Kebschull und Griesert appellieren im Unterricht freiwillig die Alltagsmasken zu tragen- mit Kommentar

Die zweite Welle bei Corona läuft, die Infektionszahlen in Landkreis und Stadt Osnabrück steigen stetig an und in der kommenden Woche beginnt wieder der Unterricht an den Schulen.

Deshalb appellieren Landrätin Anna Kebschull und Oberbürgermeister Wolfgang Griesert an die Schüler und die Lehrkräfte, auch während des Unterrichts freiwillig die Alltagsmaske zu tragen und so die Gefahr einer Infektion mit dem Corona-Virus so weit wie irgend möglich zu senken.

Damit schließen sich die Spitzen von Landkreis und Stadt der Einschätzung des niedersächsischen Kultusministers Grant Hendrik Tonne an, der sich ebenfalls deutlich für das Tragen der Masken auch während des Unterrichts ausgesprochen hatte: „Mit Blick auf die hohen Infektionszahlen ist es leider sehr wahrscheinlich, dass mit dem Schulstart in der kommenden Woche auch Schüler sowie Lehrer mit einer noch unerkannten SARS-COV2-Infektion in die Schulen kommen und ansteckend sind“, so Kebschull und Griesert.

Eine der wirksamsten und inzwischen auch weitgehend akzeptierte Möglichkeit, sich und seine Mitmenschen zu schützen, sei das Tragen der Masken – und das gelte natürlich auch im Unterricht: „Wir sehen ja, wie verantwortungsvoll sich die jungen Menschen auch in anderen Lebensbereichen verhalten und sind deshalb überzeugt, dass die Schüler unserer dringenden Bitte nachkommen werden, falls keine gesundheitlichen Gründe dagegen sprechen. Dafür bedanken wir uns schon heute.“

Kommentar der Redaktion

Was will man den Schülern noch zumuten? Kultusminister Grant Hendrik Tonne hatte immerhin in seiner Empfehlung zwischen den Sekundarstufen differenziert, hier nun allgemein vom Erstklässler bis zum Abiturienten eine Maskenpflicht vor dem Hintergrund einer moralischen Verantwortung zu fordern, ist eine Farce.

Auch das Spiel mit der Angst „es leider sehr wahrscheinlich, dass (…) auch Schüler sowie Lehrer mit einer noch unerkannten SARS-COV2-Infektion in die Schulen kommen und ansteckend sind“, ist unerträglich. Es wird doch seit langem angenommen, dass es die Möglichkeit gibt, dass „einer mit Corona“ unter Ihnen sei, deswegen gibt es doch die Hygienemaßnahmen und die Abstandsregeln, das Kohortenprinzip und das ständige Lüften. Über den Sinn oder den Unsinn dieser Lüftungsaktion während des Unterrichts, bei der die Lehrer und Schüler mittlerweile mit Decken umwickelt in den Klassen sitzen, ganz zu Schweigen. Eine kräftiges Stoßlüften während der Pausen wäre doch eine sinnvolle Maßnahme, ohne dass unsere Schüler nun in der Eiseskälte in Decken gehüllt lernen sollen- und der kalte Winter kommt erst noch!

Menschen sind soziale Wesen

Wie mühsam sollen Schüler während des Unterrichts miteinander kommunizieren? Wie sollen mündliche Noten vergeben werden, wenn ängstliche Schüler sich noch mehr zurückziehen? Wie soll der Tag eines Schüler aussehen, der ganztägig Unterricht bis 17 Uhr haben wird? Wie soll der Sportunterricht gestaltet werden? Ist der „psychische Impact“ auf die Schüler und Lehrer erörtert worden?

„Paßt auf, jemand könnte Corona haben und ansteckend sein! Haltet Euch von allen fern und tragt Maske!“ Ist so eine Art der Empfehlung kindgerecht? Was macht es mit einem Sozialverband wie einer Klasse, mit einer Schule, die eigentlich nach Zusammenhalt und Solidarität strebt?

Muß es nicht eher heißen: Wir packen das Virus gemeinsam an! Wir waschen die Hände, niesen in den Ellbogen und bleiben, wenn wir krank sind zu Hause? Warum kommt zu den bisherigen Regeln der moralische Appell der Maskenpflicht hinzu, ohne wie es in anderen Ländern üblich ist, eine Begründung dafür zu liefern, warum das nun erforderlich geworden sein soll. Schulen waren bisher keine „Superspreaderevents“ wie Hochzeiten, Familienfeste oder „Partys“. In den Schulen werden die Regeln penibel eingehalten und es ist so für die Schüler sehr ungewohnt, sich nach den Ferien nicht in den Arm nehmen zu dürfen, nicht in den Fluren oder Pausen miteinander herumzustehen und sich zu unterhalten.

Hier wird eine Generation mit sozialer Isolation geprägt, bisher noch mit „zeitweise Einschränkungen“, aber machen wir uns nichts vor. Realistisch gesehen wird uns das Coronavirus noch eine Zeitlang begleiten. Es wird Zeit, dass auf der Basis von der tatsächlichen und nicht der möglichen, mutmaßlichen oder womöglichen Gefahr gehandelt wird. Verhältnismäßig mit gesundem Menschenverstand und ohne Angstmacherei. Kinder, Jugendliche auch Heranwachsende unterliegen im Recht einem besonderen Schutz, da sie noch zarte Seelen haben. Wir als Erwachsene sollten ein Vorbild sein und Verantwortung für uns, für andere und für die Schwächeren der Gesellschaft übernehmen, um niemanden zu gefährden und die Kinder nicht ängstigen, sondern in dieser Zeit ein verläßlicher Partner in der Krise sein.

In den Schulen wird es schon praktiziert, so selbständig sind sie doch die Lehrer und Schüler, dass sie Vereinbarungen treffen, wenn ein Lehrer oder ein Schüler eine Maske im Unterricht befürwortet. Das trifft auch auf hohe Akzeptanz, weil es eine Vereinbarung ist, ein solidarisches Miteinander und der Zeitrahmen begrenzt ist.

Forderungen an die Politik

Es gibt keine Verordnung, sondern nur einen Appell an die Moral.

Ich richte auch eine Forderung an die Politik: Seht zu, dass die Kinder sicher in den Bussen zur Schule kommen können. Eine Zeitverschiebung der Arbeitszeiten oder des Schulbeginns ist eine Bankrotterklärung der Verkehrsinfrastruktur und des Mobilitätskonzepts. Anstatt hier die Bürger zu belasten, sollte doch das Problem an der Ursache angegangen werden.

So ist es auch mit dem Coronavirus. Wie sieht es aus mit der Digitalisierung an den Schulen? Der Vergleich mit den sonst so gerne genommen Ländern des Nordens zeigt, hier ist Nachholbedarf: der Umstand, dass hier noch Tafeln in der Schule der Standard sind, sorgt bei Schülern z.B. aus den Niederländern oft für hochgezogene Augenbrauen.

Wie sieht es mit den Schultoiletten aus? Die Kindern gingen schon vor Corona landein, landaus nicht gerne auf die Toiletten, essen und trinken wenig, damit sie nicht in den Schulen auf die Toiletten gehen müssen. Ist das der Stand „eines der reichsten Ländern der Welt“?

Die Kinder scheinen dabei vergessen zu werden. Ihnen fehlt einfach die Lobby- eine unpolitische Lobby für die wahren Bedürfnisse, oder wieso konnte es soweit kommen?

Es sind die Wähler von morgen und die Kinder sind unsere Zukunft und sie sind nicht dumm und sie haben eine Stimmung und eine Meinung. Wie auch die Lehrkräfte. Sollen sie gemeinsam und ohne Angst entscheiden, wie sie weiter verfahren wollen.

Die Politik sollte aus ihrer elitären Blase mal aussteigen und statt moralischen und angstschürenden Appellen ihren Job erledigen. Hilfreich wäre es in dem Fall übrigens, kompetente Mitarbeiter zu wählen, die ihrem Fachbereich gewachsen sind. Die Stimmung in der Stadt ist sehr angespannt und wenn die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus fruchten sollten, dann mit Maß und verhältnismäßigen Mittel.

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