Historische Schönheiten

Ein Kinderwagen der Marke Silver Cross aus den 70gern. Er wurde von einer Dame auf der Düsseldorfer Kö gekauft und von Jantje Specker liebevoll restauriert.

Unser erstes Jahr

Unser heutiger Erinnerungsartikel erinnert an die Ausstellung im Heimatmuseum Rhede / Ems in diesem Jahr. Es war ein besonderes Event, was viele Besucher aus den benachbarten Niederlanden anzog und – dank der Zusammenarbeit vieler Rheder – ein Erfolg wurde.


Kinderwagen aus vergangenen Tagen werden im Landwirtschaftsmuseum Rhede/Ems, von 07. April bis zum 27. Oktober 2019 in einer Sonderausstellung zu sehen ein. Zur Verfügung gestellt wird die Sammlung von der Rhederin Jantje Specker.

Kinderwagen

Ein Kinderwagen ist in erster Linie ein Transportmittel, mit dem Säuglinge und Kleinkinder im Liegen oder Sitzen befördert werden.

Im Mittelalter wurden in Europa Tücher, Körbe und Holzsäcke für die Mitnahme von Kindern genutzt, ab dem 12. Jahrhundert wurden erstmal Schubkarren für den Transport von Kleinkindern eingesetzt.

Die Karren vor 1800 n. Chr. waren allerdings ungefedert, hart und ohne Polsterung, die Kinder mussten dabei sitzen und wurden gezogen, es wurden teils dazu auch Tiere eingesetzt, Hunde oder Ziegen und Schafe.

Die Straßen waren auch noch nicht so eben wie heute, so dass es eher unpraktikabel für Kind und Eltern war, es ging ungefedert über Stock und Stein. Mit der Verbesserung der Straßen kamen Menschen auf die Idee, den Stubenwagen, einen mit Rädern versehenes Kinderkörbchen, der innerhalb der Wohnung benutzt wurde, straßentauglich zu machen.

William Wilson erfand den Kinderwagen

Die Geschichte des Kinderwagen, wie wir ihn kennen, beginnt 1877 im viktorianischen England, genauer in Leeds, als William Wilson den ersten Kinderwagen der Welt erfand. Wilson entwickelte ein innovatives Federsystem – die mittlerweile berühmte hüpfende Silver Cross Aufhängung – und kombinierte dies mit einer zusammenklappbaren Kapuze zu dem ersten modernen Kinderwagen.

Silver Cross Kinderwagen aus dem Jahre 1975

Aufgrund der zunehmenden Industrialisierung gab es nun nicht nur bessere Straßen, sondern auch Zeit, mit den Kindern tägliche Spaziergänge zu machen, was zu Beginn des 19. Jahrhunderts zuerst in England zu einem üblichen Straßenbild wurde.

Nicht unwichtig war hier der Umstand, das mit der Erfindung der Federung das Fahren sowohl für das Baby als auch für die Person, die den Kinderwagen schiebt, angenehmer wurde.

Silver Cross erwarb schnell einen Ruf für hochwertige Handwerkskunst und Design und entwickelte sich zu einem der größten Exporteure der Branche weltweit. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Unternehmen bekannt für die Herstellung der exklusivsten Kinderwagen der Welt – bekannt als „Rolls-Royce der Kinderwagen“. Silver Cross ist Hoflieferant des britischen Königshauses, neben der Queen nutzten auch Lady Diana und jetzt Catherine, Duchess of Cambridge für ihre Kinder George, Charlotte und Louis diesen Premiumkinderwagen.

Silver Cross ist nicht nur die Kinderwagenmarke der englischen Royals, sondern auch die der aktuellen Stars, sogar aus Übersee: Kim Kardashians und Kanye Wests Tochter Chicago liegt in einem königlichen Silver Cross Kinderwagen. Kris Jenner schenkte den glücklichen Eltern gleich mehrere dieser Modelle.

Kinderwagen im Wandel der Zeit

Der Kinderwagen wurden dem Wandel der Zeit angepasst, es wurden neue Designs eingeführt und verschiedene Funktionen hinzugefügt, um den sich ändernden Anforderungen moderner Familien gerecht zu werden.

In Deutschland gründete Mitte des 19. Jahrhunderts der Stellmacher Ernst Albert Naether in Zeitz eine Firma zur Herstellung von Kinderwagen, die zu DDR-Zeiten in den volkseigenen Betrieb ZEKIWA umgewandelt wurde. Größte deutscher Hersteller von Kinderwagen in der Zeit vor 1945 war die Brandenburger Firma „Brennabor“. Sie ging 1871 aus einem Korbmachergeschäft hervor und wurde dann in das Zeitzer Kinderwagenkombinat eingegliedert. 

Rechts im Bild mit Klappverdeck und großen Speichenrädern: Ein Kinderwagen der Marke Brennabor um 1900

Die Entwicklung der Kinderwagen wurde im 20. Jahrhundert stark vom Automobilbau beeinflusst. Seit den 1920er Jahren war das Gestell meist aus Stahl und die Räder waren deutlich kleiner als früher. Die „Goldenen Zwanziger“ spiegeln sich in der Art der Kinderwagen wieder.

Die Kinderwagen der 1950er Jahre gab es plötzlich mit Zierleisten und geschwungenen Kotflügeln und es wurde viel Chrom und Farben bei den Stoffen eingesetzt.

Kinderwagen aus dem Jahr 1955. Am Fußende ist eine Tasche befestigt, indem man die Babyflasche, Windeln und sonstigen Utensilien unterbringen konnte.

Die großen schweren „Prams“ (Abkürzung für perambulator), die in der viktorianischen Ära populär geworden waren, wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch leichtere Modelle ersetzt. Trotz verfeinerter Techniken und Herstellungsverfahren ist die Methode des Kinderwagenbaus heute noch sehr ähnlich dem frühen Kinderwagenbau, wobei Karosserieteile aus Aluminium gepresst, genietet und anschließend hochglanzlackiert werden. Traditionelle Kinderwagenräder haben einen großen Durchmesser, um die Laufruhe weiter zu erhöhen. Silver Cross ist der einzige Kinderwagenhersteller, der in Großbritannien noch Kinderwagen herstellt, die Modelle Marie-Chantal oder Aston Martin sind die Modelle, die neben den Klassikern Balmoral und Kensington derzeit gefragt sind. Diese Luxus Kinderwagen sind absolute Liebhaberstücke, die in präziser Maßarbeit gefertigt werden.

Tradition und liebevolle Nostalgie

Alte Kinderwagen sind ein absoluter Blickfang und spiegeln Tradition und liebevolle Nostalgie wider. Es ist faszinierend, wie vor über 100 Jahren jeder Kinderwagen per Hand justiert und verziert wurde. Ohne unsere heutigen Maschinen, von geschulten Händen und mit viel Fleiß. Ein solches Liebhaberstück selbst zu besitzen, ist ein ganz besonderes Gefühl. Diese Wertschätzung treibt auch Jantje Specker um und so wurde ein Phönix auf dem Antikmarkt in Leer zum Anfang der Kinderwagensammlung, die Jantje Specker nunmehr seit 30 Jahren dazu bewegt Kinderwagen zu sammeln und liebevoll in Kleinarbeit mit Unterstützung ihres Mannes Hermann zu restaurieren. „Das ist Kulturgut und sollte erhalten werden“, so Frau Specker.

Der Anfang der Sammlung bildet der Phönix im Originalzustand, der auf der Ausstellung zu sehen ist

Der Phönix ist in der Ausstellung zu sehen und im Orignalzustand, er wurde nicht restauriert. „Original sind die Kinderwagen nicht mehr, die restauriert wurden, es wurde ja etwas verändert“, so Frau Specker. Aber sie und ihr Mann Hermann geben sich alle Mühe und investieren viel Zeit, Arbeit und viel Liebe zum Detail um ihre Schätze in den Zustand zu versetzen „wie das Original“. So werden Stoffe und Schrauben aus England ins Haus geliefert, Lederriemchen für die Aufhängung nach Maß angefertigt und aus Papenburg besorgt und wenn Hermann Specker bei den Metallarbeiten auf Herausforderungen stößt, geht es kurz zu „Gerd“, der örtlichen Bauschlosserei von Inhaber Gerhard Stubbe in der Emsstraße in Rhede.

Das ist das Besondere an dieser Gemeinde, hier packt jeder mit an und Gemeinschaft wird großgeschrieben. So unterstützt nicht nur der Bürgermeister Gerd Conens tatkräftig das Projekt, sondern auch der Heimatverein Rhede. So ist es möglich, besondere Projekte zu verwirklichen und den Ort nicht nur für die Bewohner und Besucher attraktiv zu machen, sondern auch lebens- und liebenswert.

Dieter Meyer bringt die besondere Gemeinschaft im Ort auf den Punkt: „Hier packt jeder mit an.“

Tatkräftige Unterstützer: Der 1. Vorsitzende Dieter Meyer und Theo Grote; Theo Kroll und Heinz Kamphus fehlen auf dem Bild.

Besonders an Rhede/Ems ist auch die Verbundenheit zu den Niederlanden, so dass im Landwirtschaftsmuseum die Erläuterungen zu den Darstellungen auch in niederländischer Sprache zu finden sind.

Im Landwirtschaftmuseum wird die Zeitreise abgerundet, hier wird die Technik und der Ackerbau -Dreschen, Pflügen, Eggen- gezeigt, der Torfabbau sehr anschaulich von den Männern des Heimatvereins erklärt, was besonders auch für Schulklassen interessant sein dürfte.

Eine Führung durch die Sonderausstellung bietet die Niederländerin Jantje Specker ebenfalls in ihrer Muttersprache an. Die Sonderausstellung „Historische Schönheiten“ ist in der Zeit vom 07. April bis zum 27. Oktober zu sehen.

Neben Kinderwagen hat sie antike Kleidchen und aussergewöhnliche und wertvolle Puppen und für die Besucher zur Verfügung gestellt. Sie hat auch eine kleine knifflige Aufgabe für die Besucher parat: Wer kann heute noch ein Kind mit Stoffwindeln und dann in Lurden wickeln?

Wer kann es?

Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen

Zum Glück ist es nicht notwendig diese Aufgabe zu meistern, um sich anschließend bei Angelika Grote im Museumscafé verwöhnen zu lassen- Hier gibt es leckeren Kaffee und die besten Kuchen und Torten- mit viel Liebe selbstgemacht!

Das sieht nicht nur gut aus, das schmeckt auch wunderbar- Angelika Grote mit einer ihrer selbstgemachten Torten

Auch Gruppen können im Café des Museums von ihr bewirtet werden.

Detaillierte Informationen und Buchungsmöglichkeiten unter:

Touristikagentur im Landwirtschaftsmuseum

Emsstraße 15
26899 Rhede (Ems)

Tel.: 04964 / 1800
Fax: 04964 / 959110

Mail: Museum@Rhede-ems.de

Öffnungszeiten:

01. April bis 31. Oktober: Dienstags bis Sonntags
von 14.00 Uhr bis 17.00
Uhr und
nach telefonischer Vereinbarung 
01. November bis 31. März: Winterpause 

Gruppenanmeldungen sind ganzjährig auch außerhalb dieser Zeiten möglich!

Eintrittspreise:

Erwachsene 2,00 Euro 
Kinder (ab 5 Jahre) 1,00 Euro 
Besuchergruppen (ab 15 Personen) 
Erwachsene 1,00 Euro 
Kinder (ab 5 Jahre) 0,50 Euro 

Webseite:

Landwirtschaftsmuseum Rhede

Die Sonderausstellung „Historische Schönheiten“ ist in der Zeit vom 07. April bis zum 27. Oktober zu sehen.

Bildquellen

  • Silver Cross mit Herz um 1970: Bianka Specker
  • Silver Cross 1975: Bianka Specker
  • Kinderwagen gelb: Bianka Specker
  • Heimatverein Rhede: Bianka Specker
  • Puppe zum Wickeln: Bianka Specker
  • GddeckteTafel: Bianka Specker