
Marie-Christine Ostermann: Die Wirtschaft sendet SOS an die Politik und an die Wähler
Mehr als tausend Unternehmer gingen vor dem Brandenburger Tor in Berlin beim bundesweiten Wirtschaftswarntag auf die Straße. Sie forderten eine Wende in der Wirtschaftspolitik. Im ganzen Land machten hunderte Unternehmen mit Protestaktionen an den Werkstoren auf die schlechte Wirtschaftspolitik aufmerksam.
Eine mit 140 Verbänden bislang größte jemals in Deutschland gebildete Wirtschaftsallianz hatte zu dieser Aktion aufgerufen, die mit eindrucksvollem SOS-Sirenengeheul begann.
Auch in München, Hamburg und Stuttgart forderten Unternehmer bei Kundgebungen eine neue Wirtschaftspolitik. In Berlin sprachen neben der Präsidentin der Familienunternehmer unter anderem Vertreter von BGA, dem Baugewerbe, den Selbständigen und Gesamtmetall sowie die Unternehmerlegende Arndt Kirchhoff.
Arndt Kirchhoff trat als erster Redner ans Pult und erklärte mit deutlichen Worten die Dringlichkeit: „Es entscheidet sich jetzt, ob ein starkes Industrieland bleibt, oder ein Industriemuseum wird.“

Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Verbands „Die Familienunternehmer“ erklärt zum Wirtschaftswarntag:
„Dieser Wirtschaftswarntag ist der SOS-Ruf der Unternehmer an die Politik und die Wähler. Wir wollen deutlich machen, was sich an der Wirtschaftspolitik in Deutschland ändern muss. Und zwar so schnell wie möglich. Denn der deutschen Wirtschaft geht es schlecht. Richtig schlecht. Während andere Industrieländer wachsen, verliert Deutschland Woche für Woche an Substanz.
Es geht nicht mehr nur um immer mieser werdende Wirtschaftszahlen, es geht um Existenzen. Für viele Familienunternehmer ist der Standort Deutschland mittlerweile so schlecht, dass sie wenig oder gar nicht mehr investieren.
Wir sehen zu wenige Existenzgründungen, stattdessen immer mehr Insolvenzen und immer mehr Verlagerungen von Produktionen ins Ausland.
All dies führt zu Stellenabbau, wodurch immer mehr Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren. Der Standort Deutschland ist im internationalen Vergleich schon seit vielen Jahren langsam immer weiter abgerutscht. Aber die letzten drei Jahre sind wir regelrecht abgestürzt. Das hätte eine kluge Wirtschaftspolitik verhindern müssen.
Die SPD stellt seit drei Jahren die beiden Minister, die für die Lohnzusatzkosten verantwortlich sind, die steigen und steigen. Aber in der gesamten SPD gibt es keinen Versuch, diesen Anstieg zu bremsen. Im Gegenteil: mit ihrem Rentenkonzept erhöht die SPD die Lohnzusatzkosten sogar noch dramatisch. Und der Wirtschaftsminister, der nun auch noch Kanzler werden will, hielt es beim Grünen Parteitag nicht einmal für nötig, überhaupt etwas zur Wirtschaftslage zu sagen.
Die Bundestagswahl wird richtungsentscheidend für die Rettung unserer Wirtschaft. Entscheidend ist nicht, ob ein Kanzlerkandidat sympathisch wirkt. Entscheidend ist: Welche Wirtschaftspolitik haben die einzelnen Parteien beschlossen? Und haben deren Top-Politiker die nötige Wirtschaftskompetenz? Denn Deutschland braucht jetzt die Wirtschaftswende.“
In einem gemeinsamen 10-Punkte-Forderungspapier fordern die 140 Verbände die Wirtschaftswende. Dazu zählen unter anderem massiver Bürokratieabbau, Senkung von Steuern, Sozialabgaben und Energiepreisen, mehr Freihandelsabkommen und ein besserer Ausbau der Infrastruktur.
Das 10-Punkte-Forderungspapier
Aus Sicht der Wirtschaft sind das folgende Punkte:
- Ein umfassender, alle bisherigen Versuche weit übersteigender Bürokratieabbau.
- Steuersenkungen für Unternehmen und Arbeitnehmer mindestens auf den EU-Durchschnitt.
- Eine Rückkehr zur Obergrenze der Sozialabgaben von 40 Prozent.
- International wettbewerbsfähige Energiepreise für alle Unternehmen in Deutschland.
- Konzentration auf den EU-Emissionshandel als zentrales klimapolitisches Instrument und vollständige Rückgabe der Einnahmen an Bürger und Unternehmen.
- Ein Arbeitsrecht, das Unternehmern und Arbeitnehmern viel mehr Flexibilität ermöglicht.
- Eine Infrastruktur- und Dienstleistungsoffensive: Straße, Schiene, Wasserstraße, Luftverkehr und digitale Administration müssen europäische Spitze werden.
- Die Staatsaufgaben müssen neu priorisiert werden, um Spielräume für mehr Infrastrukturausgaben und Steuersenkungen zu schaffen.
- Der Freihandel muss gestärkt, weitere Freihandelsabkommen müssen geschlossen werden.
- EU und Euro müssen als Garanten für den deutschen Wohlstand erhalten bleiben, aber die EU-Institutionen und Zuständigkeiten bedürfen einer Aufgaben- und Organisationskritik.
Mehr dazu: wirtschaftswarntag.de
Bildquellen
- Wirtschaftswarntag in Berlin vom 29.1.2025 T: Marc-Steffen Unger
- Wirtschaftswarntag in Berlin vom 29.1.2025 Rede: Marc-Steffen Unger