
Die 6. Große Strafkammer – Schwurgericht – des Landgerichts Osnabrück hat am Donnerstag ihr Urteil in dem Verfahren wegen der Tötung eines 32 Jahre alten Mannes aufgrund einer Kollision auf der A 33 gesprochen, Geschäftszeichen 6 Ks 4/24, vgl. PM 14/24.
Der 30-jährige Angeklagte wurde vom Gericht wegen fahrlässiger Tötung sowie wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 10 Monaten verurteilt.
Das Gericht war davon überzeugt, dass der 30 Jahre alte Angeklagte am frühen Morgen des 30. Oktober 2023 auf der A 33 den Fahrer eines VW Phaeton mehrfach bedrängte und durch Auffahren und Ausbremsen schikanierte.
„Als sich beide Fahrzeuge ungefähr auf gleichen Höhe befanden, lenkte der Angeklagte – nachdem er sich auf der linken Fahrspur hatte zurückfallen lassen – sein Fahrzeug ruckartig nach rechts in Richtung des auf der rechten Fahrspur fahrenden Fahrzeuges, abermals um dessen Fahrer zu bedrängen und zu schikanieren“, stellte das Gericht fest.
Aufgrund dieses Fahrmanövers sei der kollidierte sein Fahrzeug mit dem VW Phaeton, der dabei über die rechte Außenleitplanke flog, sich überschlug und in einer Entfernung von 100m in dichtem Buschwerk liegen blieb. Der Fahrer des VW Phaeton wurde hierbei schwerverletzt. Er ist heute noch nicht arbeitsfähig.
Der Beifahrer verstarb noch am Unfallort an den Folgen des schweren Unfalls.
Der 30-jährige Drängler hielt nach der Kollision am Fahrbahnrand an. „Maßnahmen zur Feststellung seiner Beteiligung an dem Unfallgeschehen wurden von ihm in der Folge nicht unverzüglich ergriffen“, urteilte das Gericht.
Fahrlässige Tötung und unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Es würdigte die Taten als fahrlässige Tötung in Tatmehrheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort.
Das Verhalten des Angeklagten sei sehr gefährlich gewesen. Er habe den anderen Verkehrsteilnehmer bedrängt und mit seiner Fahrweise schikaniert. Insoweit habe er auch mit Gefährdungsvorsatz gehandelt. Dem Angeklagten sei indes nicht der Vorwurf der Anklage, insbesondere der des Mordes, nachzuweisen.
Gefährdungsvorsatz – aber kein Schädigungs-, Körperverletzungs- und Tötungsvorsatz
Eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände führe laut Urteilspruch nicht zu Annahme von Schädigungs-, Körperverletzungs- und Tötungsvorsatz.
Neben weiteren Umständen berücksichtigten die Richter, dass nicht anzunehmen sei, dass der Angeklagte auch die Verletzung seiner Person sowie die Beschädigung des von ihm geführten, ihm aber nicht gehörenden Fahrzeuges billigend in Kauf genommen habe: Er habe zur Arbeit fahren wollen.
Das Lenken nach rechts in Richtung des VW Phaeton sei letztlich eine weitere Schikane gegenüber dem Fahrer des VW Phaeton gewesen. Zudem sei der Winkel der Fahrzeuge zueinander sehr spitz gewesen, was auch gegen ein vorsätzliches „Von der Straße rammen“ spreche. Strafbarkeiten wegen Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB) und wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) würden laut Gericht ausscheiden. Es bleibe insoweit eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB).
Eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB) käme nicht in Betracht, da dafür der Strafantrag fehle und kein besonderes besonderen öffentliches Interesse (§ 230 StGB) gegeben sei.
Der Angeklagte habe keine rechtzeitigen Maßnahmen zur Feststellung seiner Beteiligung an dem Unfallgeschehen ergriffen, deswegen erfolgte eine Verurteilung auch wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort.
Tat- und schuldangemessene Freiheitstrafe
Tat- und schuldangemessen sei unter Berücksichtigung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände für die fahrlässige Tötung eine Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten und für das unerlaubte Entfernen vom Unfallort eine Freiheitsstrafe von 6 Monaten. Die Gesamtfreiheitsstrafe betrage nach nochmaliger Würdigung aller Umstände 3 Jahre und 10 Monate.
Das Gericht berücksichtige beim Strafmaß, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war. Erschwerend kam jedoch hinzu, dass der Angeklagte aus „nichtigem Anlass einen massiven Verkehrsverstoß“ begangen habe. Das Gericht sah als erwiesen an, dass bei Geschwindigkeiten zwischen 110 km/h und 130 km/h das ruckartige Lenken in Richtung eines anderen Verkehrsteilnehmers ein besonders hohes Gefährdungspotential habe.
Das Urteil des Schwurgerichts ist nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit der Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) angegriffen werden.
Bildquellen
- LandgerichtOS: Bianka Specker