
Heute verkündete der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts sein Urteil, in dem die Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 (SolZG 1995) in der Fassung vom 10. Dezember 2019 zurückgewiesen wurde.
Die Beschwerdeführer hatten sich gegen die Fortführung des Solidaritätszuschlags ab 2020 sowie dessen nur teilweisen Abbau ab 2021 gewandt. Sie sahen unter anderem ihre Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) und den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) verletzt. Das Gericht entschied jedoch, dass der Soli verfassungsgemäß ist.
Was ist der Solidaritätszuschlag?
Der Solidaritätszuschlag wurde zum 1. Januar 1995 eingeführt, um den finanziellen Mehrbedarf des Bundes infolge der Wiedervereinigung Deutschlands zu decken. Der Soli ist eine Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 Grundgesetz (GG) und beträgt seit 1998 5,5 % der jeweiligen Steuer.
Seit 2021 gilt er nur noch für bestimmte Einkommensteuerpflichtige mit höherem Einkommen sowie für alle Körperschaftsteuerpflichtigen, also Unternehmen. Freigrenzen und eine Gleitzone mildern die Belastung für Geringverdiener, wobei diese Regelungen ab 2021 deutlich erweitert wurden.
Argumente der Beschwerdeführer
Die Beschwerdeführer kritisierten, dass der Solidaritätszuschlag trotz veränderter Umstände unverändert erhoben wurde (2020) beziehungsweise nur teilweise abgebaut wurde (ab 2021). Sie argumentierten, der ursprüngliche Zweck – die Finanzierung der Wiedervereinigung – sei nicht mehr gegeben, weshalb die Abgabe aufgehoben werden müsse.
Zudem sahen sie eine ungleiche Behandlung zwischen verschiedenen Steuerpflichtigen.
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
Der Senat des BVerfG stellte fest, dass der Solidaritätszuschlag weiterhin verfassungsgemäß ist.
Eine Ergänzungsabgabe wie der Soli setze einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraus, hier die Kosten der Wiedervereinigung. Dieser Mehrbedarf müsse vom Gesetzgeber nur grob umrissen werden und sei auch 2020/2021 nicht offensichtlich entfallen, so die Richter.
Der Gesetzgeber habe einen „Einschätzungsspielraum“ und eine Pflicht zur vollständigen Abschaffung bestehe nicht, solange der Bedarf nicht evident wegfalle. Das Gericht betonte allerdings eine „Beobachtungsobliegenheit“ des Gesetzgebers: Bei längerfristiger Erhebung müsse geprüft werden, ob der Mehrbedarf noch bestehe.
Das SolZG 1995 wurde als zulässige Einschränkung des Eigentums (Art. 14 GG) gewertet. Der teilweise Abbau ab 2021 – durch höhere Freigrenzen – zeige, dass der Gesetzgeber seiner Pflicht nachkomme, die Abgabe an aktuelle Verhältnisse anzupassen. Auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 GG) wurde verneint, da unterschiedliche Regelungen für Einkommen- und Körperschaftsteuerpflichtige sachlich gerechtfertigt seien.
Sondervotum von Richterin Wallrabenstein
Richterin Wallrabenstein stimmte dem Ergebnis zu, kritisierte jedoch die Begründung. Sie hält die strenge Bindung der Ergänzungsabgabe an einen spezifischen Mehrbedarf für verfassungsrechtlich fragwürdig. Diese schränke den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ein und führe zu Unsicherheit. Sie sieht Steuern als Mittel zur Umverteilung und warnt vor einer Übermacht des Gerichts in Finanzfragen.
Bildquellen
- BVerfG, bundesverfassungsgericht: Udo Pohlmann