
Am Nachmittag des 31. Augusts entdeckte unsere Redaktion ein ungewohntes Objekt, was an einer Straßenlaterne am Willy Brandt Platz angebracht war. Wir dachten uns zunächst nicht viel dabei, gibt es doch viele kleine Geräte, deren Zweck nicht sofort zuzuordnen ist.
Aber dann erinnerten wir uns an die Videoüberwachung des bekannten Stadtbaurats Otte, der damit schon reichlich Schlagzeilen gemacht hatte. Es ist die Rede von der Videoüberwachung am Heger Tor Wall und eine an der Hansastraße/Bramscher Str. Die beiden Beiträge dazu befinden am Ende des Artikels.
Wie wir schon bei den letzten beiden Fällen der Überwachung anführten, ist die Anbringung einer Videokamera in Hinblick auf die Datenschutz Grundverordnung und den dazugehörigen ergänzenden Vorschriften des Niedersächsischen Datenschutzgesetzes (NDSG), welche nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Videoüberwachung zulassen, nicht unproblematisch.
Eine Videoüberwachung stellt grundsätzlich einen schweren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG dar, ihr Einsatz muss gemäß §14 NDSG im Einklang mit der Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe sein, mithin dem Schutz von Personen, Sachen, oder der Wahrnehmung des Hausrechts dienen. Eine weitere Möglichkeit zur begründeten Videoüberwachung ergibt sich aus § 32 Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG), hier begrenzt auf die Gefahrenabwehr und Verhütung von Straftaten als Bestandteil des Polizei- und Ordnungsrechts.
Überwachungsdruck und Heimlichkeit
Die Rechtsprechung (Landgericht Bonn (NJW-RR 2005, 1067 und das Landgericht Berlin GE 1991, 405) vertritt die Meinung, dass schon das Erzeugen eines sog. „Überwachungsdruckes“ z.Bsp. durch Kameraatrappen und die bloße Möglichkeit einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen beinhalte und urteilt zur Videoüberwachung mittels Kamera Attrappen oder Dummys wie folgt: Auch wenn bloße Kamera-Attrappen eingesetzt werden, sind Rechte von Personen betroffen. Denn es ist nicht erkennbar, ob tatsächlich Videoaufzeichnungen stattfinden oder nicht. Dies hat u.a. nach Auffassung des Landgerichts Bonn zur Folge, dass auch eine Attrappe bei Betroffenen der Eindruck erweckt, sie müssten ständig mit einer überwachenden Aufzeichnung rechnen.
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs kann ein empfundener „Überwachungsdruck“ Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche der Betroffenen begründen, „selbst wenn keine Aufzeichnung erfolgt oder die Kamera gar nicht erst eingeschaltet ist.“
Hinweisschilder
Damit kein Bürger befürchten muss, beobachtet zu werden, sind mit Einführung der DSGVO auch in Niedersachsen neue Bestimmungen zum Hinweis auf Videoüberwachungen eingeführt worden.
Es müssen weitergehende Informationen zur Videoüberwachung ausgehängt beziehungsweise veröffentlicht werden, siehe auch § 14 Abs. 2 NDSG.
Das Niedersächsische Datenschutzgesetz lässt keinen Zweifel daran, dass eine Videoüberwachungsmaßnahme zum frühestmöglichen Zeitpunkt erkennbar zu machen ist (vgl. §14 Abs. 2 NDSG) und in Verbindung mit Artikel 13 der DSGVO der Name und die Kontaktdaten des Verantwortlichen zu nennen sind. Die Frage der Verhältnismäßigkeit stellt sich, geht es doch um einen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger, denn eine Videoüberwachung stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen dar. Ein solcher Eingriff bedarf immer einer legitimierenden Rechtsnorm.
Die 3 Fälle
Weder in diesem Fall, noch bei den vorherigen Kamerainstallationen an der Hansastraße/Bramscher Strasse und bei der Protected Bike Lane waren Hinweisschilder zu erkennen.
Diese am 31. August 2020 entdeckte Kamera, ist inmitten des Grüns fast unsichtbar, wie auf dem Bild zu sehen ist. Nur der tägliche Stau und die Möglichkeit des genauen Betrachtung der Umgebung beim 0km/h ermöglichten die Entdeckung.
Laut Beschluss des OLG Oldenburg (Ss Bs 186/09) „[wird bei Aufnahmen] die Schwere des Eingriffs nicht dadurch in Frage gestellt, dass er für den einzelnen Verkehrsteilnehmer nur bedingt wahrnehmbar ist, vielmehr bestätigt die relative Heimlichkeit des Eingriffs dessen Schweregrad in der Verletzung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung.“
Wir haben beim Presseamt der Stadt Osnabrück nachgefragt, ob hier eine Kamera angebracht wurde oder um was es sich für ein Konstrukt handelt. Die Antwort, die wir vom Presseamt bekamen, überraschte uns.
Der Fachdienst Verkehrsplanung teile mit, dass die Kamera für verkehrsplanerische Zwecke installiert wurde.
„Es werden dort die Verkehre erfasst, so dass Erkenntnisse zu den Verkehrsmengen und zum Verkehrsverhalten erzielt werden können. Hierbei geht es um den Knotenpunkt Süster Str. / Johannistorwall / Schlosswall / Laischaftsstr..“
Kommentar
Wir haben viele Fragen zu der neuen Videoüberwachung. Eins ist nun schon gewiss: Sollte der bisherige Stadtbaurat Otte in die Verlängerung gehen und morgen für 8 Jahre vom Rat der Stadt gewählt werden, wird seine Tätigkeit für reichlich Gesprächsstoff sorgen. Ob die Osnabrücker Bürger diesen Umstand bei der Wahl zum Osnabrücker Rat auch honorieren werden, bleibt abzuwarten.
Bildquellen
- KameraSchlosswallAM: Bianka Specker