YouTube Video: Pressekonferenz mit dem Vorsitzenden der CDU Deutschlands, Friedrich Merz MdB, dem Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der CSU in Bayern, Dr. Markus Söder MdL, der Bundesvorsitzenden der SPD, Saskia Esken MdB, und dem Bundesvorsitzenden der SPD, Lars Klingbeil MdB, um 15 Uhr. ©CSU-CDU Fraktion/YouTube
Sechs Wochen nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 haben sich Union (CDU/CSU) und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Am Mittwochnachmittag um 15 Uhr wurde das rund 100-seitige Dokument der Öffentlichkeit auf einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt.
Anwesend waren CDU-Chef Friedrich Merz, CSU-Vorsitzender Markus Söder, SPD-Chef Lars Klingbeil sowie SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken. Die Vorstellung des Regierungspapiers markiert einen entscheidenden Schritt auf dem Weg zu einer neuen Bundesregierung, die Anfang Mai ihre Arbeit aufnehmen könnte.
Umfrageschock für die Union
Laut aktuellen Umfragen wurde die Union bereits vor der Vertragsvorstellung von der AfD als stärkste Kraft abgelöst. Ob die Veröffentlichung des Koalitionsvertrags das Ansehen der CDU wieder stärken kann, bleibt abzuwarten.
Friedrich Merz zeigte sich bei der Vorstellung der Pläne optimistisch: „Wir haben einen starken Plan, der das Land wieder voranbringen soll. Das ist ein klares Signal an die Bürger und unsere Partner in der Union. Wir werden eine handlungsstarke Regierung bekommen.“
Kernpunkte des Koalitionsvertrags
Das Papier legt die Grundlage für die Zusammenarbeit der nächsten vier Jahre. Merz betonte, dass in den den vergangenen Wochen Vertrauen entstanden sei, das die Basis für die kommende Regierung bilde. Zu den zentralen Inhalten des Vertrags gehören:
- Wirtschaft und Energie: Ein „Investitionsbooster“ soll die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft stärken. Geplant sind eine Reduzierung der Stromsteuer, die Einführung eines Industriestrompreises sowie die Abschaffung der Gasumlage.
- Soziales: Das Bürgergeld wird durch eine neue Grundsicherung ersetzt, ergänzt durch eine „Work-and-Stay-Agentur“. Die Mütterrente wird eingeführt – ein Punkt, bei dem laut Söder „keine Abstriche gemacht“ wurden, als Zeichen des Respekts gegenüber Frauen und Generationen.
- Migration: Die Koalition setzt auf einen neuen Kurs: Migration soll besser geordnet und gesteuert werden, mit Kontrollen an den Staatsgrenzen und einer Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechts (Erwerb erst nach fünf statt drei Jahren). Rückweisungen an Grenzen und die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten stehen ebenfalls auf der Agenda. Zudem sollen kommende ukrainische Geflüchtete künftig nicht mehr am Bürgergeld teilnehmen. Eine Bezahlkarte für Asylbewerber wird bundesweit eingeführt.
- Sicherheit: IP-Adressen dürfen künftig drei Monate gespeichert und Quellen-TKÜ erlaubt werden. Der Bundessicherheitsrat wird zum Nationalen Sicherheitsrat im Bundeskanzleramt umgebaut, ein Nationaler Krisenstab und ein Lagezentrum für eine ganzheitliche politische Krisenbewältigung.
- Verteidigung: Die Ausgaben für die Bundeswehr werden erhöht, ein Planungs- und Beschleunigungsgesetz soll Prozesse beschleunigen. Ein Wehrdienst wird zunächst auf freiwilliger Basis eingeführt.
- Staatsmodernisierung: Die Bundesverwaltung soll um 8 % verkleinert, die Zahl der Bundesbeauftragten halbiert werden. Ein Digitalministerium für Bürgerdienste soll die Effizienz steigern.
- CSU-Forderungen: Markus Söder hob hervor, dass das Verbandsklagerecht eingeschränkt, das Lieferkettengesetz und die Bonpflicht abgeschafft wird. Technik soll in einem Hightech-Ministerium gebündelt werden, das der CSU zufällt – ebenso wie die Ressorts Innere Sicherheit sowie Landwirtschaft und Heimat.
Herausforderungen und Kompromisse
Merz räumte ein, dass vor drei Wochen das Grundgesetz geändert wurde, um ein Sondervermögen für die Verteidigung zu schaffen – eine Reihenfolge, die er sich anders gewünscht hätte, die jedoch die Umstände diktiert hätten. Der Krieg in der Ukraine und wirtschaftliche Turbulenzen durch Trumps Zölle bleiben Herausforderungen. „Putin sei nicht bereit, den Krieg zu beenden“, sagte Merz:
Söder betonte: „Migration soll zurück auf die Zeit vor 2015. Law and Order, Hightech und Heimat – das ist unser bayrischer Themen.“ Markus Söder räumte ein, dass nicht all seine Wünsche erfüllt wurden: „Wir hätten uns noch dieses oder jenes gewünscht, aber es passt schon, damit kann man leben.“
Interessant: Trotz der neuen „Du-Freundschaft“ zwischen Merz und Klingbeil bleibt Söder beim „Sie“.
Ressortverteilung und Ausblick
Die CSU sichert sich drei Bundesministerien (Innere Sicherheit, Hightech, Landwirtschaft und Heimat), die SPD sieben. Die Parteien legen den Vertrag nun ihren Mitgliedern zur Abstimmung vor. Klingbeil zeigte sich zuversichtlich: „Wir haben eine solide Basis geschaffen.“ Anfang Mai könnte die neue Regierung ihre Arbeit aufnehmen – weder Ampel noch GroKo, sondern ein neuer Weg für Deutschland soll es werden.