Ver.di siegt vor Gericht: Osnabrücker Lebensmittelmärkte dürfen sonntags nicht öffnen

Mit Urteil vom heutigen Tag hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Osnabrück einer Klage der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) gegen die Stadt Osnabrück stattgegeben. Gegenstand war das bisher unterlassene Einschreiten der Stadt gegen die sonntägliche Öffnung zweier Lebensmittelmärkte von 8:30 Uhr bis 11:30 Uhr.

Die Gewerkschaft hatte im September 2023 festgestellt, dass die beiden Märkte auch sonntags öffnen, und die Stadt darauf hingewiesen, dass dort das gesamte Warenangebot uneingeschränkt zum Verkauf angeboten werde. Dies verstoße nach deren Ansicht gegen das Niedersächsische Gesetz über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG).

Die Stadt Osnabrück vertrat hingegen im Oktober 2023 die Ansicht, dass die Märkte gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a NLöffVZG in Verbindung mit dem Runderlass des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 20. April 2021 sonntags für jeweils drei Stunden öffnen dürfen. Der Runderlass gehe bei Lebensmittelgeschäften mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern regelmäßig davon aus, dass diese auf den Verkauf von Waren des täglichen Kleinbedarfs ausgerichtet seien.

Die Größe ist entscheidend und das Sortiment ebenfalls

Dagegen erhob ver.di am 3. Mai 2024 Klage. Sie argumentierte, die Ausnahmevorschrift des NLöffVZG verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Sonn- und Feiertagsruhe nach Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 WRV. Zudem seien die Märkte aufgrund ihrer Größe und ihres Sortiments nicht auf den täglichen Kleinbedarf beschränkt, da sie sämtliche Waren des üblichen Ge- und Verbrauchs – auch in großen Mengen – anböten.

Das Gericht schloss sich den Argumenten der Klägerin weitgehend an. Zwar verfüge einer der Märkte über eine Verkaufsfläche von weniger als 800 Quadratmetern, doch die Regelvermutung des Runderlasses, wonach das Sortiment auf täglichen Kleinbedarf ausgerichtet sei, überzeugte die Kammer nicht.

Nach § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 3a NLöffVZG müssten für eine Ausnahme von der Sonn- und Feiertagsruhe sowohl die Größe als auch das Sortiment der Verkaufsstelle auf den täglichen Kleinbedarf ausgerichtet sein – zwei voneinander unabhängige Voraussetzungen.

Kleinbedarf und Wochenbedarf – hier sieht das Gericht den Unterschied

Der Runderlass lasse jedoch die Sortimentsausrichtung bei Geschäften bis 800 Quadratmetern unberücksichtigt. Die betroffenen Märkte seien nicht auf Waren des täglichen Kleinbedarfs beschränkt, sondern agierten wie klassische Supermärkte oder Discounter, die auch an Werktagen den über den Kleinbedarf hinausgehenden Wochenbedarf decken.

Ein solches Angebot falle nicht mehr unter die Ausnahmevorschrift. Über eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes musste das Gericht nicht entscheiden.

Müssen die Laden nun direkt am Sonntag schließen?

Nein, die Läden müssen nicht unmittelbar am Sonntag schließen.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Osnabrück (Az. 1 A 114/24) ist noch nicht rechtskräftig, da die Kammer die Berufung zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat.

Solange keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt – also bis eine Berufung eingelegt und entschieden oder die Frist zur Berufung (ein Monat nach Zustellung der Urteilsgründe) verstrichen ist –, bleibt der bisherige Zustand bestehen.

Die Märkte dürfen somit vorerst sonntags weiter öffnen.

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