Korruptionsskandal erschüttert Osnabrücker Stadtverwaltung: Fünf Mitarbeiter suspendiert

Von links: Staatsanwaltschaft Dr. Alexander Retemeyer , Oberbürgermeisterin Katharina Pötter, Stadträtin Heike Pape. Foto: Bianka Specker

Heute Nachmittag wurde die Presse kurzfristig zu einem Termin im Rathaus eingeladen. Thema sei „eine dringliche aktuelle Sachlage“, nähere Informationen könne man vorab nicht geben. So sehr die Pressevertreter auch versuchten, an Details zu gelangen – in der Stadt herrschte eisiges Schweigen unter denen, die Bescheid wußten.

Oberbürgermeisterin Katharina Pötter informierte schließlich über einen Korruptionsskandal in der Osnabrücker Stadtverwaltung. Nach monatelangen Ermittlungen hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück fünf Mitarbeiter – Beamte und Angestellte – wegen Korruptionsvorwürfen angeklagt und unmittelbar suspendiert. Sie sollen Geld und andere Vorteile angenommen haben, um Dritten unrechtmäßige Vergünstigungen zu verschaffen. Pötter betonte, dass die Stadt eine Null-Toleranz-Politik gegenüber Korruption verfolge, kündigte eine Überprüfung der internen Kontrollmechanismen an und entschuldigte sich für den entstandenen Vertrauensverlust. Die abschließende Bewertung des Falls überlasse man der Justiz; weitere Details seien bei der Staatsanwaltschaft erhältlich.

Der zuständige Staatsanwalt Dr. Alexander Retemeyer erläuterte, dass im Zuge eines Verfahrens wegen Schleuserkriminalität Hinweise auf mögliche Mißstände in der Stadtverwaltung aufgetaucht seien. Daraufhin wurden verdeckte Ermittlungen eingeleitet. Im Rahmen dieses Verfahrens erwirkten die Behörden Durchsuchungsbeschlüsse; Privatgelasse, also Spinde auf dem Amt, sowie Wohnungen der Beschuldigten wurden durchsucht.

Nach bisherigen Erkenntnissen geht es um die Verteilung und Unterbringung von Migranten in Osnabrück. Gegen Geld soll es möglich gewesen sein, nach Osnabrück zu gelangen oder bestimmte Wohnungen zugeteilt zu bekommen. Auch die Bevorzugung bestimmter Gruppen bei der Wohnungsvergabe soll durch Zahlungen beeinflußt worden sein. Ob die dafür ausgestellten Bescheinigungen überhaupt existieren, bleibt fraglich.

Staatsanwalt Retemeyer stellte klar, daß es sich hierbei nicht um den Vorwurf der Ermöglichung illegaler Einreisen oder Einbürgerungen handele. Bei den Durchsuchungen kamen auch Bargeldspürhunde zum Einsatz, die Beträge im fünfstelligen Bereich aufspürten.

Die ersten Hinweise auf Korruption in der Stadtverwaltung gab es Ende 2022. Wenige Monate nach Beginn der Ermittlungen wurden die städtischen Behörden informiert. „Der Sachverhalt muß nun weiter untersucht werden“, erklärte Dr. Retemeyer. „Die Beweismittel müssen ausgewertet werden, was sich noch lange hinziehen wird.“

Bisher steht fest: Die fünf Stadtangestellten sollen „arbeitsteilig organisiert“ vorgegangen sein und sich untereinander gekannt haben. Von organisierter Kriminalität wollte der Staatsanwalt jedoch nicht sprechen. Auch externe Beschuldigte sind involviert, doch Angaben zu deren Anzahl oder Herkunft machte er nicht.

Die heutige Pressekonferenz markiere den Beginn der offenen Ermittlungsphase, so Retemeyer. Ziel sei Transparenz; die Maßnahmen seien erst zwei Stunden zuvor abgeschlossen worden, weshalb der Termin so kurzfristig anberaumt wurde.


Oberbürgermeisterin Katharina Pötter. Foto: Bianka Specker

Die Stellungnahme der Oberbürgermeisterin Katharina Pötter

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider muss ich Sie heute über einen schwerwiegenden Vorfall innerhalb der Osnabrücker Stadtverwaltung informieren.

Im Zuge einer monatelangen verdeckten Ermittlung, durchgeführt von Staatsanwaltschaft und Polizei, sind heute fünf Mitarbeiter unserer Verwaltung mit dem Vorwurf der Korruption konfrontiert worden. Es handelt sich dabei sowohl um Beamte als auch um Angestellte aus unterschiedlichen Gehaltsgruppen.

Gegen alle fünf Personen hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück strafrechtliche Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Wir haben die betreffenden Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung von ihren Aufgaben entbunden; sie werden bis auf Weiteres nicht an ihre Arbeitsplätze zurückkehren. Die Mitarbeiter stehen seitens der Staatsanwaltschaft im Verdacht, Geld sowie weitere Vorteile angenommen zu haben, um im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit Dritten Vorteile zu verschaffen.

Ich betone ausdrücklich, dass allein die Justiz für die abschließende rechtliche Bewertung der Vorgänge zuständig ist. Eine Vorverurteilung verbietet sich.

Dennoch möchte ich ganz klar und unmissverständlich feststellen: Korruption und jegliche Form der Bestechlichkeit haben in unserer Verwaltung keinen Platz. Wir verfolgen hierbei eine absolute Null-Toleranz-Strategie.

Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, hätten die betroffenen Mitarbeiter unser Vertrauen schwerwiegend missbraucht und dem Ansehen der gesamten Stadtverwaltung erheblichen Schaden zugefügt.

Wir nehmen diesen schwerwiegenden Vorfall zum Anlass, sämtliche internen Abläufe und Kontrollmechanismen gründlich zu überprüfen und gezielt zu verbessern. Hiermit habe ich Stadträtin Heike Pape beauftragt. Unser Ziel ist es, mögliche Schwachstellen aufzudecken und Korruption bestmöglich vorzubeugen.

Ich sage aber auch ganz offen: Einen hundertprozentigen Schutz vor solchen Taten gibt es leider trotz aller Maßnahmen nicht, insbesondere, wenn sie mit hoher krimineller Energie begangen werden.

Wie jedes Unternehmen funktioniert auch eine Verwaltung nur dann erfolgreich, wenn den Mitarbeiter grundsätzlich vertraut wird. Dieses Vertrauen wurde hier jedoch anscheinend gezielt missbraucht – mit Folgen, die nicht nur juristisch, sondern auch menschlich sehr belastend sind, sowohl für die Kollegen der betroffenen Personen als auch für deren Führungskräfte.

Wer hintergangen wird, ist betroffen und enttäuscht. So geht es an diesem schwierigen Tag auch uns. So wie wir unseren Mitarbeitern vertrauen, vertrauen uns als Verwaltung die Bürger dieser Stadt. Durch das mutmaßlich kriminelle Verhalten Einzelner konnten wir diesem Vertrauen leider offenbar nicht vollumfänglich gerecht werden.

Dazu stehen wir und bitten schon jetzt um Entschuldigung. Wir werden alles Notwendige tun, um das Vertrauen in uns wiederherzustellen. Dazu gehört insbesondere Transparenz.

Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, Sie heute unmittelbar zu diesem Pressegespräch einzuladen. Wir sind überzeugt, dass die Bürger das Recht haben, über solch schwerwiegende Vorwürfe direkt und so umfassend unterrichtet zu werden, wie es möglich ist.

Bildquellen

  • PK Rathaus Sophie 13.3.25: Bianka Specker
  • OB Pötter_A: Bianka Specker