
Mahnwache für die Menschenwürde und einen freien Impfentscheid
Am gestrigen Abend um 18.30 Uhr hatte die 82jährige Erika Folkens anläßlich der Bundestagsdebatte über die allgemeine Impfpflicht eine Mahnwache vor dem Osnabrücker Rathaus angemeldet. Eine Mahnwache für die Menschenwürde und einen freien Impfentscheid.

Die Versammlung dauerte bis 20.00 Uhr, die Teilnehmer wurden im Vorfeld gebeten, Taschenlampen oder Kerzen mitzubringen, um ein sichtbares Zeichen der Ablehnung für eine unverantwortliche Politik zu setzen, die rücksichtslos gegen die Menschen und immer irrsinniger gegen Recht, Anstand und Vernunft handeln würde.
Zu Anfang war es noch recht leer auf dem Markplatz, doch war die Uhrzeit mit 18.30 Uhr wohl recht ambitioniert angesetzt, mussten doch erst viele Menschen von der Arbeit den Weg in die Stadt finden und es verfolgten viele die Debatte über die allgemeine Impfpflicht im Fernsehen, die um 18.30 Uhr immer noch nicht beendet war. Es fehlte noch die Rede des Gesundheitsministers Lauterbach. So füllte sich der Platz zunehmend, es sollen sich um die 300 Menschen dort versammelt haben.

Gegen die Impfpflicht
Die Teilnehmer sprechen sich klar gegen die allgemeine Impfpflicht aus. Wie zuvor auch bei den Demonstrationen an den Samstagen, waren auch hier geimpfte und nichtgeimpfte Menschen dabei. Es geht nicht gegen Impfungen an sich, sondern für eine freie Impfentscheidung bei der Covid-19 Impfung, jeder Mensch soll wählen können, ob er sich impfen lassen möchte oder nicht, oder auch wie oft und womit.
Die Argumente wurden in vielen Redebeiträgen erörtert. Auch die Art und Weise, wie die Politik das Thema „Corona“ handhabt wurde thematisiert. Mangelnde Argumente, fehlende Zahlen, nicht vorhandene Transparenz und keine fundierte Datenbasis wurden bemängelt.

Respekt, Dialog und Toleranz
Wir werden immer wieder von Bürgern gefragt, was da für Menschen für ihre Grund- und Freiheitsrechte demonstrieren. Hier in Osnabrück ist es eine bunte Mischung und das in vielerlei Hinsicht. Wie auch in der Bundestagsdebatte, in der sich die Politiker Gregror Gysi (Die Linke), Matthias Birkwald (Die Linke), Wolfgang Kubicki (FDP) und Alice Weidel (AfD) gegen eine Impflicht aussprachen, gibt es keinen erkennbaren parteipolitischen Schwerpunkt bei den Teilnehmern und auch in Gesprächen ist alles dabei- Grünen Wähler, FDP Wähler und viele enttäuschte CDU Wähler. Abgesehen davon ist die parteipolitische Richtung nicht äußerlich erkennbar.
Es ist auch eine gemischte Gruppe, was den Männer- oder Frauenanteil betrifft. Es werden Reden von Männer und Frauen gehalten und die 82jährige Erika Folkens stand nicht allein, stellvertretend für ihre Generation auf dem Platz. Es waren viele ältere Menschen auf dem Platz versammelt, ebenso junge Menschen, Paare und Familien mit Kinderwagen. Für die Kleinkinder war es wohl schon Zeit fürs Bett.
Es gibt aber noch eine andere Vielfalt in dieser Gruppe für Toleranz und Freiheit und das ist die der Religionen. Sie schreiben es sich nicht nur zahlreich auf die Schilder, sondern sie leben es scheinbar auch. Es wurde wie schon am vorherigen Samstag auf dem Schloßplatz gemeinsam gebetet. Es war ein christliches Gebet. Jeder Mensch dort, egal welcher Konfession, toleriert dies und läßt den Menschen ihre Kraft, Mut und Hoffnung durch ein Gebet finden.
Auch darüber wurde in der „Grundrechte Osnabrueck“ Telegramgruppe gesprochen. Eine Frau stellte dort die Frage, ob mit dem christlichen Gebet Andersgläubige vielleicht ausgeschlossen werden würden, was ein Teilnehmer muslimischen Glaubens und andere verneinten. Das ist doch gelebte Toleranz aus der Mitte der Bürgerschaft heraus.
Aufregung gab es in dem Zusammenhang über die Gegendemonstranten, die sich unter der Stadtbibliothek mit rund 50 Teilnehmern versammelt hatten und das Gebet der Gläubigen auf dem Marktplatz mit lauten Rufen störten. „Querdenken tötet, Impfen schützt“ und „Haut ab!“ und weitere Rufe ertönten dort an dem gestrigen Abend und störten die ansonsten friedliche verlaufende Mahnwache auf dem Markplatz. Während eines Gebets gestört zu werden, empfanden viele Menschen als unerhört.
Die Konfrontation mit den weniger toleranten Gegendemonstranten, die sonst an den Samstagen nur für einen kurzen Teil des Demozuges vorbei am Willy Brandt Platz stattfindet, war nun während der ganzen Veranstaltung gegeben.
Die Gegendemonstranten zeigten wie auch zuvor auf dem Willy Brandt Platz den freiheitsliebenden Bürgern für Grundrechte und freie Impfentscheidung die rote Karte – versehen mit dem Osnabrücker Rad und der Aufschrift „Impfen statt Schimpfen.“
Die Veranstalter auf dem Markplatz appellierten an ihre Teilnehmer sich nicht reizen zu lassen, dieses Verhalten der Gegendemonstranten solle nur unschöne Bilder für die Presse erzeugen und dazu genutzt werden, die friedlichen Veranstaltungen zu diskreditieren oder einen Grund zu bieten, sie zukünftig zu verbieten.
Nur wenn der Protest friedlich bleibe, könne weiterhin mit solchen Veranstaltungen für die Wiederherstellung und Einhaltung der Grundrechte Sorge getragen werden.

Erstmals als Redner dabei: Thomas Polewsky
Erstmal als Redner dabei war der Mitinitiator der Offenen Briefe der 52 Osnabrücker Bürger an die Oberbürgermeisterin Katharina Pötter.
Wir hatten hier und hier über die Briefe berichtet.
Thomas Polewsky legte die Beweggründe und die Inhalte der Briefe in seiner Rede noch einmal dar und bekräftigte die Forderung nach der Einrichtung eines Rundes Tisches.
Er verstand es, die Bürger auf dem Marktplatz mit seiner offenen und direkten Art einzunehmen. So startete Polewsky mit der Erklärung, dass die Grundrechte, insbesondere das in Artikel 2 GG verbriefte Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, „das Individuum vor dem Staat“ schützen und nicht „die ängstliche Gesellschaft vor angeblich unvernünftigen Ungeimpften.“.

„Mir ist klar, dass viele Leute Angst haben. Auch die da drüben“. Er ging auf die verschiedenen Ängste ein, die die Bürger derzeit bewegen: die Angst vor dem Virus, der Aufgabe der Freiheit, Verlust des Arbeitsplatzes, Kurzarbeit und auch die Angst vor dem Verlust der Existenz. Viele Praxen ständen auf dem Spiel, die mit viel Herzblut aufgebaut und geführt worden wären.
Der Applaus der Menschen jeglichen Alters auf dem Markplatz zeigte, dass Polewsky den Menschen aus dem Herzen sprach und sich ihrer Sorgen und Nöte bewusst war. Er ist, wie er sagte, schon ein paar Donnerstage alt und habe schon Demos in den 70ger und 80ger Jahren mitgemacht. Mit Blick auf die Gegendemonstration sagt er dort werde nur gebrüllt, aber „…wir haben hier die Argumente.“ Zu einem Gesprächsaustausch mit ihnen oder der Oberbürgermeisterin kam es nicht.
„Ich bedauere, dass es kein Gespräch gibt zwischen den Lagern.“, so Thomas Polewsky.
Die vollständige Rede ist hier im Video auf Youtube zu sehen:
In dem offenen Brief der Osnabrücker Bürger war die Oberbürgermeisterin sehr herzlich gebeten worden, ihre Ablehnung zu einem Runden Tisch noch einmal zu überdenken.
Die Redaktion der Osnabrücker Teilnehmer der Mahnwache zeigte, dass auch sie die Einrichtung eines runden Tisches und einen Dialog der Lager begrüßen würden.

Kommentar
Es hätte Größe gezeigt, wenn die Osnabrücker Oberbürgermeisterin, Katharina Pötter (CDU), aus dem Rathaus gekommen wäre und ein paar Worte zu den Bürgern auf dem Marktplatz gesprochen hätte.
Es ist gar nicht nötig, dass die Oberbürgermeisterin ihre politische Linie in der Coronapolitik, die Befürwortung und das Bewerben der Impfkampagne, als Coronakrisenstabsleiterin verläßt. Das wäre derzeit auch wenig glaubhaft.
Es wäre aber ein gutes Zeichen gewesen, ein Zeichen für das Verständnis der Sorgen und Ängste der Bürger auf dem Markplatz.
Als derzeitige Oberbürgermeisterin ist sie das Oberhaupt aller Osnabrücker, sowohl derer, denen sie auf der Demo auf dem Willy Brandt Platz am 8. Januar zur Seite stand, als auch derer, die Samstags für ihre Freiheitsrechte demonstrieren oder sich nun auf dem Markt zu einer Mahnwache versammelten.
Die bürgerliche Mitte im klassischen Sinne dürfte bei den Demonstranten für die Grund- und Freiheitsrechte zu finden sein.
Es kann nicht oft genug betont werden: Es sind viele Geimpfte dabei. Es geht ihnen um den Erhalt der Grundrechte. Eine Impfpflicht würde das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzen, die Frage ist, ob diese Verletzung zu rechtfertigen ist. Die Bundestagsdebatte bot dafür keine Argumente. Moralische Appelle und düstere Zukunftsvisionen ersetzen keine wissenschaftlich basierten Sachargumente unabhängiger Experten.
Die Oberbürgermeisterin wäre in der Position und in der Lage eine Brücke zwischen den Lagern zu bauen. Sie hätte die CDU Wähler, die zahlreich auf dem Markplatz standen, wieder etwas einfangen und für sich gewinnen können.
Viele Bürger waren Frau Pötter der Leiterin des Coronastabs dankbar, als sie mit einer mutigen Entscheidung die Osnabrücker Kinder aus Südtirol zurückholen ließ.

Der Termin der Mahnwache war der Oberbürgermeisterin bekannt. Es wäre ein Leichtes gewesen, eine kleine Rede vorzubereiten. Stattdessen brannte im Rathaus zwar noch Licht, aber es kam niemand heraus, vor der Rathaustür auf der Treppe waren zahlreiche Polizisten postiert.
Das dadurch entstehende Bild der politischen Wertschätzung der Meinung der Osnabrücker Bürger war deutlich. Bürgernähe und gemeinsames Bewältigen dieser historischen Krise mit allen Bürgern der Stadt sieht indes anders aus.
Es stellt sich auch die Frage nach der Rolle des Osnabrücker Rates?
OSNABRÜCK. BESSER. MACHEN. „Das möchte ich als Oberbürgermeisterin – gemeinsam mit Ihnen.“ Katharina Pötter
Quelle: https://www.katharina-poetter.de
Bildquellen
- Mahnwache_Titelbild: Bianka Specker
- Mahnwache_Erika_F.: Bianka Specker
- Mahnwache_Zusammenhalt: Bianka Specker
- Mahnwache_Rathausplatz: Bianka Specker
- Gegendemo: Bianka Specker
- Mahnwache_TP: Bianka Specker
- Mahnwache_Platz: Bianka Specker
- IMG_3460-1: Bianka Specker