Landgericht Osnabrück bestätigt – Verbreitung von Abbildungen von Tätern des Nationalsozialismus kann strafbar sein

Osnabrück. Die 5. Kleine Strafkammer des Landgerichts Osnabrück hat mit Urteil vom 15. Januar 2021 in zweiter Instanz die Verurteilung eines heute 24 Jahre alten Mannes aus Bad Rothenfelde wegen der Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zu einer Geldstrafe bestätigt (Aktenzeichen 5 Ns 136/20). 

Der Sachverhalt

Nach den Feststellungen der Kammer veröffentlichte der Angeklagte im März 2020 auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil ein Foto von Rudolf Heß. Das Foto zeigte Heß, der zeitweilig in der nationalsozialistischen Diktatur als Stellvertreter Adolf Hitlers agiert hatte, in einer Uniform mit Hakenkreuz-Armbinde. Dazu zeigte der Post den Schriftzug „Rudolf Heß – Ich bereue nichts!“. Am 19. April 2020 veröffentlichte der Angeklagte nach den weiteren Feststellungen der Kammer auf seinem Facebook-Profil ein Foto von Adolf Hitler unter Hinweis auf dessen Geburtstag am 20. April. Dazu postete der Angeklagte einen Link zu einem Video. Dieses zeigte unkommentiert propagandistisches Bildmaterial aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur, hinterlegt mit Tonaufnahmen von Reden Hitlers.

Die Rechtsfolgen

Das Amtsgericht in Bad Iburg hatte den Angeklagten wegen dieser Posts am 31. August 2020 wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen zu je EUR 65,00 verurteilt. 

Die dagegen gerichtete Berufung des Angeklagten blieb nun erfolglos. Auch die 5. Kleine Strafkammer des Landgerichts wertete beide Posts als verbotene Verwendung der Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Das gelte ohne Weiteres für das Hakenkreuz, das auf dem Bild von Rudolf Heß prominent zu sehen sei, so die Kammer.

Es gelte aber ebenso für das Bild von Adolf Hitler. Denn der Angeklagte habe bewusst das Bild Hitlers als Symbol und Inbegriff für die verbotene NSDAP genutzt. Gesetzliche Ausnahmen, die eine Verbreitung entsprechender Symbole und Aufnahmen z.B. im Rahmen einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus erlauben, seien eindeutig nicht einschlägig. Vielmehr zeige der gesamte Kontext der Posts, dass der Angeklagte damit seine positive Einstellung zu der nationalsozialistischen Ideologie habe kundtun wollen. Auch das vom Amtsgericht verhängte Strafmaß von 50 Tagessätzen bestätigte das Landgericht. Lediglich die Höhe des einzelnen Tagessatzes reduzierte das Landgericht auf EUR 40,00, da das verfügbare Einkommen des Angeklagten zwischenzeitlich gesunken war. 

Nicht rechtskräftig

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dem Angeklagten und seinem Verteidiger steht die Möglichkeit offen, es mit der Revision zum Oberlandesgericht Oldenburg anzugreifen. 


Die für die Strafbarkeit des Verwendens der Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen maßgeblichen §§ 86, 86a Strafgesetzbuch lauten: 

§ 86

Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen

(1) Wer Propagandamittel

1.         einer vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Partei oder einer Partei oder Vereinigung, von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen Partei ist,

2.         einer Vereinigung, die unanfechtbar verboten ist, weil sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet, oder von der unanfechtbar festgestellt ist, daß sie Ersatzorganisation einer solchen verbotenen Vereinigung ist,

3.         einer Regierung, Vereinigung oder Einrichtung außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes, die für die Zwecke einer der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen tätig ist, oder

4.         die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,

im Inland verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder zur Verbreitung im Inland oder Ausland herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Propagandamittel im Sinne des Absatzes 1 ist nur ein solcher Inhalt (§ 11 Absatz 3), der gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist.

(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Handlung der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, der Kunst oder der Wissenschaft, der Forschung oder der Lehre, der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte oder ähnlichen Zwecken dient.

(4) Ist die Schuld gering, so kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.

§ 86a

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.           im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder

2.           einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

Bildquellen

  • Landgericht1: Bianka Specker