
Die jüngsten Anschläge auf Open-Air-Veranstaltungen haben die Sicherheitsauflagen von Polizei und Ordnungsbehörden verschärft und eine Debatte entfacht: Wie können Veranstalter und Behörden Events effektiv und gleichzeitig finanziell tragbar absichern?
Das Ordnungs- und Rechtsamt der Stadt Dorsten hat darauf eine Antwort entwickelt: eine Konzeption, die Sicherheit und Eigenverantwortung der Besucher verknüpft. Künftig sollen bei Veranstaltungen wie Stadtfesten, dem Rosenmontagszug oder Schützenfesten sogenannte „Gefahrenräume“ definiert und deutlich gekennzeichnet werden. Besucher können so selbst entscheiden, welches Sicherheitsniveau sie durch ihren Aufenthaltsort wählen.
„Der Staat hat die Pflicht, Gäste öffentlicher Veranstaltungen bestmöglich zu schützen. Doch die Attentate mit Fahrzeugen haben gezeigt, wie verwundbar große Menschenmengen sind und wie schwierig es ist, sie etwa entlang eines langen Umzugswegs umfassend zu sichern“, erklärt Nina Laubenthal, Erste Beigeordnete und Ordnungsdezernentin.
Sie fügt hinzu: „Die Planung des Rosenmontagszugs war ein Balanceakt zwischen maximaler Sicherheit und der Leistungsfähigkeit von Vereinen. Ohne die Unterstützung der Stadt mit knapp 80 Einsatzkräften, zahlreichen Fahrzeugen und einer verkürzten Strecke wäre der Umzug in Dorsten nicht möglich gewesen.“
Die neue Dorstener Konzeption teilt Veranstaltungsflächen in drei Kategorien von „Gefahrenräumen“ ein, die je nach Event und örtlichen Gegebenheiten mit unterschiedlichen Schutzmaßnahmen ausgestattet werden: Kategorie 3 (orange) bietet das geringste Schutzniveau, Kategorie 1 (grün) das höchste. Die Zonen werden durch das bekannte „Gefahren-Dreieck“-Verkehrszeichen gekennzeichnet. Besucher entscheiden anhand ihrer persönlichen Risikoeinschätzung, wo sie sich aufhalten.
„Gefahrenräume und Maßnahmen gibt es nicht pauschal“, betont Christoph Fortmann, Leiter des Ordnungs- und Rechtsamtes. „Sie werden individuell festgelegt – je nach Veranstaltungsart, erwarteter Besucherzahl und örtlichen Bedingungen.“ Basis ist eine Gefährdungsanalyse, die den Orientierungsrahmen des Landes einbezieht. Ein Koordinierungsgremium aus Ordnungsamt, Verkehrsabteilung, Feuerwehr und Polizei – bei Bedarf ergänzt durch weitere Experten – legt die Kategorien und Maßnahmen fest.
Sven Bartmann, Abteilungsleiter im Ordnungs- und Rechtsamt, veranschaulicht das Konzept: „Wir analysieren mit dem Veranstalter, welche Gefahren realistisch sind und wo wir sie wie abwehren können.“
Beim Rosenmontagszug könnten etwa an einzelnen Stellen Schutzmaßnahmen gegen zufahrende Autos eingerichtet werden, jedoch nicht entlang der gesamten Strecke. Bei kleineren Arealen wie Festzelten könnten Zugangskontrollen, Ordnungsdienst oder Gegenstandsprüfungen ein Höchstmaß an Schutz – auch gegen Angriffe mit Handwaffen – gewährleisten.
Bürgermeister Tobias Stockhoff unterstreicht die gesellschaftliche Relevanz: „Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist zentral für unser Zusammenleben. Wir brauchen ein vernünftiges Maß, das Bürger schützt, ohne Vereine und Ehrenamt zu überfordern, und Besucher in die Mitverantwortung einbindet.“
Er lobt das Ordnungs- und Rechtsamt: „Dass wir beim Rosenmontagszug die Maximalvariante des polizeilichen Orientierungsrahmens getestet und parallel dieses Konzept entwickelt haben, ist ein großer Erfolg. Es bietet eine gemeinsame Linie für alle Beteiligten und könnte beispielhaft für Veranstaltungen und Demonstrationen im ganzen Land werden.“