
„Die Menschenwürde darf nicht zur Diskussion gestellt werden“
In einem eindringlichen Statement betont Rainer Maria Kardinal Woelki, Erzbischof von Köln, anlässlich der bevorstehenden Wahl der Bundesverfassungsrichter am morgigen Freitag die unveräußerliche Menschenwürde als Grundrecht und fordert ein klares Bekenntnis zum Schutz des Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Lebensende.
„Die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Artikel 1 des Grundgesetzes festschreibt, muss ohne Einschränkungen für alle Menschen zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens gelten – von der Empfängnis an bis zum natürlichen Lebensende. Es geht hier nämlich um ein Menschenrecht, sogar um das Grundrecht eines jeden Menschen.
Würde dieses grundlegende Menschenrecht nicht mehr anerkannt, wäre es nur folgerichtig, dass auch die übrigen Menschenrechte außer Kraft träten.
Keine menschliche Gesellschaft, auch nicht der Staat, kann darauf verzichten, das Lebensrecht des Menschen, und zwar eines jeden Menschen, anzuerkennen und zu schützen, sei er jung oder alt, geboren oder ungeboren, behindert oder nicht behindert. Wo der Staat das Lebensrecht als Grundrecht des Menschen nicht mehr schützt, sondern es der privaten Verfügung überlässt, hat er sich selbst als Rechtsstaat aufgegeben.
Bislang war das Bundesverfassungsgericht mit seiner Rechtsprechung der Garant für den Schutz der Menschenwürde in allen Lebensphasen. Als Christ und Bischof, vor allem aber auch als Staatsbürger hoffe ich darauf, dass unser Verfassungsgericht auch in Zukunft die unantastbare und unverlierbare Würde eines jeden Menschen vom Augenblick der Empfängnis an ausnahmslos weiterhin schützen und verteidigen wird.
Insofern appelliere ich angesichts der bevorstehenden Wahl neuer Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und mit ihrer Wahl ein unmissverständliches Bekenntnis zur unverlierbaren und unter allen Umständen zu schützenden Würde jedes Menschen abzulegen.
Nirgends ist das menschliche Leben verletzlicher als an seinem Beginn und an seinem Ende. Als Kirche setzen wir uns daher besonders in diesen Phasen für den Schutz und den Erhalt des Lebens und der Würde eines jeden Menschen ein.
Jede und jeder hat als Ebenbild und Geschöpf Gottes eine unveräußerliche Würde. Aus dieser Haltung heraus engagieren wir uns beispielsweise in der palliativen Begleitung, um Menschen ein Leben und Sterben in Würde zu ermöglichen. Deswegen schaffen wir Hilfs- und Unterstützungsangebote für Familien, besonders auch für Mütter in Notsituationen.
Es erfüllt uns deshalb mit größter Sorge, wenn immer offener in Frage gestellt wird, dass die Würde eines Menschen vom Moment der Empfängnis, d.h. von der Entstehung des Lebens an, gilt.
Als Kirche wenden wir uns insofern entschieden gegen jedweden Versuch, das Lebensrecht als Grundrecht eines jeden Menschen zu relativieren oder es gar aufzugeben.“
Kommentar von Herausgeberin Bianka Specker
Ich danke Kardinal Woelki für seine klaren und mahnenden Worte, die die unveräußerliche Würde jedes Menschen als fundamentales Grundrecht unterstreichen.
Sein Appell an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, bei der Wahl neuer Verfassungsrichter ein unmissverständliches Bekenntnis zum Schutz des Lebens in allen Phasen – von der Empfängnis bis zum natürlichen Lebensende – abzulegen, verdeutlicht die zentrale Rolle des Bundesverfassungsgerichts als Garant für die Menschenwürde.
Besonders hervorzuheben ist seine Warnung, dass ein Verzicht auf den Schutz des Lebensrechts den Rechtsstaat selbst gefährden würde, sowie sein kirchliches Engagement für den Schutz der Schwächsten, etwa durch palliative Begleitung und Unterstützungsangebote für Familien.
Mit Sorge weist er zu Recht darauf hin, dass die Anerkennung der Menschenwürde vom Moment der Empfängnis an zunehmend infrage gestellt wird. Es ist ermutigend und gibt Hoffnung, wenn der Erzbischof mit klaren und deutlichen Worten zur entschlossenen Verteidigung dieses Grundrechts aufruft.