Bistum Osnabrück gibt Missbrauchsvorwurf bekannt

Osnabrücker Dom

Vorkommnisse im emsländischen Brögbern liegen rund 40 Jahre zurück

Das Bistum Osnabrück hat heutigen am Sonntag einen Missbrauchsvorwurf bekannt gegeben, der sich auf einen Vorfall vor rund 40 Jahren im emsländischen Brögbern bezieht. Der beschuldigte Pfarrer ist inzwischen verstorben.

Eine betroffene Frau hatte sich bei dem unabhängigen Beauftragten des Bistums für Opfer sexueller Gewalt gemeldet und von einem Übergriff berichtet.

Der beschuldigte Pfarrer war nach seiner Priesterweihe von 1952 bis 1955 Vikar in Melle und danach bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1995 als Priester in der St. Marien-Gemeinde in Brögbern tätig.

In einer Gemeindeversammlung im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst in Brögbern berichtete der Personalreferent des Bistums, Domkapitular Ulrich Beckwermert, am Sonntag von dem Vorwurf, verbunden mit der Bitte an eventuell weitere Betroffene, sich zu melden.

Erklärung von Personalreferent Domkapitular Ulrich Beckwermert zu Beginn der Gemeindeversammlung in der Kirche St. Marien, Brögbern, am 1. September 2019


 
 
Liebe Gemeinde,
 
ich möchte Sie heute informieren über eine Angelegenheit, die Ihren früheren Pfarrer Franz R. betrifft. Pfarrer R. war, wie viele von Ihnen sicher wissen, nahezu 40 Jahre als Priester hier in Brögbern tätig. 1995 ist er in den Ruhestand gegangen und im Jahr 2007 im Alter von 86 Jahren verstorben. Im Folgenden berichte ich Ihnen, soweit möglich, ausführlich über das, was uns bekannt geworden ist:
 
Anfang dieses Jahres erhielten wir einen Hinweis auf sexuellen Missbrauch durch Pfarrer R.. Eine Frau, die nicht hier in der Gemeinde wohnt, hatte sich an unseren unabhängigen Beauftragten für Opfer von sexueller Gewalt gewandt. Dabei berichtete sie, dass sie als Mädchen von Pfarrer R. missbraucht worden sei. Die Vorkommnisse liegen inzwischen rund 40 Jahre zurück.
 
In den vergangenen Wochen und Monaten hat es daraufhin verschiedene Gespräche mit der betroffenen Person gegeben, in denen Vertreter der Kirchengemeinde und des Bistums das weitere Vorgehen mit ihr eingehend besprochen haben. Im Mittelpunkt stand dabei der Wunsch der betroffenen Frau, den Vorwurf öffentlich zu machen. Damit sollen auch mögliche weitere Betroffene aufgerufen werden, sich zu melden. In dem Zusammenhang ist der Frau auch eine psychologische Begleitung angeboten worden, die angenommen wurde.
 
Im Rahmen der Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz, die Ende September vergangenen Jahres veröffentlicht wurde, hat das Bistum Osnabrück insgesamt 35 beschuldigte Priester angegeben.

Zu diesen Beschuldigten gehört auch Pfarrer R.. Der Grund dafür ist, dass der Pfarrer bereits im Jahr 2002 von einem Mann beschuldigt wurde, Ende der 1960-er und Anfang der 1970-er Jahre übergriffig gewesen zu sein.

Es handelte sich nach seinen Schilderungen dabei nicht um einen direkten sexuellen Missbrauch, sondern um die Anordnung von „Strafmaßnahmen“ unter den Ministranten, vor allem durch Schläge auf das Gesäß. Der Pfarrer selbst führte die Taten demnach nicht aus.

Nachdem der Betroffene diese Vorkommnisse in einem Brief vom November 2002 an unseren Generalvikar Theo Paul geschildert hatte, gab es in den folgenden Wochen und Monaten Gespräche, bei denen der Betroffene ausdrücklich darum bat, die Staatsanwaltschaft nicht einzubeziehen, zumal die Vorkommnisse zum damaligen Zeitpunkt schon über 30 Jahre zurücklagen. Er wünsche auch kein Gespräch mit dem Beschuldigten. Vereinbart wurde, dass der Betroffene sich meldet, wenn er es für nötig erachtet.

In Folge der Beschuldigungen wurde Pfarrer R. Anfang 2003, als er 83 Jahre alt war, vom Bistum ein öffentliches Zelebrationsverbot erteilt. Kurz darauf wurde er aufgrund einer demenziellen Erkrankung pflegebedürftig und lebte bis zu seinem Tod 2007 in einem Altenheim. Im Frühjahr dieses Jahres hat sich der Betroffene aufgrund der medialen Berichterstattung über die Missbrauchsfälle im Bistum wieder gemeldet und dabei mündlich und schriftlich noch einmal deutlich gemacht, dass die Angelegenheit für ihn erledigt sei.
 
Sie können sich vorstellen, wie sehr auch uns all diese Vorkommnisse bewegen. Es ist wichtig, dass sich von Missbrauch betroffene Frauen und Männer melden, auch wenn die Taten schon Jahrzehnte zurückliegen. Entscheidend ist für uns als Verantwortliche in der Kirche, dass wir den Betroffenen Gehör schenken, sie mit ihren Wünschen und Forderungen ernst nehmen und ihnen jede Hilfe und Begleitung ermöglichen, die sie brauchen.
 
Sie haben jetzt die Möglichkeit, Fragen zu stellen und mit uns ins Gespräch zu kommen.“

Ansprechpersonen für Opfer von sexueller Gewalt im Bistum Osnabrück

Die unabhängigen Ansprechpersonen für Opfer von sexueller Gewalt im Bistum Osnabrück sind erreichbar unter diesen (kostenlosen) Rufnummern und E-Mail-Adressen:

Bildquellen

  • Osnabrücker Dom: Bianka Specker