Manuel Gava (SPD) kritisiert FDP-Blockade des EU-Lieferkettengesetzes scharf – mit Kommentar

Der Osnabrücker Bundestagsabgeordnete Manuel Gava ist in Berlin in mehreren Ausschüssen mit dem Thema Lieferkettengesetz und Sorgfaltspflichten beauftragt. Dass nun die FDP im Bundeskabinett den Entwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz blockiert kritisiert der SPD-Politiker scharf.

„Innerhalb der EU nimmt Deutschland als größter Mitgliedstaat eine Sonderrolle ein, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Mit dieser Rolle folgt aber auch eine besondere Verantwortung. Dass nun das EU-Lieferkettengesetz von der FDP blockiert wird, ist unverantwortlich. Es haben sich bereits so viele Mitgliedstaaten dafür ausgesprochen und mit einem deutschen Veto droht das ganze Vorhaben zu platzen“, erklärt Gava.

„Wir müssen unserer Verantwortung in der Welt gerecht werden. Dazu gehören faire Spielregeln im Welthandel, gute Arbeitsbededingungen und ökologische Standards. Es darf nicht sein, dass wir gerade unsere Handelspartner im globalen Süden ausnutzen–diese Art der Geschäftsbeziehungen führen auf Dauer dazu, dass wir Partner verlieren, die mit anderen Ländern bessere Standards haben. Nur faire Handelsbeziehungen sind nachhaltige Handelsbeziehungen“, betont Gava.

„Die Länder der Europäischen Union sind die Gewinner des Welthandels, die entlang der Wertschöpfungsketten die größten Gewinne einstreichen. Deshalb müssen wir fair mit unseren Handelspartnern umgehen. Es ist unverantwortlich, dass die FDP dieses große europäische Vorhaben torpediert! Ein wahrlich trauriges Zeugnis für Deutschlands Rolle in der EU“, so Gava.


Ein Kommentar von Bianka Specker

Überraschend stellt sich die FDP nun gegen die neue EU Richtlinie zum Lieferkettengesetz.

Ein Rückblick

Am 23. Februar 2022 legte die Europäische Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung vor. Der Entwurf der EU Richtlinie unter dem Begriff „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“  (kurz „CSDDD“) sah verschiedene Vorgaben und Pflichten bezüglich der Unternehmensführung in Bezug auf Menschenrechte, Umwelt und Klima vor.

Am 14. Dezember 2023 gelang eine vorläufige politische Einigung für die Richtlinie zwischen Vertetern des EU-Rats und dem europäischen Parlament. Der im Dezember gefundene Kompromiss sollte nun durch das EU-Parlament und den EU-Rat angenommen werden. Eigentlich eine Formalie, die für Freitag auf der Tagesordnung stand.

Deutschland enthält sich – Ampel uneins

Aufgrund der Blockade der FDP ist Arbeitsminister Heil (SPD) verstimmt, da sich Deutschland nun bei der Abstimmung enthalten muss. Heil hat maßgeblich an der CSDDD mitgewirkt.

Den FDP Politikern Christian Lindner und Marco Buschmann geht die bisherige Einigung des Trilogs aber zu weit, der Entwurf sei nicht praxistauglich und den Unternehmen nicht zumutbar. Finanzminister und Justizminister sehen in der EU Richtlinie zu hohe Belastungen und zu viel Bürokratie, sie lehnen die zivilrechtliche Haftung ab.

Der Entwurf der EU-Kommission für eine EU-weite Lieferkettenrichtlinie geht weit über das in Deutschland bestehende Gesetz zur Lieferkettensorgfaltspflicht hinaus

In Deutschland ist seit dem 1. Januar 2023 das Gesetz zur Lieferkettensorgfaltspflicht in Kraft, beschlossen wurde es in der Groko (CDU und SPD Koalition) unter Kanzlerin Merkel. Hierzulande gelten bereits verbindliche unternehmerische Sorg­falts­pflichten zum Schutz der Umwelt und Menschen­rechte in globalen Liefer­ketten. Es gibt Länder mit vergleichbaren gesetzlichen Verkehrs­siche­rungs­pflichten, bzw. dahingehenden Planungen.

Im Gegensatz zu dem bereits bestehenden deutschen Lieferkettengesetz soll es bei der EU-Richtlinie eine Kombination von behördlicher Kontrolle (inkl. Bußgelder), sowie zivilrechtlicher Haftung geben. Die EU Variante namens CSDDD ist insgesamt wesentlich umfangreicher und schärfer.

Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette

Die Unternehmen sind verpflichtet die gesamte Wertschöpfungskette, also die vorgelagerte als auch die nachgelagerte Lieferkette, im Blick haben. Lediglich Abnehmer und Verbraucher bleiben außen vor. So haften Unternehmen nicht nur für direkte Vertragspartner, sondern indirekt auch für deren Zulieferer. Dabei sind die Möglichkeiten vor allem der kleinen Unternehmen bei der Kontrolle begrenzt.

Der Klimaschutz ist ebenfalls Bestandteil beachtet, so werden große Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern verpflichtet, einen Klimaplan zu erstellen, um die Unternehmensstrategie im Einklang mit dem 1,5°C Ziel auszurichten und sich entsprechende Emissionsreduktionsziele zu setzen.

Ein europä­ischer Rechtsrahmen in Form einer EU-Richtlinie wird lediglich „nahezu“ für einheitliche Wettbewerbsbedingungen in der EU sorgen. Nahezu nur deshalb, weil es sich um eine „Richtlinie“ handelt , welche zwar nach 2 Jahren in nationales Recht umgesetzt werden müßte, jedoch sind den EU Staaten Modifikationen erlaubt. EU-Länder können die Richtlinie entschärfen.

Private Unternehmen sind auf Wachstum ausgelegt und dazu gehören diese Faktoren wie die Achtung der Menschenrechte und Klimaschutz dazu.

Gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen

Abgesehen davon muss die Frage erlaubt sein, warum es die Aufgabe von Unternehmen sein soll, arbeitspolitische Agenden in allen Ländern der Welt durchzusetzen.

Sollte das nicht vorrangig Aufgabe der Politik sein? Sicherlich ist der gewählte Weg über die Unternehmen in der Durchsetzung effektiver, die übertragenen Belastungen sollten dabei aber nicht über Gebühr strapaziert werden, da sie sich für den europäischen Wirtschaftsstandort nachteilig auswirken könnten. Daher wäre nicht nur eine europäische, sondern eine globale Lösung erstrebenswert.

In Deutschland gibt es bereits ein Gesetz zu Lieferkettensorgfaltspflicht. Wäre es nicht vorteilhaft gewesen, dieses als Vorlage für eine EU Verordnung zu nehmen, um eine einheitliche EU Regelung zu erhalten? Es würde gleiche Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen in der Europäischen Union schaffen.

Das Ziel ist löblich, jedoch muss den Unternehmen noch Raum gegeben werden, um wirtschaftlich tätig zu sein. Hier wird ein unfassbar großes Bürokratiemonster mit zusätzlichen behördlichen Kontrollen und sogar zivilrechtlicher Haftung geschaffen. Die Unternehmen würden Risiken meiden mit der möglichen Folge, dass kleine Märkte gemieden würden und sie eher auf altbewährte Lieferwege zählen. Hier könnten Chancen vertan werden.

Es bleibt abzuwarten, ob sich nach der Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung für das Vorhaben „CSDDD“ noch rechtzeitig eine Mehrheit findet, um die EU Richtlinie noch vor den Wahlen im Juni zu verabschieden. Das sich die Ampel-FDP nun bei dem Vorhaben plötzlich quer stellt, wundert angesichts der Umfrageergebnisse ihrer Partei im Superwahljahr 2024 nicht.

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