Prozessauftakt im Verfahren um erfundene Windparks

Landgericht Osnabrück

Osnabrück. Die 2. Große Strafkammer (Wirtschaftsstrafkammer) des Landgerichts Osnabrück verhandelt ab Dienstag, dem 31. August 2021, gegen insgesamt fünf Angeklagte unter anderem wegen des Vorwurfs des banden- und gewerbsmäßigen Betruges (Az. 2 KLs 1/21). Die Angeklagten sollen tatsächlich nicht existente Windparkprojekte vermarktet haben und auf diese Weise Verantwortliche von drei Energiegesellschaften zu Zahlungen in Höhe von rund 10 Millionen Euro bewegt haben.

Den fünf Angeklagten werden von der Staatsanwaltschaft unter anderem acht Fälle banden- und gewerbsmäßigen Betruges im Tatzeitraum zwischen Mitte 2015 und Februar 2021 vorgeworfen. Fünf dieser Fälle sind in einer ersten Anklage enthalten, drei weitere Fälle in einer zweiten Anklage, die die Staatsanwaltschaft zu einem späteren Zeitpunkt erhoben hat und die nunmehr ebenfalls in diesem Verfahren vor dem Landgericht verhandelt werden soll.

Vorwürfe der ersten Anklage

Nach der ersten Anklage sollen die Angeklagten die Verantwortlichen einer Energiegesellschaft (Tochter eines italienischen Konzerns) hinsichtlich der behaupteten Entwicklung eines Windparks in Zeven-Wistedt getäuscht haben. Dabei sollen sie unter anderem 17 gefälschte Flächennutzungsverträge vorgelegt haben und hierdurch Zahlungen in Höhe von 560.000,- EUR erlangt haben. Hinsichtlich weiterer Windparkprojekte in Alfstedt, Gyhum und Ostervesede („Remagen A“) sollen sie die Verantwortlichen der Gesellschaft durch Vorlage von 54 gefälschten Flächennutzungsverträgen zu Zahlungen in Höhe von 1.111.500,- EUR bewegt haben.

Daneben sollen die Angeklagten den Geschäftsführern einer weiteren Energiegesellschaft (Tochter eines schottischen Konzerns) die Entwicklung von Windparkprojekten in Alfstedt, Gyhum und Ostervesede vorgetäuscht haben, dieselben Windparkprojekte, die schon der Tochtergesellschaft des italienischen Konzerns angeboten worden waren. Weiterhin sollen sie Windparkprojekte in Klenkendorf und Zeven („Ordino“) vorgetäuscht haben. Hierdurch sollen sie die Verantwortlichen der Gesellschaft durch Vorlage von 62 gefälschten Verträgen zu Zahlungen in Höhe von insgesamt 4.289.976,- EUR veranlasst haben.

Nach der zweiten Anklage sollen die fünf Angeklagten die Tochtergesellschaft eines tschechischen Energiekonzerns für die nicht existenten Windparkprojekte Palmpohl, Soeste und Harrenstätter Heide (Gesamtprojekt Socrates) zu Zahlungen in Höhe von insgesamt 3,79 Millionen Euro veranlasst haben. In diesem Zusammenhang sollen sie insgesamt 214 gefälschte Flächennutzungverträge und gefälschte Unterstützungsschreiben (u.a. von verschiedenen Gemeinden in Emstek, Sögel und Friesoythe) verwendet haben, um die Zahlungen zu veranlassen.

Zwei der Angeklagten sollen dabei als Gesellschafter die eigene Firmengruppe primär nach außen vertreten haben und in dieser Funktion Vertragsverhandlungen mit Investoren geführt haben. Die drei weiteren Angeklagten sollen unter anderem dafür zuständig gewesen sein, die maßgeblichen Unterlagen zu fälschen.

Vorwurf des besonders schwerer Fall des Betruges

Dem jetzt 31-jährigen Hauptangeklagten wird darüber hinaus ein weiterer besonders schwerer Fall des Betruges zu Lasten einer deutschen Windenergiegesellschaft vorgeworfen (Schaden: 107.100,- Euro) sowie drei Untreuedelikte im besonders schweren Fall. Dem zweiten Gesellschafter werden ebenfalls drei weitere Untreuedelikte im besonders schweren Fall zur Last gelegt. Vier der Angeklagten sollen zudem einen weiteren Fall des banden- und gewerbsmäßigen Betruges begangen haben. Schließlich soll eine der Angeklagten den Tatbestand der Geldwäsche in einem Fall und in 24 Fällen den der Geldwäsche im besonders schweren Fall verwirklicht haben.

Das Gesetz sieht im Fall des banden- und gewerbsmäßigen Betruges eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 10 Jahren vor. Die Untreue im besonders schweren Fall ist mit einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahren belegt. Für die besonders schwere Geldwäsche ist ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe vorgesehen.

Beginn der Hauptverhandlung

Die Hauptverhandlung am 31. August 2021 beginnt um 9.00 Uhr in Saal 272 (Schwurgerichtssaal). Die Kammer hat bis Januar 2022 insgesamt 52 Verhandlungstage angesetzt. Die Termine werden in Saal 272 durchgeführt. Die nächsten Fortsetzungstermine finden am 07. September 2021 (9.00 Uhr), 09. September 2021 (9.00 Uhr) und 14. September 2021 (9.00 Uhr) statt. Zum Prozessauftakt sind lediglich die Verfahrensbeteiligten geladen.

Alle Besucher sind verpflichtet, beim Betreten des Gerichts ihre persönlichen Daten zu hinterlassen, damit sie im Fall eines Infektionsverdachts erreicht werden können. Der Datenschutz ist dabei gewährleistet. Daneben besteht die Verpflichtung, im Gerichtsgebäude eine Mund-Nasen-Schutzmaske zu tragen.

Bildquellen

  • Landgericht1: Bianka Specker