
Im Vorfeld der Großdemonstration am 18. Juni im Osnabrücker Schloßgarten sprach ich mit Peter zur Linde, einem der Organisatoren der Osnabrücker Demonstrationen, über die Beweggründe, die Ziele der Bewegung und darüber, was uns am Samstag erwarten wird.
Am 18. Juni findet Eure Großdemo „Der Nordwesten steht auf!“ im Schlossgarten statt, das Motto lautet wie bisher „Grundrechte sind nicht verhandelbar“.
Das stimmt, das ist unser Hauptanliegen! Wir möchten deutlich machen, dass die Art und Weise der Einführung sowie der Durchsetzung der Schutzmaßnahmen der letzten 2 Jahre Tabubrüche waren, die wir als Demokraten nicht hinnehmen werden. Man muss sich das einmal vorstellen, wir halten seit 2 Jahren fast unser gesamtes Leben an und investieren dreistellige Milliardensummen in die Bekämpfung eines angeblich außergewöhnlich gefährlichen Virus, ohne dass die Regierung bis heute belastbare Zahlen vorlegen kann, die die unzähligen Grundrechtseingriffe zur Bekämpfung der Krankheit Covid19 juristisch sattelfest begründen können. Immer mehr Indizien deuten darauf hin, dass die Maßnahmen kaum bis gar keinen Nutzen hatten. Das muss Konsequenzen für die Politik haben.
Wir kritisieren nicht, dass es Grundrechtseingriffe gibt. Wir kritisieren, dass das Demokratieprinzip vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet wurde. Unsere Verfassung verlangt, dass eine ständige Überprüfung etwaiger Grundrechtseingriffe stattfinden muss und Maßnahmen fortlaufend auf ihre Verhältnismäßigkeit beurteilt werden müssen. Von Sekunde Eins an. Das ist sowohl unter der Regierung Merkel, wie auch unter der Regierung Scholz bis heute nicht geschehen. Nochmal: Wir wissen Stand heute nicht, ob die ganzen Maßnahmen überhaupt einen Nutzen gebracht haben, weil es seit 26 Monaten keine Prüfung gegeben hat, ob die drastischen Maßnahmen geeignet waren. Jetzt reden erste Politiker schon wieder von neuen Grundrechtseinschränkungen für den kommenden Herbst und Winter!
Die Politik hat in den letzten 2 Jahren der Bevölkerung auf Verdacht schwerste Grundrechtseinschränkungen zugemutet. In einem regelrechten Machtrausch haben Politiker anhand teilweise dubios erhobener Daten Schulen und Hochschulen geschlossen, Alte in Heimen eingesperrt, Menschen in Quarantäne gehalten, Wohnblöcke abgeriegelt, Sperrzonen um Städte errichtet, Menschen am Reisen gehindert, nächtliche Ausgangssperren verhängt und ganze Bevölkerungsgruppen vom öffentlichen Leben ausgeschlossen. Unser ganzes Land wurde von den Füßen auf den Kopf gestellt, ohne, dass ein Politiker guten Gewissens behaupten kann, dass das verhältnismäßig gewesen ist. So etwas gab es noch nie.
Wer ohne Verhältnismäßigkeitsprüfung seit 2 Jahren wie selbstverständlich und in Gutsherrenart Grundrechte einschränkt, der verlässt demokratischen Boden. Alle Grundrechtseingriffe müssen ständig der Fragestellung unterworfen werden, ob ein legitimer Zweck verfolgt wird, sie geeignet, erforderlich und angemessen sind. Wer diese Prüfungen nicht vornimmt und trotzdem handelt, läuft Gefahr unsere Verfassung zu brechen. Doch selbst wenn fest stünde, dass die diversen Maßnahmen alle geeignet und erforderlich waren, so sind die Schäden der Corona-Politik mittlerweile unübersehbar. Wir erleben eine Explosion von psychischen Störungen wie z.B. Angstneurosen. In Kindergärten und Schulen zeigt sich eine gestörte Persönlichkeitsentwicklung unserer Kinder. Lehrer berichten von katastrophalen Leistungsabfällen im Vergleich zu „Vor Corona-Zeiten“. Wir sehen gigantische Löcher in den öffentlichen Haushalten. Die Maßnahmen sind ein Desaster.
Auf der anderen Seite erleben wir goldene Zeiten für die Pharmaindustrie, die Produkte zu horrenden Preisen verkaufen kann, die nicht hielten, was sie den Menschen vollmundig versprachen: Den Schutz vor einer Covid-Erkrankung. Und wir beobachteten das Entstehen einer „Covid-Testindustrie“, die mit relativ nutzlosen Testungen, an in der Regel symptomlosen gesunden Menschen, fragwürdige Gewinne abgeschöpft hat, die der Allgemeinheit in Rechnung gestellt wurden, ohne dabei einen erkennbaren volkswirtschaftlichen Nutzen zu bieten.
Weltweit kommt es zu Lieferengpässen und Krisenspekulationen, die erst die Produktionskosten und nun die Verbraucherpreise explodieren ließen. Die Folgen dieser unverantwortlichen Politik spüren wir mittlerweile alle. Die Inflation ist bei den Menschen angekommen. Wer glaubte, die Kosten trüge die Bundesregierung, der wird nun eines Besseren belehrt. Und die Kosten der falschen Corona-Politik tragen vor allem die sozial Schwachen.
Willkür war eines der Hauptmerkmale der alternativlosen Corona-Politik. Deswegen ist die Wahrnehmung der Grundrechte und der öffentliche Widerspruch demokratische Bürgerpflicht. Die Achtung der Grundrechte ist eine Rote Linie, die keine Regierung überschreiten darf, auch nicht in Krisenzeiten. Deswegen sind Grundrechte, die Schutzrechte der Bürger vor dem Staat sind, nicht verhandelbar.
Willy Brandt hat einst gesagt, „Wer einmal mit dem Notstand spielen sollte, um die Freiheit einzuschränken, wird meine Freunde und mich auf den Barrikaden zur Vereidigung der Demokratie finden, und dies ist ganz wörtlich gemeint.“ Willy-Brandt wäre demnach heute einer von uns gewesen…
Es sind mit dem Nachlassen der Maßnahmen auch in Osnabrück weniger Demonstranten geworden und viele Menschen genießen sicherlich nun auch die Freiheit, die sie wieder erleben dürfen. Es war ja eine wirklich surreale Zeit, die sich niemand noch im März 2020 hätte vorstellen können. Was motiviert Euch jetzt nach dieser langen Zeit immer noch zu demonstrieren?
Obwohl die Bundesrepublik auch vorher sicher nicht perfekt war – wir brauchen endlich Volksabstimmungen in unserem Land – ist sie der beste deutsche Staat, den wir je hatten.
Im Kampf gegen jede totalitär werdende Regierung ist das Grundgesetz eine Waffe in der Hand von Demokraten. Die Grundrechte sind ziemlich schwer auszuhebeln, ohne das Recht zu brechen. Es geht zwar, nur ist es eben verfassungswidrig. Genau dieser Verdacht steht nun im Raum und ihm muss nachgegangen werden. Die derzeitig geringen Teilnehmerzahlen der Demonstrationen sind bedauerlich, die Maßnahmen werden aber zurückkehren, denn die Politik will ein digitales Ausweisdokument einführen, das eine Art Passierschein ist. Und dieses Ziel ist noch nicht erreicht. Ob weiterhin Corona-Viren genutzt werden, oder ob man eine neue Sau durchs Dorf jagt, kann heute niemand sagen.
Sicher ist nur, die Politik wird nicht aufhören, bis die Menschen den digitalen Passierschein akzeptiert haben oder wir die Einführung eines solchen Dokumentes endgültig verhindern. Wir irren uns jedoch gern. Von uns aus darf der digitale Reisepass und die Impfpflichtdebatte von der Politik öffentlich beerdigt werden.
Erst wenn die Freiheit nicht mehr durch digitale Kontrollen und Grundrechtseinschränkungen bedroht wird, gehen wir nach Hause.
Bis dahin haben wir als Demokraten die Pflicht unseren Kindern ein Leben in mindestens der gleichen Freiheit zu ermöglichen, wie wir sie selbst genießen durften. Dafür sollte uns keine Anstrengung zu groß sein.
Die Zusammenarbeit macht aber auch Spaß, wenn der Anlass nicht so ernst wäre. Hier haben sich mittlerweile eine ganze Menge toller Menschen zusammengefunden, die sich für den Erhalt einer offenen freien Gesellschaft einsetzen. Osnabrück ist ein lebendiger Teil der bundes- ja weltweiten Demokratiebewegung geworden. Wir tragen ein Banner mit dem Ghandi-Zitat: „Die Zukunft hängt davon ab, was wir heute tun“, das beschreibt unsere Motivation sehr gut.
Osnabrück ist nicht gerade als Demostadt bekannt. Nun ist die Osnabrücker Grundrechtedemo am Samstag nach über 20 Umzügen auch bundesweit bekannt, wie fühlt sich das an und was macht die Demo in Osnabrück so besonders?
Es war nicht unsere Exzellenz, die unsere Demonstration im Dezember groß gemacht hat. Die Demonstrationen fanden seit dem Mai 2020 regelmäßig statt und wir waren nur wenige Dutzend auf der Straße. Es war die monströse Impfpflichtlüge, die die Menschen im Dezember 2021 bundesweit geschockt und auf die Straße getrieben hat. Unsere Organisationsform, die da war „jeder bringt mit was er hat“, funktionierte ab dem 4. Dezember in Osnabrück nicht mehr.
Jedoch war die Unterstützung von den Menschen fantastisch und wir sind ad hoc 3 Nummern größer geworden. Es sind zahlreiche tolle neue Leute zu uns gestoßen. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass sich bei uns herzliche, gute und interessante Menschen kennengelernt haben, die es wert sind, so viel Zeit in ehrenamtliche Politik zu investieren.
Als jemand der von Anfang an dabei war kann ich sagen, dass wir uns primär nicht als „Osnabrücker Demonstration“ sehen, wir sind Teil der bundesweiten außerparlamentarischen Opposition, die die Grundrechte zurück erkämpfen will und unsere Demokratie sturmfest machen möchte, damit sich das, was passiert ist nicht wiederholen kann. Wir gehen einen langen Weg, das wissen wir.
Wir spüren die Verantwortung und wir lernen. So fühlt sich das an. Das gilt auch für andere Städte, niemand von uns hat das geplant. Wir haben jedoch begriffen, dass wir nicht gegen eine Krankheit kämpfen, sondern gegen eine Agenda antreten. Das ist meinem Eindruck nach vielen Organisatoren der Proteste bewusst geworden.
Ein besonderer Moment für uns alle war die Anschuldigung der lokalen Zeitung, wir würden von Rechtsextremen unterwandert. Das war absoluter Unsinn. Wir haben gemeinsam überlegt, wie wir dies entkräften können und haben dann 70 Länderfahnen gekauft. Durch ein Fahnenmeer haben wir uns dann erfolgreich gegen die Vorwürfe wehren können. Insgesamt war das aber eine sehr unangehme Erfahrung.
Die Nationalfahnen passten aber auch super in unsere dezentralistische politische Ausrichtung. So machten wir aus dem Rechts-Framing eine Tugend. Ohne die Fahnen wären wir zwar nicht weniger Nationen, die sich in unserer Bewegung vermischen, unser Auftreten wäre aber sicherlich weniger bunt. Die Fahnen waren es dann auch, die unseren Protest bundesweit sichtbar machten und Nachahmer gefunden haben. Das hat uns natürlich gefreut.
Bemerkenswert sind natürlich auch die Profi-Fotografen, die uns begleiten. Davon haben wir gleich mehrere! Vermutlich hat Osnabrück eine der am besten dokumentierten Demonstrationen im ganzen Land. Wer gute Fotos von sich braucht, der kommt am besten zu uns! Nein, Spaß beiseite, es ist fantastisch, so viele tolle Leute auf unserer Seite zu haben.
„Der Nordwesten steht auf“ und das hier in Osnabrück ist ja mal ein mutiges Statement. Es scheint also eine Vernetzung mit anderen Orten zu geben, Bielefeld, Ibbenbüren, Münster wie weit reicht das und was ihr Euer gemeinsames Ziel? Habt ihr Kontakt in die Niederlande?
Die mäßigen Teilnehmerzahlen der Demonstrationen sind dem Ernst der Lage nicht angemessen. Die Regierung wird erneut Maßnahmen verhängen und Grundrechte einschränken. Darauf müssen wir vorbereitet sein. Eine logische Konsequenz aus den lokalen Protesten ist die Vernetzung. Die ist in der Demokratiebewegung in den letzten Monaten von nahezu allen mir bekannten Organisatoren vorangetrieben worden.
Wir sind in einer neuen Phase und das hat eine neue Qualität. Die Bewegung muss erwachsen werden, um im nächsten Schritt politischen Einfluss nehmen zu können. Die Mobilisierungskraft der Bewegung ist dabei von zentraler Bedeutung. Wir sind keine Organisation, wir sind Privatleute. Wir sehen jedoch an den gescheiterten Gegendemonstrationen gegen uns, dass ein wahrhaftiges Anliegen so etwas auch nicht braucht. Wir haben zu „Der Nordwesten steht auf“ eingeladen wie zu einem Geburtstag und am Samstag Nachmittag wissen wir, wie viele Freunde wir tatsächlich haben…
Was muss passieren, damit ihr sagt: „Wir können aufhören?“ Wann ist Euer Ziel erreicht?
Wir werden dazu eine Grundsatzrede am Samstag den 18. im Schlossgarten halten. Es ist nicht zu erwarten, dass die Proteste aufhören, die Epoche der Digitalisierung hat begonnen und der gesellschaftliche Streit darüber, wie wir unser Leben organisieren wollen hat noch gar nicht angefangen. „Corona“ ist vermutlich nur ein Vorgeschmack darauf, was uns in Zukunft erwartet.
Zum Schluß die Frage, was erwartet uns am Samstag? Es soll Aktionen, Redner geben, könnt ihr vielleicht schon verraten, was uns dort im Schloßgarten erwartet?
Die Teilnehmer erwartet von 14.00 Uhr – 15.30 Uhr ein gesellschaftliches Schlaglicht unserer Zeit. Ob man will oder nicht, wir sind eine politische Bewegung und als solche sind wir verpflichtet, die Probleme unserer Zeit beim Namen zu nennen und wir müssen die Menschen dafür gewinnen, kritischer mit der aktuellen Politik umzugehen.
Ein „weiter so“ darf es nicht mehr geben.
Unser Land ist in ernster Gefahr Freiheitsrechte für eine unabsehbar lange Zeit zu verlieren, wenn wir es nicht schaffen, politischen Druck auf die Regierenden aufzubauen. Die Parteien müssen in ihrer Vertretungsbefugnis systematisch beschränkt und vom Souverän in Abstimmungen kontrolliert werden. Das muss die zentrale Forderung unserer Bewegung werden. Mit weiterem technischen Fortschritt verlieren wir sonst endgültig die Kontrolle.
Es werden also Reden gehalten, wir haben hervorragende Redner eingeladen. Aber der Spaß wird trotzdem nicht zu kurz kommen, wie das
aussehen wird, möchten wir allerdings nicht verraten.
Ab 15.30 Uhr machen sich dann unsere Trommler warm und wir ziehen mit einem lauten bunten Demonstrationszug durch Osnabrück!
Um circa 18.00 Uhr sollten alle zurück im Schlossgarten sein, ab dann geht wirklich der Punk ab! Mit SchwrzVyce, Lapaz und JackyG kommen nicht nur attraktive Künstler in den Schlossgarten, die beiden Rapper und die RnB-Sängerin erfüllen mit ihrer Musik einen künstlerischen Standard, der Kultur und demokratischen Aktivismus ineinander übergehen lässt. Unsere gesamte Demo ist stolz, dass die Drei nach Osnabrück kommen. Wer es am Samstag versäumt in den Schlossgarten zu kommen, ist wirklich selbst schuld!
Bildquellen
- Hannes-Henkelmann_-DemokratischerWiderstand_OS: Hannes Henkelmann
Spitzen Interview, wir sind hier in Wolgast vor der schönen Insel Usedom ähnlich aufgestellt wie ihr und jeden Dienstag gehen wir für unsere gemeinsame Zukunft auf die Straße. Liebe Grüße aus dem Nordosten