohlendioxid enthalten. Bei den Fahrzeugen handelt es sich um moderne Fahrzeuge, nicht mehr um stinkende Traktoren und abgesehen davon ist der Wall am Tag vor Heiligabend nicht frei von CO2 ausstoßenden Fahrzeugen.
Sei´s drum. Nun hat eine erneute Kundgebung in Osnabrück nicht stattfinden können. Am Freitag, den 26. Januar erreichte die Stadt ein Konvoi mit circa 500 Fahrzeugen die Osnabrücker Innenstadt. Die Fahrer der Traktoren und LKW waren in Ladbergen nach einer dortigen Kundgebung gestartet, von der Martinistraße ging es bis zur Auflösung um den Wall.
Die Kundgebung fand in Ladbergen statt, weil dem Veranstalter Marcel Tatu, Inhaber eines Baum- und Gartenpflegebetriebes, eine Kundgebung in Osnabrück verboten worden war, die Parkplatzsituation am Zoo, am Kreishaus oder auf dem Parkplatz eines Einkaufscenters in Nahne, schienen dafür nicht geeignet.
Gestern bei der Osnabrücker Ratssitzung gab es als vorletzten Punkt auf der Tagesordnung des Punkt „Lärmschutz bei Demonstrationen“. Es war keine weitere Information angefügt und so überraschte es doch etwas, dass Dr. Fritz Brickwedde von der CDU zu dem Anliegen sprach. Schließlich wird den Bauern und Verbänden eher eine Nähe zur Union nachgesagt und es befanden sich bei der Veranstaltung vor dem Rathaus ausschließlich Unionspolitiker.
Dr. Fritz Brickwedde ist aber eben auch Zoopräsident und als solcher war er über das Verbot der Versammlung dort froh, so hatten die Tiere im Zoo wenigstens einen ruhigen Abend.
Während dieser Punkt nachvollziehbar erscheint, überraschte dann die Frage Brickweddes nach der Möglichkeit einer Lärmreduktion eher allgemeiner Art, das lautstarke Hupen der demonstrierenden Landwirte und Unternehmer störe schließlich auch die Anwohner.
Die zahlreichen Versammlungen nahmen ihren Anfang mit den Demonstrationen gegen Grundrechtseinschnitte während der Corona-Zeit. Während man diese mit der Pflicht zum Tragen einer FFP2 Maske auch während des Umzuges unter freiem Himmel ziemlich geräuschlos gestalten konnte, ist nun nach der Aufhebung der Maßnahmen bei einer solch imposanten Fahrzeugmenge und vor allem auch möglicher Lautstärke guter Rat gefragt.
Es bleibt abzuwarten, ob Marcel Tatu die angekündigte Versammlung in Osnabrück diesmal gelingt und ob die Osnabrücker das von weithin wahrnehmbare und einzigartige Hupen der Fahrzeuge, welches zahlreiche Menschen an die Fenster holte, noch einmal hören werden.